# taz.de -- Abstiegsangst: Der HSV pfeift auf dem letzten Loch | |
> Das Heimspiel gegen Hertha BSC sollte ein Neuanfang für den HSV werden. | |
> Nachdem das Team sich wehrlos der 0:3-Niederlage ergeben hat, herrscht | |
> Ratlosigkeit. | |
Bild: Die Angst des Trainers vor dem Abstieg: HSV-Coach Bert van Marwijk | |
HAMBURG taz | Am Ende gab es nicht mal mehr ein richtiges Pfeifkonzert. | |
Weil kaum noch jemand im Stadion war, als Schiedsrichter Deniz Aytekin nach | |
exakt 90 Minuten Spieler und verbliebene Fans des Hamburger Sportvereins | |
mit dem Schlusspfiff erlöste. Und weil die meisten sich schon zur | |
Halbzeitpause mit Pfeifen verausgabt hatten. Trotz der guten Vorsätze. | |
Vorher hatten die HSV-Fans nämlich vereinbart, dass sie nicht pfeifen | |
wollten, sondern die Mannschaft auf Deubel komm raus unterstützen. Die | |
hatte schließlich auch gute Vorsätze gefasst. Aber die waren schon nach 15 | |
Minuten dahin. Da hatte Torwart René Adler einen Strafstoß von Adrián Ramos | |
zur Ecke abgewehrt. | |
So was muss Selbstvertrauen geben, dachte HSV-Trainer Bert van Marwijk. | |
„Das war der entscheidende Moment“, sagte er hinterher. Selbstvertrauen? | |
Pustekuchen! Eben dieser Ramos schwang sich bei der folgenden Ecke in die | |
Lüfte, verlängerte auf den ungedeckten Sami Allagui – 0:1. Nach nur 38 | |
Minuten hatte Ramos den HSV erledigt: mit einem Kopfballtor und einem | |
weiteren nach dem vielleicht längsten Doppelpass der Welt. | |
Eigentlich hätten die HSV-Fans schon da nach Hause gehen können. Der Wille | |
der HSV-Spieler war zwar zu sehen, nicht zuletzt an den ungestümen Fouls, | |
aber sie konnten nicht. Die Beine wurden ihnen schwer. Sie spielten | |
Sicherheitspässe, ohne dadurch Sicherheit zu gewinnen. So sieht er also | |
aus, der Abstiegskampf. Ein Problem ist, dass viele HSV-Spieler das selbst | |
zum ersten Mal sehen. | |
Torwart René Adler, der verhindert hatte, dass Ramos das 0:4 und das 0:5 | |
erzielte, meinte nach der sechsten Niederlage in Folge: „Wir müssen uns an | |
kleinen Erfolgserlebnissen aufrichten.“ Aber genau das war ja nach seinem | |
gehaltenen Elfmeter misslungen. „Die Angst“, so Adler, „ist nicht | |
wegzudiskutieren.“ | |
Kapitän Rafael van der Vaart tauchte ganz unter. Erst im Spiel, dann | |
verweigerte er als einziger den Gang in die Fankurve, und schließlich gab | |
er auch keine Statements ab. Erst als ein paar hundert Fans den Ausgang zu | |
den Spieler-Autos blockierten, ließ er sich auf lange Diskussionen mit | |
ihnen ein und wurde schließlich von einigen geschubst und mit Bierbechern | |
beworfen, auch Tritte gegen Spieler-Autos soll es gegeben haben. | |
Wie soll es da den jungen Spielern gehen? Hakan Çalhanoğlu etwa, gerade 20, | |
aus der Dritten Liga gekommen und sofort zum Hoffnungsträger hochgejubelt, | |
der nun in das erwartbare Leistungsloch fällt? Wie den bedauernswerten | |
Niederländern Ola John und Ouasim Bouy, die vor Wochen von europäischen | |
Ersatzbänken geholt wurden und nun einen strauchelnden Bundesligisten | |
retten sollen? | |
Jaques Zoua, immerhin schon 22, liefen die Tränen übers Gesicht nach seinem | |
tollpatschigen Auftritt als Ersatz für den angeschlagenen Torjäger | |
Pierre-Michel Lasogga. Und Jonathan Tah, der am Dienstag 18 Jahre alt wird | |
und in der Hamburger Innenverteidigung zuletzt den stabilsten Eindruck | |
gemacht hatte, stand gar nicht im Kader. Nachdem pikante Details aus seinem | |
Vertrag bekannt wurden, „wollte ich ihn schützen“, sagte van Marwijk. | |
Ist der Abstieg überhaupt noch zu verhindern? Van Marwijk sind nach einem | |
Strohfeuer die Tricks ausgegangen. Zuletzt wirkte er fast indifferent. „Ihr | |
steigt ab, ich nicht“, soll er in einer Kabinenpredigt gesagt haben. | |
Manager Oliver Kreuzer behauptet dennoch trotzig: „Wir haben kein | |
Trainerproblem.“ | |
Wie das am Mittwoch werden soll, wenn Bayern München zum Viertelfinale im | |
DFB-Pokal kommt? Das wirklich wichtige Spiel steigt am Samstag bei | |
Eintracht Braunschweig: Der Bundesliga-Letzte empfängt den vorletzten, den | |
HSV. | |
9 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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