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# taz.de -- Berliner Szenen: Eine griechische Orgie
> Fantasien von Edelbibliotheken mischen sich mit Fantasien von
> masturbierenden Frauen auf griechischen Orgien. In der S-Bahn.
Bild: Der Arbeitsplatz der edlen Frau, vielleicht? (Nein, weil nicht britisch, …
Die S-Bahn ist voll, Berufsverkehr. Die Frau, die am Mexikoplatz
zugestiegen ist und sich neben mich gesetzt hat, sieht aus, als würde sie
in einer britischen Edelbibliothek arbeiten.
Sie trägt einen Tweedmantel, ein helles Seidentuch und dunkelbraune
Lederhandschuhe. Ihre Haare sind nicht grau, sondern silberglänzend. Alles
an ihr ist edel, und ich verstehe nicht, warum sie überhaupt S-Bahn fährt
und nicht von einem Chauffeur von der Arbeit abgeholt wird, in einem Auto
mit hellen Ledersitzen.
Ich tu so, als würde ich die Süddeutsche lesen, aber in echt beobachte ich
die edle Frau, muss ihre Handschuhe angucken und die Tasche und alles. Die
Bibliothek, in der sie arbeitet, also in der sie vermutlich arbeitet, hat
wahrscheinlich Erstausgaben von Emily Brontë in Glasvitrinen, und an der
Wand hängen Ölgemälde in schweren, dunklen Holzrahmen.
Irgendwo zwischen Lichterfelde West und Botanischer Garten öffnet die Frau
ihre Tasche und holt eine Zeitschrift heraus. Sie blättert ein bisschen und
liest dann. Mitten in der vollen S-Bahn, in der die Leute ineinander
verknotet und zusammengepfercht stehen, liest die Frau eine Doppelseite,
auf der eine nackte junge Frau abgebildet ist, die masturbiert. Sie liegt
auf einem Bett, man sieht ihre Brüste, ein Bauchnabelpiercing, Schamhaare.
Daneben das groß gedruckte Zitat: „Ich stelle mir vor, wie ich an einer
griechischen Orgie teilnehme.“ Darunter steht: „Über Sex wird viel geredet,
über Masturbation nie.“
Auf den zwei Seiten ist wenig Text. Die Frau liest in Ruhe, dann blättert
sie um, auf der nächsten Doppelseite ist auf der linken Seite Text und
rechts ein Bild: ein Mann, der unter der Dusche steht und sich einen
runterholt. Über seinem Schwanz ist Text gedruckt. Die Frau liest, bis sie
in Friedenau aussteigt. Als sie die Zeitschrift in die Tasche steckt, sehe
ich, dass es die Neon war.
11 Dec 2013
## AUTOREN
Margarete Stokowski
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Sibylle Berg
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