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# taz.de -- Grundwasserverseuchung: Bundeswehr will Farge nicht mehr
> Inoffiziell plant die Bundeswehr bereits, das Tanklager Farge
> stillzulegen. Die Anwohner fühlen sich vom Bremer Umweltsenator im Stich
> gelassen.
Bild: Sieht idyllischer aus, als es ist: Bürger und Grüne fordern die Stillle…
BREMEN taz | Will die Bundeswehr die Umweltprobleme auf den 320 Hektar
Fläche des Nazi-Tanklagers in Farge durch einen Verkauf an private
Öl-Konzerne loswerden? Diese Vorstellung schreckt die Anwohner, die das
Grundwasser aus ihren Gartenpumpen wegen giftiger Substanzen nicht zum
Gießen verwenden dürfen. Was den Anwohnern bisher noch nicht gesagt wurde:
Die Bundeswehr plant inoffiziell bereits, das Lager stillzulegen.
Hoch her ging es Anfang der Woche auf einer öffentlichen Sitzung des
Bauausschusses des Beirates Blumenthal, als Umweltsenator Joachim Lohse
(Grüne) zum Thema Tanklager Farge Rede und Antwort stehen sollte. Die
Bürgerinitiative der Tanklager-Anwohner fordert – inzwischen unterstützt
vom örtlichen Beirat –, dass das riesige Tanklager, das in der Nazizeit
nach dem damaligen Stand der Technik gebaut wurde, nicht wieder in Betrieb
genommen und schon gar nicht an Private verkauft wird.
## Misstrauische Anwohner
Die Anwohner erwarten von dem grünen Umweltsenator, dass er sich dieser
Forderung der Anwohner anschließt. Doch Lohse verweist auf seine Rolle als
Chef der Genehmigungsbehörde, die der Bundeswehr die Betriebsgenehmigung
nach altem Recht nicht entziehen kann. „Die Stilllegung des Tanklagers
steht für mich nicht an erster Stelle“, erklärte er, wichtiger sei die
Sanierung des Geländes. Unter großem Applaus der anwesenden Farger erklärt
Heidrun Pörtner, Vorsitzende der Bürgerinitiative, dass die Anwohner nicht
den Eindruck hätten, dass alles getan würde, um die Ausbreitung des Öls im
Grundwasser einzudämmen. Misstrauisch sind die Anwohner auch, was die
Offenlegung der Informationen angeht. „Ich sehe bei dem Umweltsenator
keinen Willen, die Probleme anzupacken“, sagte Pörtner, „das Ressort ist
nicht kooperativ.“
Wenige Stunden vor der Versammlung hatte die Bürgerschaftsfraktion der
Grünen einen Beschluss gefasst, der deutlich anders klingt als das, was der
Umweltsenator den Anwohnern sagte: die Stilllegung. Begründung: „Eine
Stilllegung des Tanklagers würde zumindest eine weitere Verseuchung des
Bodens bzw. Grundwassers durch Leckagen an den Anlagen ausschließen.“ Maike
Schäfer, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, hatte die Initiative für
diesen Antrag gestartet, nachdem die Fraktion ihren Grünen-Kreisverband im
Bremer Norden über Jahre allein gegen ihren Umweltsenator streiten ließ.
Sie erklärte jetzt, der Senator habe intern an der Beratung für diesen
Stilllegungs-Antrag teilgenommen und auch zugestimmt. Umso mehr waren die
Anwohner in Farge irritiert darüber, dass Lohse kein Bekenntnis zu der
Position „seiner“ Fraktion zu entlocken war.
Was der Senator den betroffenen Anwohnern auch nicht gesagt hat: Die
Bundeswehr behauptet zwar offiziell, sie verhandele mit potenziellen
Käufern des Geländes, und das schon seit Anfang dieses Jahres, unter der
Hand geht die Bundeswehr aber offenbar davon aus, dass das Gelände wegen
der Altlasten nicht verkäuflich ist. Jedenfalls ist die Abteilung
„Bundesbau“ beim Bremer Finanzressort beauftragt worden, verschiedene
Varianten für eine endgültige Stilllegung zu prüfen.
Für Verteidigungszwecke werde die 320 Hektar große Fläche seit Jahren nicht
mehr benötigt, so die Begründung der Bundeswehr. Eine Uhr tickt zugunsten
der Anwohner: Das Lager steht seit Juni leer – und wenn der
Tanklager-Betrieb drei Jahre lang ruht, erlischt die alte
Betriebsgenehmigung. Eine neue wird es für die technisch völlig veralteten
unterirdischen Anlagen nicht geben.
## Teure Sanierung
So stellt sich die Bundeswehr die Frage, was ein Rückbau der 78
unterirdisch eingebuddelten Tanks mit je 4.000 Kubikmetern Fassungsvermögen
und der 125 Kilometer einwandigen Treibstoffleitungen kosten würde. Noch
teurer wird die Sanierung von mindestens 119 Stellen, an denen Öl im
Grundwasser und zum Beispiel das krebserregende Methyl-tert-butylether
(MTBE) festgestellt wurde. Seit 1941 ist das Tanklager – militärisch streng
abgeschirmt – in Betrieb.
Die Grünen haben einen „Dringlichkeitsantrag“ formuliert, mit dem sich die
Bürgerschaft auf die Stilllegung des Tanklagers festlegen soll: „Auch wenn
die Verantwortung für die Stilllegung des Tanklagers und seine weitere
Verwendung und die entsprechende Finanzierung Angelegenheit des Bundes ist,
ist es für die Bürgerinnen und Bürger in Farge – und wegen der
Wasserproblematik für ganz Bremen-Nord – von großer Bedeutung, welche
Stilllegungsvariante bevorzugt wird und wer in Zukunft das Gelände zu
welchem Zweck nutzt“, heißt es in der Begründung.
Die Fraktion hat auch die Forderung der Bürgerinitiative nach Transparenz
in ihren Bürgerschaftsantrag aufgenommen: Einmal im Jahr soll der Senat den
Stand des Sanierungsprozesses öffentlich nachvollziehbar darlegen.
31 Oct 2013
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Bremen
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