| # taz.de -- Max Ophüls Preis für Regienachwuchs: Improvisation im Hotel | |
| > Mehr mit den Bildern und weniger über die Musik zu erzählen, das hätte | |
| > man vielen Filmen beim Festival Max Ophüls Preis gewünscht. | |
| Bild: Den Max Ophüls Preis bekam Jakob Lass für „Love Steaks“. | |
| Der Filmemacher Michael Haneke hat einmal gesagt, dass der Einsatz von | |
| Musik in einem Film zumeist dazu diene, die Fehler des Regisseurs zu | |
| kaschieren. Nimmt man diesen Satz ernst, dann muss in vielen Filmen des | |
| diesjährigen Saarbrücker Max Ophüls Preises, der am Sonntag zu Ende | |
| gegangen ist, so einiges schiefgelaufen sein: Kaum ein Film jedenfalls, der | |
| nicht mit einem Übermaß an verspieltem Gitarren-Geplänkel, melancholischen | |
| Indie-Pop-Gesängen oder kargen Pianoklängen aufwarten würde. | |
| Etwa der Dokumentarfilm „Hells Angel – Unter Brüdern“, in dem ein Mitgli… | |
| der Stuttgarter Hells Angels porträtiert wird. Zwar erklärte Regisseur | |
| Marcel Wehn im Publikumsgespräch, dass es ihm darum gegangen sei zu zeigen, | |
| dass es eben nicht „die“ Hells Angels gebe und insofern das vorherrschende | |
| Image einer durch und durch kriminalisierten Bande falsch sei. | |
| Doch beschwört der pathetische Gitarrenrock, mit dem die wiederkehrenden | |
| Bilder von auf ihren Maschinen in den Sonnenuntergang reitenden Bikern | |
| unterlegt sind, etwas komplett anderes: nämlich eine an die TV-Serie „Sons | |
| of Anarchy“ erinnernde Kollektivromantik, in der das Individuum gänzlich in | |
| der Gruppe aufgeht. | |
| „Familienfieber“ von Nico Sommer, immerhin mit dem Preis des Saarländischen | |
| Ministerpräsidenten ausgezeichnet, wiederum nutzt Musik vor allem dazu, | |
| einen Mangel an Konflikten zu kaschieren. Überhaupt scheint ein Gutteil der | |
| oft jungen Filmemacher – in Saarbrücken laufen traditionell viele | |
| Abschlussfilme der Filmhochschulen – kein allzu großes Vertrauen in ihre | |
| Fähigkeiten zu haben, allein über Bilder und Dialoge eine interessante | |
| Geschichte erzählen zu können. | |
| „Vergrabene Stimmen“ etwa von Numan Acar macht in dessen Langfilmdebüt | |
| übermäßigen Gebrauch vom Stilmittel des Voice-over, um die Innenwelt seiner | |
| Hauptfigur nach außen zu kehren. Zwar geschieht dies in einer durchaus | |
| poetischen Sprache, doch verliert sich der Film ein wenig in dieser | |
| Überfrachtung. Ähnlich verhält es sich mit dem Mukoviszidose-Drama „Und | |
| morgen Mittag bin ich tot“ von Frederik Steiner. | |
| ## Sich helfen können | |
| Wie so oft in der jüngeren Vergangenheit hat die Jury, der in diesem Jahr | |
| unter anderem der Schauspieler Ronald Zehrfeld und der Regisseur und | |
| Fotograf Rainer Frimmel angehörten, auch dieses Mal ein gutes Händchen bei | |
| der Vergabe des Max Ophüls Preises bewiesen: Er ging an „Love Steaks“ von | |
| Jakob Lass. Zwar erreicht „Love Steaks“ nicht die Qualität früherer | |
| Preisträger wie „Schwerkraft“ von Maximilian Erlenwein (2010) oder | |
| „Michael“ von Markus Schleinzer (2012), sehenswert ist der Film aber | |
| allemal. | |
| Erzählt wird von der sich anbahnenden Liebesbeziehung zwischen Clemens | |
| (Franz Rogowski) und Lara (Lana Cooper), die in einem großen Wellnesshotel | |
| als Masseur und Kochazubine arbeiten. Clemens ist extrem schüchtern, | |
| gleichzeitig achtet er auf sich und sein inneres Gleichgewicht, während | |
| Lara extrovertiert ist, jedoch ein massives Alkoholproblem hat. Aufgrund | |
| dieser Gegensätzlichkeit, die es ihnen ermöglicht, einander zu helfen, | |
| passen die beiden so gut zueinander. | |
| Abgesehen von den Protagonisten und einer Nebenfigur werden sämtliche | |
| Rollen in diesem Film von Laienschauspielern gespielt – den Mitarbeitern | |
| des Hotels. „Love Steaks“ überzeugt durch eine tolle Kameraarbeit und | |
| lebensecht improvisierte Dialoge. Am allermeisten jedoch begeistern die | |
| schauspielerischen Leistungen. Vor allem Lana Cooper spielt mit einem | |
| Nuancenreichtum, der beeindruckend ist. | |
| ## Die New Yorker Kurzfilmrolle | |
| Unterhaltsam war die New Yorker Kurzfilmrolle mit sechs Filmen, die an der | |
| dortigen School of Visual Arts entstanden sind. Im Rahmen eines | |
| eskalierenden Thanksgiving-Dinners in der Bronx beschäftigt sich „East | |
| Tremont Blues“ von Gary Morra mit dem Erwachsenwerden, als der zwölfjährige | |
| Anthony etwas Wesentliches über Vergänglichkeit lernt. „Take a Deep Breath�… | |
| von Java Jacobs widmet sich in origineller Weise dem Thema Liebe, indem | |
| diese als Krankheit diagnostiziert wird. Und Shubhashish Bhutianis „Kush“ | |
| porträtiert eine Lehrerin im Indien des Jahres 1984, die nach der Ermordung | |
| Indira Gandhis einen jungen Sikh vor dem eskalierenden Hass der Bevölkerung | |
| schützt. | |
| Eigenwillig und charmant kommt der Wettbewerbsfilm „Männer zeigen Filme & | |
| Frauen ihre Brüste“ von Isabell Šuba daher. Ein Film, der ein sich ständig | |
| streitendes Regisseurin-Produzent-Gespann zeigt, das auf dem Filmfestival | |
| von Cannes von einem Desaster ins nächste stolpert. Interviewtermine werden | |
| verschlafen, Drehbuch-Pitches grandios in den Sand gesetzt. Und das alles | |
| mit einem guten Auge für die Absurditäten der Filmbranche. | |
| 27 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Resch | |
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