# taz.de -- Das Böse im Kopf: Eine Pille gegen das Verbrechen | |
> Es ist alles eine Frage der Endorphine: Der Göttinger | |
> Psychiatrie-Professor Borwin Bandelow macht sich auf die Suche nach den | |
> Quellen des Bösen. | |
Bild: Wer Mörder verstehen will, muss sich mit den Botenstoffen befassen: Borw… | |
HAMBURG taz | Wie entsteht das Böse? [1][Borwin Bandelow] glaubt, darauf | |
eine Antwort zu haben: Das Böse ist das Ergebnis einer Fehlfunktion im | |
Hirn. Wer sadistische Mörder verstehen will, muss sich „auf die Ebene der | |
Moleküle und Botenstoffe im Gehirn“ wagen, schreibt der Göttinger | |
Psychiater und Psychotherapeut in seinem neuesten Buch „Wer hat Angst vorm | |
bösen Mann?“. | |
Bandelow geht davon aus, dass bei Tätern mit einer antisozialen | |
Persönlichkeit oder einer Borderline-Störung das Belohnungssystem im Hirn | |
defekt ist. Normalerweise geht das so: Wer hungrig ist und ein Käsebrot | |
isst, fühlt sich anschließend gut, weil sein Körper Endorphine ausschüttet | |
– als Belohnung dafür, sein Überleben gesichert zu haben. Zuständig ist | |
dafür das endogene Opiatsystem (EOS). | |
Permanent unglücklich sind Bandelow zufolge Menschen, bei denen dieses | |
System gestört ist: weil zu wenig Endorphine da sind. Oder weil die | |
Rezeptoren, an welche die Endorphine andocken sollen, unterentwickelt sind. | |
Diese Menschen versuchen alles, um diesen fehlgesteuerten Endorphinhaushalt | |
auszugleichen und tun dazu Dinge, sie sie besser nicht tun sollten. „Sie | |
trinken zwei Flaschen Wodka pro Tag, injizieren sich Heroin oder | |
vergewaltigen ihre Nichte“, schreibt Bandelow, der seit Jahrzehnten als | |
Psychiater arbeitet. | |
Um seine Theorie zu stützen, hat er alle mögleichen Bösartigkeiten | |
zusammengetragen, von Massenmördern, Vergewaltigern und Entführern. | |
Bandelow beschreibt Patienten, die bei ihm in Behandlung waren, und hat | |
Interviews geführt: mit Tätern wie dem Vergewaltiger und Mörder Frank | |
Schmökel, mit Opfern und mit Zeitzeugen, etwa der früheren Geliebten des | |
Serienmörders Jack Unterweger. | |
Er findet Gemeinsamkeiten zwischen den Tätern, die seine EOS-Theorie | |
untermauern. Bandelows Idee ist nun: Wenn das Böse das Ergebnis einer | |
Hormonstörung ist, könnte es sich mit chemischen Mitteln bekämpfen lassen – | |
eine Tablette gegen das Böse. Vorerst fehle es dafür aber an Beweisen, | |
schreibt Bandelow selbst: Die Forschung sei da noch ganz am Anfang. | |
Borwin Bandelow: „Wer hat Angst vorm bösen Mann? Warum uns Täter | |
faszinieren“. Rowohlt Verlag 2013, 352 Seiten, 19,95 Euro | |
Über das Böse lesen Sie mehr in der taz.am.wochenende oder [2][hier] | |
22 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.borwinbandelow.de/ | |
[2] /!114771/ | |
## AUTOREN | |
Ilka Kreutzträger | |
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