| # taz.de -- Architekturwettbewerb für Ökohäuser: Bett unterm Sternenhimmel | |
| > Die Ergebnisse des ersten deutschen Open-Source-Architekturwettbewerbs | |
| > für billige Ökohäuser liegen vor. Ab Sommer 2014 sollen sie umgesetzt | |
| > werden. | |
| Bild: Konstrukt aus Stäben und Platten: Der Entwurf „danach“ zeigt Wohncon… | |
| BERLIN taz | Bauen ist teuer. Öko auch. Und Ökohausbau erst recht. Das muss | |
| anders werden, dachte sich Lars Lange vom [1][Sozialprojekt „Jack in the | |
| Box“] in Köln-Ehrenfeld. Und rief zu einem zweistufigen | |
| Architekturwettbewerb auf, dessen erste Ergebnisse jetzt vorliegen. Ab | |
| Sommer 2014 sollen bewohnbare Ökomodule für maximal 25.000 Euro entstehen – | |
| womöglich einschließlich Bett unterm Sternhimmel. | |
| „Jack in the Box“ heißt übersetzt „Springteufelchen“. Beim Anblick | |
| ausrangierter Überseecontainer war schon dem Projektgründer Martin | |
| Schmittseifer eine Idee aus der Kiste gesprungen: Die Dinger könnten doch | |
| auch als Radboxen oder Ausstellungsräume weiterverwendet werden. | |
| Seit 2006 bauen ehemalige Langzeiterwerbslose und Ein-Euro-Jobber auf einem | |
| Gelände hinter dem Güterbahnhof von Köln-Ehrenfeld Container um. Gemeinsam | |
| mit Designern, Künstlerinnen und Stadtplanern stellen sie zudem | |
| „Upcycling“-Möbel her (gefertigt aus Weggeworfenem) und organisieren | |
| Veranstaltungen. Der 39-jährige Lange gehört mit zum Team. | |
| Lars Lange stört an den Metallboxen nur, dass sie schwer zu beheizen und | |
| damit wenig „öko“ sind. Überhaupt ist der Bausektor ein Hauptumweltsünder | |
| in Deutschland, er verursacht ungefähr 40 Prozent des Energieverbrauchs und | |
| der Treibhausgase. In modularer Bauweise müsste doch eine Alternative zu | |
| organisieren sein, überlegte Lange. Und organisierte einen | |
| Architekturwettbewerb. | |
| ## Schön, hell und billig | |
| Schön und hell sollte die Ökobox sein, keine dunkle Kiste. Aber auch so | |
| billig wie möglich, transportabel, auf urbanen Brachflächen aufzustellen | |
| und damit grundstückskostensparend, beliebig stapelbar und wachsend mit den | |
| Bedürfnissen der dort Wohnenden. | |
| Eine weitere Bedingung des ersten Open-Source-Architekturwettbewerbs in | |
| Deutschland: Alle Beitragenden verzichten auf das übliche Copyright und | |
| arbeiten stattdessen „Copyleft“ (alle darauf aufbauende Arbeit muss auch | |
| für alle frei nutzbar sein) und „Open Source“, und genauso wie die modulare | |
| Rachel sollten auch die Entwürfe kombinierbar sein. „Mehrere Lösungen | |
| nebeneinander, das ist wie ein evolutionärer Prozess. Es geht um die | |
| Mehrung von Gemeingütern, von Commons“, erläutert Lange. | |
| Ein Name musste her: Rachel. Zu Ehren der US-Biologin Rachel Carlson, die | |
| 1962 mit ihrem Bestseller „Der stumme Frühling“ eine weltweite | |
| Umweltbewegung angestoßen hatte. „Rachel“ sollte 24 Quadratmeter groß und | |
| aus regional vorhandenen, nachwachsenden Rohstoffen wie Holz gestaltet | |
| sein. Je nach Eigenarbeit des Bauherrn oder der Baudame sollte die Box nur | |
| 10.000 bis 25.000 Euro kosten. Lange hofft, damit einen Grundbaustein für | |
| eine weltweite Ökobaubewegung liefern zu können. | |
| In der ersten, jetzt abgeschlossenen Stufe reichten elf Personen ihre | |
| Zeichnungen ein. Gleich mehrere Entwürfe basieren auf sechseckigen Waben, | |
| die wie im Bienenstock neben- und übereinander passen. | |
| In der zweiten Stufe sollen Mitmachende bis spätestens September 2014 | |
| konkrete Konstruktionsschnitte und Baubeschreibungen liefern. Dann können – | |
| unter Mitwirkung der Universitäten von Koblenz und Aachen – erste Boxen | |
| gebaut werden. | |
| Wohninteressenten gibt es bereits: Eine junge Familie aus Köln will 160.000 | |
| Euro investieren und mit der Oma zusammen sechs Rachel-Module beziehen. | |
| ## Durchdachte „Rachel“ | |
| Eine Jury, darunter Postwachstumsforscher Niko Paech, Autor Nils Boeing und | |
| Walter Prigge vom Bauhaus Dessau, hielt in der ersten Stufe das Modul des | |
| Schweizer Tüftlers Huldreich Hug für das durchdachteste. Seine „Rachel“ i… | |
| viereckig, aus stark gedämmten Holzplatten und völlig autark. Die Fenster | |
| dreifach verglast, zur Sonne ausgerichtet. Solarthermie und Photovoltaik | |
| auf dem Dach, LED-Leuchten. Als Energiespeicher Lithium-Ionen-Akkus, die | |
| auch ein E-Bike antreiben können. Speicher für Regenwasser, | |
| Trockentrenntoilette, Pflanzenkläranlage, Pelletofen, angehängte Terrassen, | |
| Terra-preta-Gärten. Boxen zu Siedlungen jedweder Größe zusammenstellbar. | |
| Solche Module, hofft Lars Lange, könne man weltweit mit billigen, vor Ort | |
| verfügbaren Rohstoffen bauen und dabei ohne teure Wasser- und | |
| Stromversorgung auskommen. In einem neuzu gründenden Institut für | |
| partizipative Stadtentwicklung will er die besten regionalen Lösungen in | |
| einer Datenbank für Modellsiedlungen speichern. Arbeitstitel: „Favela C“, C | |
| wie Cologne oder Commons. | |
| Eine weitere Gestaltungsidee von Huldreich Hug: Wem es im Sommer zu heiß | |
| wird, kann in den hochgestapelten Modulen ein Bett ins Freie ziehen – | |
| direkt unter den Sternenhimmel. | |
| 13 Dec 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.koelnerbox.de/architektur/rachel-architektur-projekt/wettbewerb/ | |
| ## AUTOREN | |
| Ute Scheub | |
| ## TAGS | |
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| Berlin | |
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