| # taz.de -- Fortpflanzung bei Beuteltieren: Selbstmord durch Spermakonkurrenz | |
| > 14 Stunden Sex mit verschiedenen Partnerinnen sind zu viel. Männchen | |
| > verschiedener Säugetiergattungen überleben die Paarungszeit nicht. | |
| Bild: Männliche Pinselschwanz-Beutler sterben oft nach dem Sex | |
| BERLIN taz | Die Paarungszeit endet für männliche Pinselschwanz-Beutler | |
| tödlich. Dieses Schicksal teilen sie mit vier anderen Säugergattungen, die | |
| alle zu den Beuteltieren gehören. Australische Biologen haben versucht, die | |
| evolutionären Ursachen des selbstmörderischen Reproduktionsverhaltens zu | |
| erklären. | |
| Bei insektenfressenden Beuteltieren sterben sämtliche Männchen nach einem | |
| Fortpflanzungszyklus, berichten die Wissenschaftler in den [1][Proceedings | |
| of the National Academy of Sciences (PNAS)]. Todesursache ist die Folge | |
| einer zu hohen Hormon-Konzentration: Die Tiere schütten zur | |
| Fortpflanzungszeit große Mengen Testosteron aus. Der Sexual-Botenstoff | |
| provoziert eine massive Ausschüttung von Stresshormonen, das Immunsystem | |
| kollabiert – das Tier verendet. | |
| Während eines Paarungexzesses von 12 bis 14 Stunden mit möglichst vielen | |
| Weibchen verbrauchen die Tiere sämtliche Energie. „Sie bringen sich um, | |
| indem sie sich auf derart intensive Weise paaren“, sagt [2][Autorin Diana | |
| Fisher] von der University of Queensland. „Das ist eine Folge sexueller | |
| Selektion.“ Fisher erklärt das Phänomen damit, dass die Weibchen nur wenige | |
| Tage im Jahr paarungsbereit sind – und alle gleichzeitig. | |
| Den Wettbewerb um die Weitergabe der eigenen Gene kann ein Männchen demnach | |
| nur gewinnen, wenn es in dieser Zeit so viele Weibchen befruchtet wie | |
| möglich. Verschärft wird der Wettbewerb noch dadurch, dass sich auch die | |
| Weibchen mit mehreren Partnern paaren. | |
| Die Wissenschaftler haben das unterschiedliche Nahrungsangebot für | |
| insektenfressende Beuteltiere in Südamerika, Australien und Papua-Neuguinea | |
| untersucht und es als einen Grund für die merkwürdige Vermehrungspraxis | |
| ausgemacht. | |
| ## Synchronisation des Eisprungs | |
| Die Zeit der besten Ernährungssituation wird von den Weibchen für die | |
| Aufzucht ihrer Nachkommen genutzt. Je voraussagbarer das beste | |
| Versorgungsangebot im Jahr ist, desto kürzer ist die Paarungssaison, da die | |
| Weibchen ihren Eisprung synchronisieren. Je kürzer der Zeitraum, desto | |
| größer die Konkurrenz zwischen den Männchen. Die Belastung der Männchen | |
| wächst weiter, ein Überleben nach der Paarung wird immer | |
| unwahrscheinlicher. | |
| Es bleibt für die Männchen bei einer „einmaligen Nachkommenschaft“. Sie | |
| sterben, bevor ihr Nachwuchs geboren wird. Diese „Überlebensstrategie“ | |
| wurde oft als „altruistisches ('selbstloses') Verhalten“ gedeutet. Eine | |
| weitere Interpretation: „Sippenselektion“ zwecks Schonung von | |
| Nahrungsressourcen für den Nachwuchs. | |
| Fisher sagt, „weder Altruismus noch Sippenselektion sind die wahren Gründe | |
| der selbstmörderischen Fortpflanzung“. Vielmehr sei die sexuelle Selektion, | |
| also die Auswahl der Kopulationspartner durch die Weibchen, die Ursache. | |
| Die daraus resultierende Konkurrenz der Spermien hat eine Evolution | |
| tödlicher Reproduktion in Gang gesetzt. | |
| 10 Oct 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.pnas.org/content/early/2013/10/02/1310691110.abstract?sid=ac7002… | |
| [2] http://www.biology.uq.edu.au/staff/diana-fisher | |
| ## AUTOREN | |
| Patrick Loewenstein | |
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