# taz.de -- Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Zimmer frei, privat | |
> „Bei mir werden Sie es gut haben!“, sagt dir Dame vor dem Bahnhof. Zwei | |
> Finger zeigt sie, für Deutsche zeigt sie drei: für ein Zimmer bei ihr für | |
> 63 Euro. | |
Bild: Putzen für die Touristen. | |
SOTSCHI taz | Lange haben wir jetzt schon nichts mehr über die miesen | |
Unterkünfte für die in ihrer eigenen Wahrnehmung bedauernswerten Geschöpfe | |
dieser Spiele gelesen – [1][die Journalisten]. Und viele Fragen bleiben | |
weiter unbeantwortet. Wie hat es der Kollege geschafft, ein Hotelzimmer zu | |
betreten, [2][das keinen Boden hat]. Fand er sich in der Kemenate einer | |
Kollegin unter ihm wieder? War auch diese ohne Boden und er ist unmittelbar | |
vor der Rezeption auf den harten Fliesen aufgeschlagen? Oder war am Ende | |
alles gar nicht so schlimm? | |
Ich selbst hätte ganz gerne eine Horrorgeschichte meine Unterkunft | |
betreffend erlebt, denke ich mir, als mich eine ältere Dame vor dem Bahnhof | |
in Adler anspricht. „Zimmer zu vermieten“, steht auf einem Schildchen, an | |
ihrem Mantelrevers. „Bei mir werden Sie es gut haben!“, sagt sie. Und zeigt | |
mir zwei Finger. Das soll wohl der Preis sein. Als ich ihr sage, dass ich | |
aus Deutschland komme, zeigt sie mir drei Finger. „Mit Frühstück“, sagt | |
sie. „Haben Sie schon einmal armenisch gegessen?“ | |
3.000 Rubel, 63 Euro. Das ist ihr olympischer Preis pro Nacht für das | |
Zimmer – für einen Deutschen wie mich zumindest. „Ach, Sie haben schon ein | |
Zimmer“, sagt sie, als ich ihr zeige, wo mein Hotel ist. „Dann brauchen Sie | |
uns Mädchen ja nicht.“ Sie zeigt auf drei andere ältere Damen, die auch vor | |
dem Bahnhof Zimmer feilbieten. „Schaut den an, der hat Millionen Dollar! | |
Der wohnt in den neuen Hotels.“ | |
Vor dem Bahnhof stehen die Honoratiorinnen auch, wenn keine Olympiade ist. | |
Obwohl ihre Zimmervermietung inoffiziell ist, werden sie von den | |
Milizionären nicht behelligt. Die Damen bessern ihre Rente auf. „400 | |
bekomme ich im Monat. Das sind vier Pakete Butter“, sagt meine | |
Gesprächspartnerin. | |
## Ein Heim für Bauartbeiter | |
Von den Spielen hat sie schon profitiert, als die noch gar nicht eröffnet | |
waren. Oft hätten Bauarbeiter bei ihr gewohnt. Das muss nicht immer einfach | |
gewesen sein. „Wenn die wegen Frost oben in den Bergen nicht arbeiten | |
konnten, dann waren sie immer betrunken. Ein Albtraum.“ | |
Olympiatouristen waren auch bei ihr untergebracht. Drei Armenier. Wie viel | |
die bezahlt haben, sagt sie nicht. Sie hofft noch, dass ich zu ihr ziehe, | |
und will sich ihren Preis nicht versauen. Am Ende vertickt sie ihr Zimmer | |
an eine Russin. Wie viel das Zimmer für sie kostet, verstehe ich nicht. | |
Vielleicht fehlt ja der Boden in meinem Zimmer, wenn ich ins Hotel komme, | |
denke ich mir. Ich weiß ja jetzt, wo man ein Zimmer findet. | |
12 Feb 2014 | |
## LINKS | |
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[2] http://twitter.com/bishopk/status/430735620089339904 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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