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# taz.de -- Urteil des Gerichts Ellwangen: Auschwitz-Wachmann kommt frei
> Fast 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg stehen noch immer NS-Schergen
> vor Gericht. Die Freilassung des angeklagten Hans Lipschis zeigt: Späte
> Sühne ist schwierig.
Bild: Die Personalakte des angeklagten Rottenführers Hans Lipschis in Auschwit…
ELLWANGEN dpa | Der angeklagte, frühere SS-Wachmann im Konzentrationslager
Auschwitz, Hans Lipschis, ist auf freiem Fuß. Es bestünden wegen einer
beginnenden Demenz erhebliche Zweifel daran, dass der 94-Jährige
verhandlungsfähig sei, teilte das Landgericht Ellwangen am Freitag mit. Der
Haftbefehl gegen Lipschis wurde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Ob es
noch zu einem Prozess gegen den gebürtigen Litauer kommt, muss das Gericht
noch entscheiden. Wenn sich Lipschis Gesundheitszustand nicht bessert, ist
eine Verhandlung aber sehr unwahrscheinlich.
Die Entscheidung zeigt, wie schwierig es ist, fast 70 Jahre nach dem
Zweiten Weltkrieg NS-Schergen noch vor Gericht zu stellen. Die
NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg hatte erst vergangene Woche 30 ähnliche
Verfahren an Staatsanwaltschaften in elf Bundesländern abgegeben.
Lipschis war seit dem 6. Mai in Untersuchungshaft im
Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg bei Stuttgart. Das Landgericht
Ellwangen stützte sich bei seiner Entscheidung auf einen persönlichen
Eindruck sowie auf die Einschätzung eines Psychiaters. Dieser
diagnostizierte bei Lipschis eine beginnende Demenz. Die
Konzentrationsfähigkeit und das Kurzzeitgedächtnis des Angeschuldigten
seien deutlich beeinträchtigt.
Lipschis „Tagesform“ unterliege erheblichen Schwankungen. Unter Belastung
könne dies bis zur Desorientiertheit führen. Daher sei es sehr
wahrscheinlich, dass der frühere SS-Wachmann einem Strafprozess von dieser
Größenordnung, Komplexität und Dauer nicht mehr ausreichend folgen und sich
deshalb nicht mehr angemessen verteidigen kann, meinte die
Schwurgerichtskammer.
Laut Anklage hatte Lipschis zwischen 1941 und 1943 Wachbereitschaft im KZ
Auschwitz. Durch seine Tätigkeit habe er den Lagerbetrieb und damit die
Vernichtungsaktionen unterstützt. Während seiner Wachzeit seien in
Auschwitz zwölf Transporte mit tausenden Gefangenen eingegangen. In vielen
Fällen seien nicht arbeitsfähige Menschen sofort aussortiert und in den
Gaskammern getötet worden.
Laut Staatsanwaltschaft lebte Lipschis nach Kriegsende zunächst in
Norddeutschland, wanderte 1956 aber nach Chicago (USA) aus. Nachdem dort
Anfang der 80er Jahre bekanntgeworden war, dass der Angeschuldigte entgegen
seinen Angaben im Einbürgerungsverfahren als SS-Mitglied zur
Lagermannschaft von Auschwitz gehörte, wurde ihm in einem
Ausbürgerungsverfahren die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt. Ende
1982 wurde er aus den USA ausgewiesen, lebte seither im Ostalbkreis.
6 Dec 2013
## TAGS
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Auschwitz
Staatsanwaltschaft Kiel
Erich Priebke
Erich Priebke
Deutschland
SS
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