# taz.de -- Parlament für Uranabbau: Strahlendes Grönland | |
> Das grönländische Parlament hat das seit mehr als zwei Jahrzehnten | |
> geltende Uranabbauverbot gekippt. Die Bevölkerung bleibt gespalten. | |
Bild: Eis, Gestein und Uran satt: Ilulissat auf Grönland. | |
STOCKHOLM taz | Eine Stimme Mehrheit. Die Entscheidung im grönländischen | |
Parlament hätte nicht knapper ausfallen können. Am Donnerstagabend kippte | |
das „Inatsisartut“ ein seit 25 Jahren bestehendes Verbot des Uranabbaus. | |
Damit ist der Weg frei für die Etablierung von Urangruben und anderen | |
Bergbauprojekten, bei denen Uran als Nebenprodukt anfällt. Am gleichen Tag | |
gab die grönländische Bergbaubehörde außerdem grünes Licht für eine riesi… | |
Eisenerzgrube, das bislang größte Wirtschaftsprojekt des Landes. | |
Grönland ist reich an Bodenschätzen. Und die werden angesichts der | |
schmelzenden Eisdecke zunehmend leichter zugänglich. Diese Bodenschätze | |
gelten als Voraussetzung dafür, dass die Arktisinsel sich endgültig von | |
Dänemark abnabeln und ein selbständiger Staat werden kann. | |
Doch in welchem Tempo und Umfang und unter welchen Bedingungen man mit | |
diesem potenziellen Reichtum umgehen soll, darüber sind nicht nur die | |
PolitikerInnen tief gespalten, sondern auch die Bevölkerung. | |
## „Naamik!“ | |
Was sich auch am Vorabend des Parlamentsbeschlusses erwies, als rund 400 | |
DemonstrantInnen – seit Jahrzehnten die größte Demonstration in der 16.000 | |
Einwohner-Hauptstadt Nuuk – ihr „Naamik!“ (Nein!) zu den Uranplänen | |
bekundeten. Und sich als Reaktion kurze Zeit später fast ebensoviele | |
Ja-DemonstrantInnen zu einem Fackelzug versammelten. | |
Die Nein-Seite wirft der Regierung und der Parlamentsmehrheit | |
undemokratisches Verhalten vor. Sie habe kein Mandat, eine für das Land | |
derart schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Das Thema Uranabbau sei bei | |
weitem nicht ausdiskutiert und es hätte eine Voksabstimmung abgehalten | |
werden müssen. | |
Während die BefürworterInnen die Gegenseite beschuldigen, sie versuche mit | |
einer Angstpropaganda die Zukunft des Landes zu sabotieren. Die Grubenlobby | |
setzt sich seit Jahren für eine Aufhebung des Uranverbots ein: Da Uran fast | |
bei jedem Erzabbau auf Grönland als Nebenprodukt anfalle – so auch bei den | |
besonders interessanten Vorkommen an Seltenen Erden im Süden der Insel –, | |
stoppe ein solches Verbot die meisten Grubenprojekte. | |
## Chinesische Billigarbeitskräfte im Einsatz | |
Sie sei besorgt wegen der Spaltung im Land, erklärte die | |
sozialdemokratische Regierungschefin Aleqa Hammond, die bei ihrem | |
Regierungsantritt im Frühjahr wegen der damit verbundenen Risiken alle | |
neuen Offshore-Ölbohraktiviäten erst einmal gestoppt hatte. | |
Das Grubenrisiko halte man für beherrschbar und man habe den jetzigen | |
Beschluss gefasst, um das wirtschaftliche Potenzial des Landes stärken und | |
damit etwas gegen eine andere gesellschaftliche Spaltung tun zu können: Die | |
zwischen arm und reich. | |
Grönland könne sich auch ohne Uranabbau wirtschaftlich entwickeln, meint | |
dagegen Gitte Seeberg, Generalsekretärin der dänischen Sektion des WWF. Und | |
sie verweist auf die nun gleichzeitig genehmigte große Eisenerzgrube 150 | |
Kilometer nordöstlich von Nuuk. Doch natürlich werfe dieses „Isua"-Projekt, | |
bei dem jährlich 15 Millionen Tonnen abgebaut werden sollen, ebenfalls | |
große Umweltprobleme auf. | |
Kritisiert wird auch die Absicht des britischen Grubenunternehmens hier aus | |
Kostengründen Tausende chinesische Billigarbeitskräfte zu beschäftigen. Und | |
angesichts von Konzessionsabgaben von gerade mal einem Prozent für die | |
ersten fünf und drei Prozent für die folgenden Jahre wird Nuuk von Gegnern | |
des Projekts vorgeworfen, die Reichtümer des Landes regelrecht zu | |
verschleudern. | |
25 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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