# taz.de -- Taifun „Haiyan“: In der Trümmerwüste | |
> Nach dem Taifun sind die Philippinen im Chaos versunken: Die Verwüstung | |
> ist verheerend, es wird mit tausenden Toten gerechnet, Hilfsmaßnahmen | |
> laufen nur stockend an. | |
Bild: Einwohner in der zerstörten Stadt Tacloban, Philippinen. | |
MANILA dpa | Der Taifun „Haiyan“ hat Millionen Menschen auf den Philippinen | |
in Not und Verzweiflung gestürzt. Auch zwei Tage nach seinem Durchzug | |
konnte die Zahl der Toten nur geschätzt werden - auf mehrere Tausend. | |
Zerstörte Flughäfen, Häfen und Straßen erschwerten die einsetzende Hilfe. | |
Weil diese nur schleppend anlief, standen Hunderttausende Menschen auch am | |
Sonntag noch in Trümmerwüsten. Viele Verzweifelte plünderten in der | |
zerstörten Stadt Tacloban Geschäfte. | |
„Verzweifelt nicht, die Hilfe ist auf dem Weg“, beschwor Präsident Benigno | |
Aquino seine Landsleute bei einem Besuch in Tacloban. Tausende Tonnen | |
Hilfsgüter seien auf dem Weg. | |
Die Lokalbehörden fürchten inzwischen tausende Tote durch den gewaltigsten | |
Taifun, der je Land erreicht hat. Der Polizeichef in Tacloban nannte 10 000 | |
Todesopfer, aber die Regierung wollte das nicht bestätigen. „Die Zahlen | |
sind alarmierend“ sagte Aquino. „Unsere Priorität sind aber die | |
Überlebenden.“ | |
Die Katastrophenbehörde aus Eastern Samar östlich von Tacloban meldete 300 | |
Tote und 2000 Vermisste. Auch auf den Inseln weiter westlich war die | |
Zerstörung verheerend, wie Fotos zeigten. Ganze Ortschaften waren dem | |
Erdboden gleichgemacht, etwa in Concepcion und Sara in der Provinz Iloilo. | |
„Wir haben die Bergung der Leichen angeordnet und werden sie in | |
Massengräbern beisetzen“, sagte der Präsident. „Weil sie ein | |
Gesundheitsrisiko darstellen.“ | |
## Terstörte Infrastruktur behindert Hilfsmaßnahmen | |
Die Katastrophenhelfer stehen vor einer gigantischen Aufgabe: Flughäfen | |
sind zerstört, Hafenanlagen beschädigt, Straßen verschüttet oder mit | |
entwurzelten Bäumen übersät. Kilometerlange Trümmerwüsten machen das | |
Vorankommen fast unmöglich. Abgelegene Ortschaften waren auch am Sonntag | |
noch von der Außenwelt abgeschnitten. Von dort lagen keine Informationen | |
vor. Am Abend ein erster Lichtblick: Ein Funkturm für Handy-Signale wurde | |
in Tacloban repariert und machte erste Kommunikation möglich, wie Einwohner | |
per Twitter berichteten. | |
In Tacloban mit 220 000 Einwohnern hatte der Taifun am Freitag eine | |
meterhohe Sturmflut verursacht, die riesige Frachtschiffe hunderte Meter | |
weit ins Land spülte. Das Hochwasser riss alles mit: Hütten, Container, | |
Ölkanister, Autos, Dächer, Häuserwände. Nachdem das Wasser abgelaufen ist, | |
zeigt sich ein Bild des Grauens: inmitten der trostlosen Geröllhaufen weht | |
ein rosafarbener Sonnenhut im Wind, ein orangefarbenes Sofakissen liegt | |
zwischen Holzlatten. Überall sind Plastikteller verstreut, und jede Menge | |
Gummilatschen. | |
Dazwischen laufen Menschen herum, die nach Verwertbarem suchen: | |
Konservendosen, Trinkwasserflaschen oder Holzleisten und Planen, um sich | |
für die Nacht ein Dach über dem Kopf zu bauen. Entlang der Straßen liegen | |
Leichen, mit Planen oder Betttüchern abgedeckt. Familien mit Kleinkindern | |
kauern unter Zeltplanen, die sie notdürftig als Dach aufgespannt haben. | |
Tausende Menschen suchen verzweifelt nach Familienmitgliedern. | |
## Berichte über Plünderungen | |
Rund 20 Kilometer südlich der Stadt wird ein Lasterwagenkonvoi mit | |
Versorgungsgütern gestoppt und geplündert, berichtete Rotkreuz-Chef Richard | |
Gordon im Fernsehen. Die Notpakete hätten 5000 Familien versorgen sollen. | |
„Da sind Gangster am Werk“, sagte Gordon im Fernsehen. „Die Polizei muss | |
sie festnehmen.“ Ein Ladenbesitzer steht mit gezückter Pistole vor seinem | |
Laden, um Plünderer abzuschrecken. „Es ist chaotisch in Tacloban“, sagte | |
Roger Marcado, Gouverneur der Nachbarprovinz Southern Leyte, im Fernsehen. | |
Präsident Benigno Aquino machte sich in der Region ein Bild von der | |
Verwüstung und den Hilfsmaßnahmen. Er zeigte sich verärgert, dass die | |
Katastrophenschutzbehörden trotz Wetterwarnungen nicht mehr Menschen besser | |
geschützt haben, wie ein lokaler Radiosender berichtete. Die | |
Katastrophenhilfe lief zwar an, aber zerstörte Flughäfen, beschädigte Häfen | |
und kaputte oder verschüttete Straßen machten die Verteilung der Hilfsgüter | |
zu einem logistischen Alptraum. Hunderttausende Menschen warteten dringend | |
auf Hilfe. | |
Nach Angaben der Regierung brauchen 4,3 Millionen Menschen Hilfe. 800 000 | |
waren geflüchtet, viele von ihnen dürften ihr Hab und Gut verloren haben. | |
330 000 harrten in Notunterkünften aus. Die Regierung bekam Hilfsangebote | |
aus aller Welt. Aus Duisburg schickte unter anderem die Organisation | |
I.S.A.R. Germany (International Search and Rescue) 24 Ärzte, Pfleger und | |
Rettungsassistenten. Auch ein Vorausteam des Technischen Hilfswerkes (THW) | |
war unterwegs. | |
Auf dem Weg nach Vietnam schwächte der Taifun sich am Sonntag deutlich ab. | |
Er drehte zudem Richtung Norden. Er sollte nun am Montag die Küste | |
erreichen, allerdings nur noch als tropischer Sturm. Hunderttausende | |
Menschen, die bereits in Sicherheit gebracht worden waren, durften in ihre | |
Häuser zurückkehren. | |
10 Nov 2013 | |
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