Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Der Online-Mediendienst DWDL: Toms Revier
> Als Schüler startete Thomas Lückerath DWDL, 12 Jahre später hat es eine
> Million Visits. Lückeraths Nähe zur Branche ist sein Kapital – birgt aber
> Risiken.
Bild: Allgegenwärtig, auf dem Screen und davor: Thomas Lückerath beim Medienf…
KÖLN taz | Manchmal muss Thomas Lückerath um die halbe Welt reisen, damit
es mit einem Interview klappt. So wie am Anfang dieser Woche: Anke
Schäferkordt, Chefin der RTL-Sendergruppe, wurde mit einem der wichtigsten
Fernsehpreise der Welt ausgezeichnet. Boxer Wladimir Klitschko kniete vor
ihr nieder und überreichte einen Emmy – für Schäferkordts Engagement in der
TV-Branche, die auch ihn groß rausgebracht hat. Das war in New York, und
Lückerath war für [1][DWDL] dabei.
Im Gespräch am Rande der Gala sagte Schäferkordt im Wesentlichen bloß, dass
sie vorerst keine deutsche Antwort auf den boomenden US-Videodienst Netflix
liefern werde. Das Gespräch sei Lückerath trotzdem viel wert, sagt er, denn
allzu oft komme es nicht dazu.
Das liegt auch an einer kleinen Fotomontage: Als sich der Neubau der
RTL-Zentrale am Kölner Messegelände vor einigen Jahren hinzog, hatte
Lückerath der Figur „Bob der Baumeister“, der ausgerechnet bei SuperRTL
herumwerkelt, den quietschgelben Helm gemopst und auf den Kopf der
Fernsehmanagerin platziert. „Witzig fand sie das nicht“, sagt er.
Die Medienbranche mit all ihren Zimperlichkeiten ist Lückeraths Revier.
Ende 2001 legte er los, Lückerath, der Oberstufenschüler, der vor allem in
eines verknallt war: ins Fernsehen. Er konnte nicht genug Branchentratsch
inhalieren, und im Netz fand sich davon für seinen Geschmack einfach viel
zu wenig. Fachdienste erschienen damals meist noch auf Papier. Als modern
galt da [2][das Angebot des] [3][Kress-Reports]: Abends um 17 Uhr
aktualisierte sich der Internetauftritt. Tempo? Fehlanzeige!
„Wir haben also einfach damit angefangen, die Mitteilungen der Sender ins
Netz zu stellen, wenn sie kamen“, erinnert sich Lückerath. „Damals waren
wir froh, wenn das 50 Leute am Tag sahen.“ Heute kommt sein DWDL monatlich
auf mehr als eine Million Besuche. Etwa ein Viertel davon kommt via Google
– TV-Fans statt Fachpublikum. Denn DWDL richtet sich an alle, die so ticken
wie das Portal, das inzwischen mit „Wir lieben Fernsehen“ für sich wirbt.
Anfänglich quälte sich Lückerath noch nach Duisburg zum Studium. „Aber wenn
man in einer Soziologievorlesung sitzt und der RTL2-Sprecher anruft, weil
er einem vorab Informationen zur neuen Big-Brother-Staffel geben möchte,
dann muss man sich entscheiden, ob man weiter studieren oder ein
Medienmagazin machen möchte.“
Heute ist Lückerath 31 und noch immer Geschäftsführer und Chefredakteur von
DWDL in Personalunion. Wer ihn besucht, den führt es in das Dachgeschoss
eines Kölner Wohnhauses – unten ein Friseur, oben ein kleiner Haufen
TV-Freaks: Für Lückerath arbeiten zwei Redakteure und zwei
Mitarbeiterinnen, die Werbeplätze verkaufen und die Bücher führen. Aus dem
Spaßprojekt DWDL wurde eine klassische GmbH, die teils auch Investoren
anlockte und wachsen konnte, während viele klassische
Print-Branchenmagazine zunehmend unter Druck gerieten.
Das Geschäft läuft, sagt Lückerath. Was unterm Strich übrig bleibe,
investiere er lieber. Reisen nach New York gehörten dazu, ebenso Jahr für
Jahr ein Betriebsausflug nach London, Besuche der Fernsehmesse in Cannes
und der Oscar-Verleihungen in Los Angeles – meist zu zweit. „Die Kollegen
sollen Spaß haben“, sagt Lückerath. Er ist gern Chef und gibt sich
spendabel. Nur reich werde damit keiner.
## Abhängigkeit und Fantum
Das Portal, das frei im Netz steht und sich inzwischen auch regelmäßig um
Zeitschriften und Zeitungen kümmert, hängt letztlich direkt am Tropf der
Medien, über die es berichtet. Werbung schalten vor allem Fernsehsender.
Hinzu kommt: Hier schreiben Fans über die Branche. Beides zusammen –
Abhängigkeit und Fantum – ergibt eine heikle Mischung, Stichwort: Distanz.
Solche Bedenken unterfüttern die DWDLer mit Einträgen in sozialen
Netzwerken. Sie machen keinen Hehl daraus, dass sie gern die Senderfeten
besuchen.
