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# taz.de -- Adel in Sachsen: Ihre Majestäten möchten gerne mehr
> Die Hoheiten belieben nicht zu scherzen: Nachfahren sächsischer Fürsten
> fordern vom Freistaat Kunst im Wert von rund 10 Millionen Euro zurück.
Bild: Der Leiter der Provenienzforschung, Gilbert Lupfer, in der Bibliothek der…
DRESDEN taz | Dresden-Besucher staunen am berühmten porzellangekachelten
Fürstenzug des Stallhofs über das edle Geschlecht der Wettiner, das Sachsen
fast 800 Jahre regierte. Bis 1904 wurde das Defilee der Blaublüter um den
jeweils herrschenden Fürsten verlängert.
Doch die jüngeren Sprösslinge des schon längst nicht mehr vor Vitalität
strotzenden Adelsgeschlechts empfehlen sich ohnehin kaum für eine
Verewigung für die Nachwelt. Selbst die letzten Monarchiefans im Freistaat
dürften sich vom dortigen Adel eher vor den Kopf gestoßen fühlen.
In mehreren Anläufen haben die sächsischen Fürsten nun schon – teilweise
erfolgreich – versucht, Werke aus den Staatlichen Kunstsammlungen in
Dresden für sich zu beanspruchen. Obschon die Wettiner 2011 mit der
sächsischen Landesregierung Stillschweigen über Entschädigungsverhandlungen
vereinbarten, erheben sie aktuell öffentlich Anspruch auf 10.000 Bücher und
Kunstgegenstände. Schätzwert: 10 Millionen Euro.
Der Freistaat Sachsen hatte sich mit dem Ausgleichsleistungsgesetz von 1994
vor lauter Großmut aber auch selbst ein Bein gestellt: Statt des üblichen
Verwaltungsverfahrens zur Rückgabe enteigneter Kunstgegenstände wollte die
Landesregierung direkte Verhandlungen mit den Wettinern. Es war ja auch zu
Herzen gegangen, wie im Wendeherbst 1989 der damals schon recht betagte
Prinz Albert zu einer Montagsdemo aus München anreiste – und sich seinen
Untertanen als Monarch anbot.
## Schamlos und „amoralisch“
Nun wissen die Sachsen natürlich, dass sie die Einrichtung der Kunstkammer
und ihren Ausbau zu den längst weltberühmten Kunstsammlungen ihren
verblichenen Fürsten verdanken. Wie aber die Wettiner aus den nach 1945
erfolgten Enteignungen seit fast 20 Jahren Kapital zu schlagen versuchen,
das empfinden inzwischen auch Politiker aller Fraktionen als schamlos und
„amoralisch“.
Immobilien gab es bereits zurück, 1999 zahlte der Freistaat elf Millionen
D-Mark für 18.000 identifizierte Kunstobjekte. Der Vertrag mit dem
Freistaat enthielt eine Öffnungsklausel, die den Wettinern weitere
Restitutionsansprüche ermöglichte.
Was auch immer als ehemaliges Eigentum erkannt würde, sollte zurückgegeben
oder dafür Entschädigung gezahlt werden. Für die Provenienzforschung bauten
die Kunstsammlungen 2007 extra das Datensystem „Daphne“ auf. Wertvolle
Porzellane machten die Adligen 2006 umgehend beim Londoner Auktionshaus
Christie’s zu Geld. 2011 blätterte der Freistaat 4,2 Millionen Euro
Ausgleichszahlung für weitere Porzellane hin. Bis zum kommenden Jahr sollen
die Nachforschungen abgeschlossen sein und eine abschließende Regelung soll
getroffen werden.
Doch so lange können die königlichen Hoheiten nicht warten. Eigentum
verpflichtet – zu dessen bedingungsloser Einforderung. Offenbar laufen die
Geschäfte auf der Farm der Wettiner in Kanada und im Moritzburger Forst
nicht so besonders gut. Herzog Rüdiger, der aktuelle Chef des Hauses
Wettin, ist nahe Dresden in der wettinischen Forstverwaltung tätig. Da ist
er eigentlich auf gutem Wege, so könnte man meinen: Auch der letzte Kaiser
von China arbeitete schließlich als einfacher Gärtner. Im Übrigen ganz ohne
Restitutionsansprüche.
11 Nov 2013
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Sachsen
Kunst
Adel
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