# taz.de -- Schwarzer Tierschutzplan wird grün: Agrarminister lässt die Sau r… | |
> Mit zehn Monaten Verspätung setzt das Land Niedersachsen eine | |
> EU-Verordnung zur Haltung von Mutterschweinen um. | |
Bild: Sind nicht gern alleine: Dicht an dicht saugen Ferkel an den Zitzen einer… | |
HANNOVER taz | Eingepfercht in 53 mal 180 Zentimeter große Boxen, so wurden | |
Säue in konventionellen Großbetrieben gehalten – bisher. Damit sollte laut | |
einer EU-Vorgabe seit Jahresanfang längst Schluss sein. Sauen müssen | |
demnach mindestens die Hälfte ihres Lebens in Gruppen statt in | |
Einzelkäfigen gehalten werden. In Niedersachsen ist die Vorgabe inzwischen | |
umgesetzt – gut zehn Monate zu spät, wie Agrarminister Christian Meyer | |
(Grüne) am Mittwoch in Hannover verkündete. | |
Danach sah es im Frühjahr noch nicht aus: Während die Niederlande, Dänemark | |
oder Großbritannien die Sauen-Verordnung zum Jahresanfang umgesetzt hatten, | |
war Deutschland in Verzug. Die EU drohte der Bundesregierung im Februar | |
sogar mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Und Niedersachsen, wo es in | |
Meyers Worten mit acht Millionen Tieren „mehr Schweine als Einwohner gibt“, | |
zählte zum letzten Drittel der Bundesländer. | |
3.000 Betriebe haben die Veterinärbehörden der Landkreise seither auf | |
Anweisung des Ministers vor Ort kontrolliert. Gegen 60 wurden Geldbußen | |
verhängt, vier ganz geschlossen. Insgesamt aber wird die EU-Richtlinie | |
mittlerweile umgesetzt, sagt Meyer. 2,25 Quadratmeter Platz gibt es in den | |
Gruppenställen nun pro Sau. Dort werden die Muttertiere ab der vierten | |
Wochen nach dem Decken bis eine Woche vor dem Abferkeln gehalten. | |
Meyer nennt das ein „echtes Plus für den Tierschutz“ – das aber nur ein | |
erster Schritt sein könne: Während der Säugezeit etwa werden die Sauen nach | |
wie vor in so genannte Schutzkörbe gepfercht. Darin sind sie meist liegend | |
fixiert, damit sie ihre Ferkel nicht erdrücken. „Das ist natürlich nicht | |
tiergerecht“, sagt Meyer. „Das ist anzugehen.“ | |
So sieht es auch der niedersächsische Tierschutzplan vor, den noch | |
Amtsvorgänger Gert Lindemann (CDU) aufgestellt hatte. Wie Säue und Ferkel | |
artgerecht ohne Fixierungen gehalten werden können, ohne dass es zu | |
Verletzungen kommt, soll demnach zunächst in Pilotprojekten erprobt und ab | |
2017 flächendeckend umgesetzt werden. | |
An diesem Zeitplan will Meyer festhalten, so wie an den anderen Maßnahmen | |
in Lindemanns 38-Punkte-Tierschutzplan. Zu Oppositionszeiten hatte der | |
Grüne den Plan noch als „Sammelsurium von wortreichen Ankündigungen“ | |
bezeichnet. „Wir bleiben im Tempo der Vorgängerregierung“, sagt er jetzt, | |
„das ist ambitioniert genug.“ | |
Durchsetzen wolle er die geplanten Tierschutz-Maßnahmen „im Konsens mit | |
allen Beteiligten“, so Meyer. Auch die „Branche“ müsse sich darauf | |
einstellen können. Und von dort ist der Gegenwind groß: „Beschleunigtes | |
Höfesterben“ prophezeien etwa die Agrarlobbyisten vom Landvolk, dem | |
niedersächsischen Bauernverband, sollten die EU-Vorgaben in Sachen Sauen in | |
Niedersachsen noch weiter verschärft werden. | |
Dem Agrarministerium zufolge ist die Zahl der Betriebe mit Sauenhaltung | |
seit Jahresanfang um elf Prozent auf rund 2.700 landesweit gesunken. | |
Zugleich stieg die Zahl der Sauen von um 10.000 auf 535.000 – aufgegeben | |
haben also vor allem kleine Betriebe. Ob das tatsächlich an der Umrüstung | |
von Einzel- auf Gruppenboxen liegt, die Investitionen von 350 Euro pro | |
Platz bedeutet, ist aus Sicht von Minister Meyer allerdings nicht geklärt. | |
17 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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