Frage also an Lückerath: Sie sind schon ziemlich gern Teil dieses Business,
oder? „Ja, aber diese Partys sind nicht dazu da, um uns kostenlos zu
betrinken“, sagt er. „Wir bekommen da unsere Informationen her.“ Am Ende
meldet DWDL dann schon mal exklusiv, dass Thomas Gottschalk bei RTL
aufschlägt – andere schreiben ab. So ist es nicht mehr nur Bild, die mit
Promi-Schlagzeilen punktet. In den Sendern ist das für manch einen eine
Genugtuung, von der Lückerath profitiert. Er wird versorgt und ist ohnehin
teils mit Sendersprechern eng befreundet.
Seit fünf Jahren hat Lückerath auch eine direkte Konkurrenz. Ein einstiger
deutscher Verlagsmanager rief [4][Meedia] ins Leben – ebenfalls eine
Neugründung, für die Leser ebenfalls kostenlos, und wie DWDL setzte auch
der neue Dienst darauf, die TV-Quoten detailliert auszuwerten. Wirklich
zugesetzt scheint der Wettbewerber aus Hamburg, der unlängst vom
Handelsblatt übernommen wurde, den Etablierten aus Köln aber nicht zu
haben: Lückeraths kleine Unternehmung wuchs beständig weiter.
Unabhängigkeit schafft ihm [5][eine Stellenbörse], vor allem für die
Bewegtbildbranche. 40 Prozent aller Werbeumsätze generiere er DWDL damit.
Hinzu kommt Spezielles im Speziellen: regelmäßige Berichte aus der Welt des
Sportfernsehens ebenso wie aus dem TV-Markt USA. Was in Zeitungen Beilagen
sind, sind für DWDL diese Seiten. Sie schaffen ein sehr besonderes
Werbeumfeld. Das funktioniert, sagt Lückerath.
## Auf Expansionskurs
In diesem Sommer ging schließlich die Expansion weiter, diesmal inhaltlich.
Lückerath warb Torsten Zarges vom Kress-Report ab. Zarges, gut vernetzt bei
TV-Managern, firmiert nun als „Chefreporter“. Gleichzeitig verpflichtete
Lückerath Medienkritiker Hans Hoff, der bei Programmmachern hoch geschätzt
ist, weil seine Kritik wie kaum eine andere trifft. Keilt er in „Das Hoff
zum Sonntag“ [6][gegen eine Produktion wie „Helden“] („Der schlechteste
Film aller RTL-Zeiten“), zählt DWDL gut 60.000 Abrufe.
Rastlos, wie er ist, plant Lückerath bereits das nächste Ding. Noch bevor
es am Rheinufer wieder grün wird, will er mit seinen Leuten umziehen – ein
paar Häuser weiter, näher an den Mediapark. Thomas Lückerath braucht Platz
für weitere Kollegen, er will auf den internationalen Markt und plant ein
DWDL auf Englisch, erstmals nur für Abonnenten. „Wir sind nicht
größenwahnsinnig und werden auch keinem englischsprachigen Portal
Konkurrenz machen“, sagt er. „Wir wollen nur über das berichten, was hier
passiert.“
Hollywood und Co. sollen also schon bald von DWDL erfahren, wie ihre Filme,
Serien und Show-Konzepte auf dem größten europäischen Medienmarkt ankommen.
Lückerath will ihnen dabei auch erklären, wie dieser deutsche Markt tickt,
warum etwa die „Tagesschau“ trotz ihrer Anmutung noch immer funktioniert
und warum die Primetime – international völlig untypisch – um 20.15 Uhr
beginnt.
Eine Besonderheit will Lückerath aber auch dann für sich behalten: wofür
eigentlich dieses „DWDL“ steht. Die Frage hat ihm so gut gefallen, dass er
sie in den ersten Jahren seinen Gesprächspartnern einfach bei jedem
Interview gestellt hat. Vielen war das zu albern, manch einer hatte eine
Idee, etwa „Das willst du lesen“, treffend war letztlich nur eine Antwort:
„Das weiß der Lückerath.“
29 Nov 2013
## LINKS
[1] http://www.dwdl.de/home/
[2] http://kress.de/
[3] http://kress.de/
[4] http://meedia.de/
[5] http://www.dwdl.de/jobboerse/
[6] http://www.dwdl.de/hoffzumsonntag/42778/helden_der_schlechteste_film_aller_…
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Online-Journalismus
Fernsehen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mediendienst DWDL: „Wir weisen auch auf Missstände hin“
Das TV-Portal DWDL wird 15 Jahre alt. Trotz der Medienkrise ist es recht
erfolgreich. Warum? Das erklärt der DWDL-Chef Thomas Lückerath.
Relaunch von "epd Medien": Neu ohne viel Neues
Das seit 1974 erscheinende "epd-Magazin" bekommt zum Jahreswechsel einen
Relaunch verpasst und wird digital aufgepeppt. Viel mehr ist aber nicht zu
erwarten.
Alpha-Blogger Niggemeier: Der Crashtest-Dummy
"Bild-Blog"-Macher Stefan Niggemeier ist einer der unerschrockensten
Journalisten der Republik. Ein Vorabdruck aus "Die Alpha-Journalisten 2.0".
"Netzeitung" stellt Kolumne "Altpapier" ein: Das gallische Dorf ist gefallen
Seit der ersten Netzeitungs-Ausgabe im November 2000 war die Medienkolumne
"Altpapier" erschienen. Nun fällt sie dem Sparprogramm zum Opfer.
Mediendienste im Netz: Unter Beobachtern
Die Mediendienste im Netz bekommen Gesellschaft: Seit dieser Woche ist
meedia.de in einer Testversion online. Aber wer braucht das? Ein Überblick.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.