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# taz.de -- NSU-Prozess: Fragwürdiges Treffen
> Der Beschuldigte Holger G. steht unter Zeugenschutz und traf sich
> trotzdem mit Leuten aus der Neonazi-Szene. Bundestagsabgeordneter
> verlangt nun Aufklärung.
Bild: Bierchen trinken mit Zeugen: Holger G. hinter einem Aktendeckel im Münch…
HAMBURG taz | Wieso durfte sich der im NSU-Prozess unter Zeugenschutz
stehende Holger G. unter den Augen des Bundeskriminalamtes mit Leuten aus
der Neonazi-Szene treffen? Diese Frage will der Bundestagsabgeordnete Sven
Kindler (Grüne) jetzt vom Bundesinnenministerium beantwortet wissen und
bittet per Mail bittet um eine Stellungnahme.
Am Ende des 54. Verhandlungstages im NSU-Prozess hatte das
Oberlandesgericht München Silvia S. geladen, weil die Hauptbeschuldigte
Beate Zschäpe deren Krankenkassenkarte und Namen im Untergrund genutzt hat.
S. will ihre Versichertenkarte dem Mitbeschuldigten Holger G. verkauft
haben. Mit G., so die Zeugin, habe sie sich auch getroffen, als er bereits
unter Zeugenschutz stand.
Zwei Zivilbeamte des Bundeskriminalamtes (BKA) sollen G. zu dem Treffen mit
seiner Mutter, seiner Lebensgefährtin sowie Silvia S. und ihrem Mann
Alexander begleitet haben. „Der Vorgang ist wegen der potenziellen
Beeinflussung der Zeugen und der damit verbundenen Verdunklungsgefahr
erklärungsbedürftig“, sagt Kindler. Das Bundesinnenministerium müsse
erklären, wie sich G., der unter Zeugenschutz steht, unter den Augen des
BKA mit Leuten aus der Neonazi-Szene treffen durfte.
Besagtes zweistündiges Treffen fand in der Gaststätte „Seehaus“ im
niedersächsischen Isernhagen statt. G. soll laut Aussage der Zeugin S.
ihren Mann damals auf dem Handy angerufen haben. G. könne „jetzt raus und
ob wir uns nicht treffen könnten, ein Bierchen trinken“. Die Zivilbeamten
seien bei dem Treffen nicht mit im Raum gewesen, sagte S. aus.
„Ein Treffen mit einer im Zeugenschutz befindlichen Person mit Zeugen, hier
ja sogar Belastungszeugen, widerspricht allen Regeln des Zeugenschutzes,
die der Zeuge normalerweise auch unterschreiben muss“, sagte Alexander
Hoffmann gleich nach der Zeugenaussage von Silvia S. Der Kieler
Rechtsanwalt vertritt als Nebenkläger Opfer des mutmaßlichen
NSU-Bombenanschlags 2004 in Köln.
In der Bitte um eine Stellungnahme hebt Kindler auch hervor, dass an das
Zeugenschutzprogramm Auflagen geknüpft seien. So müsse G. etwa alte
Kontakte abbrechen. „Das unter Aufsicht des BKA eine mögliche
Zeugenbeeinflussung stattfand, ist mehr als bedenklich“, sagt er. Kindler
will vom Bundesinnenministerium wissen, wie die Strafverfolgungsbehörde
einen Vorgang unterstützen könne, der eine solche Beeinflussung ermögliche?
„Haben die Beamten bereits vorher gewusst, mit wem G. sich treffen wollte
und wie wird begründet, dass diese Treffen unbeaufsichtigt gelassen
wurden?“, fragt Kindler.
Außerdem verlangt er Aufklärung darüber, ob die Begegnung Auswirkungen auf
die zukünftigen Zeugenschutzmaßnahmen für G. habe. Vor Gericht haben
bereits Nebenkläger mit Anträgen Fragen zu dem Treffen gestellt. Bisher
haben sie keine Antworten bekommen.
20 Dec 2013
## AUTOREN
Andreas Speit
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Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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