# taz.de -- Kolumne Ausgehen & Rumstehen: Mona, Conny und die anderen | |
> Unsere Autorin wollte es in Flensburg krachen lassen. Ausgerechnet! Die | |
> Rechnung dafür bekam sie schon vor Fahrtantritt präsentiert. | |
Bild: Da hat sich wohl ein anderer die schartigen Lippen geleckt. Gemein! | |
Eigentlich beginne ich diese Kolumne ja jedes Mal, wenn ich sie schreibe, | |
mit den Worten „Eigentlich wollte ich es richtig krachen lassen dieses | |
Wochenende“, um dann über Erkältungsbeschwerden und Kochrezepte zu | |
schreiben. | |
Normalerweise. Doch irgendwas läuft schief in letzter Zeit. Ich schlafe | |
nicht mehr. Nun, da ich dies schreibe, ist es Sonntagmittag. Ich sitze im | |
ICE von Flensburg nach Berlin. Seit Freitag habe ich exakt sieben Stunden | |
geschlafen. Mona hatte Geburtstag, Conny und Olaf haben geheiratet. Wie | |
soll man da schlafen? | |
(Es folgt eine kurze Werbeunterbrechung, d. Red.) Im Übrigen werde ich bald | |
einen Fortsetzungsroman schreiben. Ja! Hier! In dieser Zeitung! In zwei | |
Wochen geht’s los. Meine Tante Erna zieht ernsthaft ein taz-Abo in | |
Erwägung. (Werbeunterbrechung zu Ende, d. Red.) Und meine Tante Erna ist | |
der sparsamste Mensch, den ich kenne. Beim Verfassen von Kurznachrichten | |
benutzt sie selten mehr als zwei, drei Worte. Es ist ihr nicht | |
beizubringen, dass SMS nicht nach Zeichen abgerechnet werden. Freitag wurde | |
das Layout besprochen. Für den Roman. (Doch noch nicht ganz; d. Red.) | |
Danach ging die Feierei los und hat seither nicht mehr aufgehört. Ab und zu | |
klopft mein Über-Ich mir auf die Schulter und tippt sich an die Stirn. Aber | |
das Es wirft den Kopf zurück und streckt den Diskofinger in die Luft. | |
Mona feierte in einer Kneipe namens „Rosi ich bin im Park“ in Neukölln. Der | |
Laden hat die schönste Flügeltür, die ich je gesehen habe. Sie geht von | |
einer Wand zur anderen und oben bis zur Decke. Eine Trennwand aus dunkel | |
gebeiztem Holz mit Intarsien und einem Knick in der Mitte jedes Flügels. | |
Wie Riesenfensterläden. Als ich ankomme, drücken sich ein paar 16-Jährige | |
auf der Weserstraße rum. Alles Monas Verehrer? „WLAN-Nomaden“, erklärt mir | |
die Wirtin, „wenn ich das WLAN hier im Laden ausschalte, sind die gleich | |
weg.“ Theodor erzählt, er habe letztes Wochenende das erste Mal mit einer | |
Transsexuellen geschlafen. Ich bin neidisch. Bin ich jetzt sexistisch? | |
Später brauche ich eine Stunde durch den Regen nach Hause. | |
Halb acht klingelt der Wecker. Am Hauptbahnhof kaufe ich einen Riesenkaffee | |
für vier Euro, stelle ihn zum Abkühlen auf einen Briefkasten und rufe Tante | |
Erna an. Paul steht neben mir und raucht. Wach ist der auch nicht. Dann ist | |
der Kaffee weg. Weg! Der Briefkasten leer obendrauf, der Boden trocken. | |
Paul und ich starren uns an. Dann erinnert sich Paul schemenhaft an einen | |
Mann mit Zottelbart, der in unsere Richtung steuerte. Jetzt klauen die | |
Hipster schon Kaffee am Hauptbahnhof! | |
Die Hochzeit in Flensburg war sehr schön. Mehr nicht dazu, die Familie | |
liest mit. Nur so viel: Ich habe diesen Blumenstrauß nicht gefangen. Wir | |
haben uns alle drunter weggeduckt. Wir mögen die Ehe lieber wild. | |
Nun ist es 14.24 Uhr, wir sind am Hauptbahnhof, gleich sind wir zu | |
Hause.Wenn ich den Kaffeedieb noch mal treffe, werde ich ihm was husten. | |
Ich kann nämlich auch ohne Kaffee wach bleiben. Ha! Später gehe ich zum | |
Jubiläumskonzert des Hanns-Eisler-Chors. War ein Geschenk für Tante Erna, | |
sie hatte Geburtstag. Und danach? Irgendwer noch ’ne Party am Start? | |
12 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Lea Streisand | |
## TAGS | |
Sibylle Berg | |
Musik | |
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