# taz.de -- Zitrusfrüchte fallen Infektion zu Opfer: Der Schrecken der Saftind… | |
> Ein Bakterium gefährdet weltweit den Anbau von Zitrusfrüchten. Der Kampf | |
> dagegen kostet Milliarden. Kann die Gentechnik helfen? | |
Bild: Unappetitlich. Das Bakterium zerstört die geliebten Früchte. | |
MÜNCHEN taz | Die Deutschen sind mit 33 Liter pro Kopf und Jahr Weltmeister | |
im Safttrinken. Am liebsten ist ihnen der Apfelsaft, aber gleich danach | |
kommt der Orangensaft, von dem hierzulande laut dem Verband der deutschen | |
Fruchtsaftindustrie rund 7,8 Liter pro Kopf im Jahr 2012 konsumiert wurden. | |
Doch dieser Genuss könnte bald Luxus werden. Denn Zitrusbauern kämpfen | |
weltweit mit einer Infektionskrankheit, der reihenweise Bäume zum Opfer | |
fallen. | |
Huanglongbing heißt die Krankheit, die von dem Bakterium Liberibacter | |
asiaticus ausgelöst wird und die Zitrusindustrie derzeit in Atem hält. In | |
den USA kosten die Maßnahmen gegen die Mikrobe und ihr Vehikel, den | |
stecknadelkopfgroßen asiatischen Zitrusblattfloh, jährlich rund 1,2 | |
Milliarden Dollar. Nach Schätzungen sind die Produktionskosten von Orangen, | |
Zitronen und Grapefruits dadurch um 40 bis 50 Prozent gestiegen. | |
Auch in Brasilien, dem weltweit größten Produzenten von Orangen und | |
Lieferant von 80 Prozent des weltweiten Orangensaftvolumens, vernichtet das | |
Bakterium Teile der Ernte und schmälert die Gewinnmargen. „Wenn die Erträge | |
sinken, wird die Rohware teurer, und die Absätze sinken“, erklärt Klaus | |
Heitlinger vom deutschen Saftverband. | |
## 10 Prozent der Bäume: Vernichtet | |
Auf der Plantage Cambuhy, die im Herzen der brasilianischen Zitrusregion | |
liegt, musste innerhalb von neun Jahren etwa ein Zehntel des Baumbestandes | |
vernichtet werden. Ebenso betroffen sind Indien, China, Indonesien, | |
Brasilien und Mexiko. Nur Europa hat die Plage noch nicht erreicht, doch im | |
Zeitalter der Globalisierung dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis | |
die ersten befallenen Bäume auch in Spanien oder Italien entdeckt werden. | |
Weltweit wachsen Zitrusfrüchte auf acht Millionen Hektar, vor allem | |
Orangen. | |
Phytopathologen kennen Huanglongbing schon seit gut 100 Jahren. Von | |
Pakistan aus hat sich die Plage verbreitet. Während der Floh Pflanzensaft | |
saugt, wandert das Bakterium in die Leitbahnen der Pflanze und verstopft | |
diese teilweise. So verhindern sie, dass Wasser und Nährstoffe in Trieben | |
und Stängeln ankommen. Die Folge: gelb verfärbte Blätter, verzögertes | |
Wachstum. Die Früchte sind zu klein, fallen vor der Reife ab und schmecken | |
bitter. | |
## Pestizide als Notlösung | |
Bislang fehlen langfristig wirksame Bekämpfungsmethoden. Versuche gibt es | |
reichlich. So werden etwa in Brasilien große Flächen zwischen den | |
Orangenplantagen mit Zuckerrohr bepflanzt, um eine Verbreitung der | |
Krankheit zu verhindern. Befallene Bäume werden sofort gefällt und | |
verbrannt, zudem werden in den Plantagen großzügig Insektizide versprüht, | |
um die Blattflöhe abzutöten, bevor sie das Bakterium übertragen können. | |
Doch unklar ist, ob diese kostenintensive Maßnahme auf Dauer funktioniert. | |
Darum suchen Forscher derzeit emsig nach Möglichkeiten, dem Bakterium auf | |
andere Weise beizukommen. Schließlich deckte eine Studie aus dem Jahr 2011 | |
auf, dass die Zitrusindustrie nur ökonomisch betrieben werden könne, wenn | |
der Anteil der befallenen Bäume unter 3 Prozent läge. In Florida waren | |
innerhalb weniger Monate 40 Prozent der Bäume befallen. Auch die | |
Plantagenarbeiter auf Zitrusfarmen würden profitieren: Erst kürzlich | |
prangerte die Christliche Initiative Romero in einer Studie den hohen | |
Gifteinsatz an, unter dem die Pflücker litten. | |
Experimente gibt es beispielsweise mit der Gentechnik. Kanditaten-Gene | |
stammen wahlweise aus feindlichen Viren, sogenannten Bakteriophagen, Spinat | |
oder Schweinen. Auch mit gänzlich künstlichen Genen gibt es Versuche. | |
Forscher meinen, dass genetisch veränderte Zitruspflanzen langfristig die | |
aussichtsreichste Lösung seien. | |
Doch es gibt noch andere, weniger umstrittene Verfahren: Die Erzwespe | |
Tamarixia radiate legt ihre Eier auf den Bauch des Flohs. Wenn die Eier | |
schlüpfen, werden die Flöhe von innen verspeist. Eine Erzwespe kann so rund | |
300 Flöhe abtöten, haben US-Forscher herausgefunden. | |
13 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Kathrin Burger | |
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