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# taz.de -- Die Wahrheit: Blenden und beschallen
> Es sind viel zu viele: Die Stadt Kempten im Allgäu setzt auf eine Drohne,
> um die kackenden Krähen im Stadtpark zu vergrämen.
Bild: Falkner Johannes Mang mit seinem behäubten Greifvogel auf dem Allgäu-Ai…
Sie nehmen überhand! Über 350 Krähenpaare in einem kleinen Park, und bald
fangen sie an zu brüten. Sie schreien, lassen ihre Bomben auf die Bänke
platschen, igittigitt. Eine ältere Anwohnerin kreischt, nicht weniger laut
als die Krähen: „Des isch ja grauslig! In der Früh um viere wecken sie
einen …“
Weg müssten diese fürchterlichen Viecher. Nix Landesbund für Vogelschutz
und strenger Schutz der Krähen, davon will diese Frau nichts wissen. Und
ihr Nachbar, absoluter Freund der pechschwarzen Krähen, der es prima
findet, dass es „so eine Kolonie bei uns überhaupt noch gibt“, der erntet
nur ein abfälliges „Tsss“, gepaart mit einem nicht weniger abfälligen
Kopfschütteln.
Kempten wehrt sich gegen die schwarzen Vögel. „Es sind einfach viel zu
viele“, sagt, deutlich nüchterner, Uwe Gail, der Leiter des städtischen
Betriebshofs. Die Regierung von Schwaben hat das „Vergrämen“, also das
Vertreiben der streng geschützten Vögel, erlaubt. Doch nachdem trotz des
Nesterwegräumens im vorigen Jahr schon wenige Wochen später alles wieder
beim Alten war, greifen sie heuer zu einer ungewöhnlichen Aktion.
„Wir setzen eine Drohne ein, die mit einer Lautsprecher- und Lichtanlage
ausgestattet ist“, so Gail. Am Vormittag werden die Krähen, sollten sie
wieder nisten, mächtig beschallt. „Mit Rufen vom Wanderfalken und mit
unerwartetem Krachen“, ergänzt der Drohnenexperte Christian Fuchs. Er setzt
seit sieben Jahren seine Helikopter-Drohne für Luftaufnahmen ein, bei
Firmen, bei Kommunen, bei Sportveranstaltungen. Und jetzt konfiguriert er
sie für den Krähen-Einsatz.
„Ich habe mir auch noch ein ganz spezielles Soundprogramm überlegt, das für
die Krähen völlig überraschend kommt.“ Am Abend, nach Einbruch der
Dämmerung, wird dann von einer Beschallung auf eine Licht-Blend-Anlage an
der Drohne umgestellt.
## „Mich stören sie nicht“
Stadtparkbesucher in Kempten sind gespalten. Einige wenige finden „die
Krähen okay, ist doch schön für die Kinder, denen zuzuschauen“, wie eine
junge Mutter meint. „Mich stören sie nicht“, merkt eine Dame mittleren
Alters an. Doch die zwei Frauen sind erkennbar in der Unterzahl. Die
kreischende Alte von vorhin kommt noch einmal zurück. Nein, erschießen
sollte man sie nicht unbedingt, aber vertreiben schon. Wobei ihr durchaus
klar ist, „dass die halt dann anderen Leuten auf die Nerven gehen“.
Als sie das sagt, kommt noch die im Allgäu nicht unbekannte
Diplom-Käse-Sommelière Roswitha Boppeler des Wegs. „Es hat schon etwas
überhand genommen mit den Krähen, dass sie das jetzt mit einer Drohne
versuchen, klingt vielleicht ein wenig verrückt“, merkt sie an. „Aber man
soll nichts unversucht lassen.“ Eine andere Frau mit Kinderwagen stimmt ihr
zu. „Dass sie sie nicht abschießen oder vergiften, finde ich gut!“
Alleine: ob es was bringt? Der Falkner Johann Mang hat seine Zweifel. Er
sorgt nicht weit vom Kemptener Stadtpark entfernt, rund 40 Kilometer
nördlich am Allgäu-Airport, mit seinen Wanderfalken Elli und Gaya dafür,
dass an dem kleinen und höchstgelegenen Verkehrsflughafen Deutschlands die
Krähen vor den Starts und Landungen vertrieben werden und das seit sechs
Jahren. „Wenn es in Kempten mit der Drohne nicht klappt, weil die Krähen
halt so superschlau sind, können sie noch immer echte Falken einsetzen“,
meint der Ranger mit dem Messer im Gurt und dem Falken auf dem Arm.
Aber nur nicht zu früh freuen. In Kanada soll mal vor Monaten ein Mann
recht erfolgreich mit einer Drohne einer Gänseplage an einem See Herr
geworden sein. Nichts ist unmöglich!
19 Feb 2014
## AUTOREN
Klaus Wittmann
## TAGS
Drohnen
Allgäu
Kommunalwahlen
Leben
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