# taz.de -- Der Erste Weltkrieg im Fernsehen: Das Private ist historisch | |
> Das Geschichtsdoku-Programm von ARD und ZDF setzt 2014 auf persönliche | |
> Erinnerungen. Das Erste stemmt ein 6-Millionen-Euro-Projekt. | |
Bild: Handgranatenwurf im Schützengraben: Ausschnitt aus „14 – Tagebücher… | |
Hitler war höchstwahrscheinlich nicht schwul, fand Schäferhunde super und | |
wurde bis kurz vor seinem Selbstmord körperlich immer schwächer – alles | |
bekannt, alles tausendmal verfilmt. Da ist es angemessen, dass sich die ARD | |
in diesem Gedenkjahr dem Ersten Weltkrieg zuwendet und die braune Bande | |
rechts liegen lässt. | |
Mehrere aufwändige historische Dokumentationen stehen auf dem Sendeplan, | |
wenngleich nicht ausschließlich über den Krieg, der vor 100 Jahren seinen | |
Beginn nahm. Bei der Vorstellung am Rande der Berlinale wurde deutlich: Mit | |
trockenem Geschichtsfernsehen hat das nichts zu tun. | |
Dies liegt unter anderem an Gunnar Dedio. Er produziert das vielleicht | |
ehrgeizigste Dokuprojekt des Jahres. 6 Millionen Euro schwer ist [1][„14 – | |
Tagebücher des Ersten Weltkrieges“], 26 Sender beteiligen sich daran. | |
Besonders stolz ist Dedio, dass die britische BBC, die australische SBS und | |
die italienische RAI seine Geschichten über 14 Protagonisten ausstrahlen | |
wollen. Arte wird sie in acht Teilen ab dem 29. April zeigen. Die ARD kürzt | |
den Stoff zu vier dreiviertelstündige Folgen, die genauen Sendetermine im | |
zweiten Quartal des Jahres stehen noch nicht fest. | |
## Untertitel statt Synchronsprechern | |
„14“ ist ein Meilenstein für die deutsche Branche. Fünf Jahre arbeitete | |
Gunnar Dedio von der Idee bis zur Umsetzung. „Es hat länger gedauert als | |
der Krieg selbst“, sagt der Grimme-Preisträger. Die Crew um Regisseur Jan | |
Peter drehte mit ProtagonistInnen aus verschiedenen, am Krieg beteiligten | |
Ländern. Sie sprechen ihre Muttersprachen und sollen – fürs deutsche | |
Primetime-Programm sehr untypisch – nicht synchronisiert, sondern | |
untertitelt werden. | |
Zudem wurden große Mengen an Archivmaterial zusammengetragen, technisch | |
aufpoliert und mit neu gedrehten Szenen über die Tagebuchschreiber | |
verwoben. Diese erzählen eine ganz subjektive Sicht auf das | |
Kriegsgeschehen. In der Dokuwelt des Jahres 2014 menschelt es so sehr, dass | |
historische Daten eigentlich egal sind. Weltkrieg als großes Gefühlskino. | |
Auch das ZDF stürzt sich aufs Schlachtfeld und zeigt am 25. März „Mit Jubel | |
in die Hölle“. Die Doku basiert ebenfalls auf Tagebüchern und privaten | |
Briefen von Soldaten und ihren Familien. In einem Spielfilm wird am 28. | |
April die Geschichte um das Attentat von Sarajevo erzählt, das | |
Österreich-Ungarns Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie | |
tötete. LiebhaberInnen der klassischen öffentlich-rechtlichen | |
Abendunterhaltung dürfen sich auf Heino Ferch in einer der Hauptrollen | |
freuen. | |
Konsequent journalistisch durchdacht ist hingegen die ARD-Trilogie „Akte | |
D“. Voraussichtlich im August oder September laufen die Folgen, die das | |
Etikett „historisch-investigativ“ tragen und ihre Ausgangspunkte in der | |
Gegenwart haben. | |
## Vergangenes erklärt die Gegegwart | |
In einer vom MDR produzierten Folge erzählen die Autoren etwa vom Versuch | |
einstiger Opfer, die Deutsche Bahn noch heute für die Deportationen während | |
des Holocaust haftbar zu machen. Eine andere Folge hinterfragt die heutige | |
Dominanz der großen vier Energiekonzerne und spürt auf, wie es über | |
Jahrzehnte zur Machtkonzentration im System der deutschen Stromversorgung | |
kommen konnte. | |
Die Jugendbeauftragten des ARD-Dokufernsehens heißen schließlich Anna Maria | |
Mühe und Kostja Ullmann, im Hauptberuf Schauspieler. „Junges Deutschland“ | |
ist eine Koproduktion von WDR und NDR, die vollends von der Persönlichkeit | |
der beiden DarstellerInnen lebt. Sie sprechen als Moderatoren zu den | |
Zuschauern, schlüpfen in die Kleidung der Jugend von damals und bauen auf | |
das „Krass, so war das damals?“-Erlebnis. Beginnend in den 1920ern und den | |
Nachwehen des Ersten Weltkriegs, reisen Mühe und Ullmann durch den Zweiten | |
Weltkrieg bis ins Jahr 1989. | |
Da fiel die Mauer, 25 Jahre ist das nun her. Und hier fällt dann auf: Außer | |
wenig Hitler ist dieses Jahr auch wenig Mauerfall im Programm. | |
14 Feb 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.14-tagebuecher.de/ | |
## AUTOREN | |
Jens Twiehaus | |
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