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# taz.de -- Charité gibt Gebeine zurück: Späte Heimkehr nach Namibia
> In der Charité wurden menschliche Knochen an eine namibische Delegation
> übergeben. Sie waren von den Deutschen für rassistische Forschung geraubt
> worden.
Bild: Schädel im Fokus: Bei der Übergabe von Gebeinen im Jahr 2011.
Die Schädel und Knochen liegen in Pappboxen, von der namibischen Flagge
bedeckt. Es sind die Gebeine von 21 Menschen, die während der Kolonialzeit
von den Deutschen geraubt wurden. Das Motiv: rassistisch motivierte
Forschung. Am Mittwoch wurden sie von der Charité, wo sie gelagert hatten,
während einer Zeremonie dem namibischen Nationalmuseum übergeben.
Zwar ist die Charité die erste deutsche Einrichtung, die die „Human
Remains“, so der Fachausdruck, an Namibia zurückgegeben hat. Doch die
Gebeine der zwölf Frauen, sieben Männer und zwei Kinder sind nur ein
kleiner Teil von dem, was noch immer in Deutschland lagert. 2004 hatte das
Medizinhistorische Museum der Charité Knochen von rund 6.000 Menschen aus
einer Sammlung übernommen und schenkte den größten Teil der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz. Die Charité behielt die Gebeine von etwa 250
Menschen, für die es bereits Rückgabeforderungen gab – unter anderem aus
Namibia.
„Lasst uns unseren Kindern beibringen“, sagt der namibische Kulturminister
Jerry Ekandjo „dass Rassismus böse ist in all seinen Facetten“. Er fordert,
„Licht in dieses dunkle Kapitel zu bringen“, und spielt damit auf die
Kolonialzeit an, die in Deutschland bis heute nicht richtig aufgearbeitet
wurde. Das Publikum klopft zustimmend. Neben der namibischen Delegation aus
Politik, Gesellschaft und Medien sitzen Vertreter von NGOs in den Rängen
des Anatomiehörsaals.
Als der deutsche Botschafter Egon Kochanke spricht, halten sie Plakate
hoch, fordern „Entschuldigung sofort“ und „Keine Amnestie für den Genozi…
Denn fünf der Menschen starben bei den Massakern deutscher Truppen zwischen
1904 und 1908 in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, der heutigen
Republik Namibia.
## Wenigstens spricht der Botschafter Englisch
„Auch wenn es für uns in Deutschland sehr lange her scheint“, sagt
Botschafter Kochanke, „bewegt es die Menschen in Namibia noch heute“. Das
Wort „Entschuldigung“ kommt ihm nicht über die Lippen. Aber wenigstens
spricht er Englisch.
Denn bereits 2011 wurden Gebeine an Namibia übergeben. Die damalige
Staatsministerin des Auswärtigen Amtes, Cornelia Pieper (FDP), sprach – auf
Deutsch. Das Publikum unterbrach sie, verlangte eine Entschuldigung.
„Deutschland ist das Land der freien Rede“, antwortete Pieper, „und wenn
Sie sich meine Rede geduldig bis zum Ende anhören, werden Sie sicher auch
noch Worte der Versöhnung hören.“ Doch die blieben aus. Stattdessen lobte
Pieper die Beziehung zwischen Namibia und Deutschland und sagte, die größte
Gruppe von Touristen in Namibia seien Deutsche. Die angereiste Delegation
reagierte empört. Der damalige Afrikabeauftragte im Auswärtigen Amt
versprach, künftige Übergaben sollten würdevoller ablaufen.
Doch auch die Planung der Zeremonie vom Mittwoch lief nicht glatt: Die
Übergabe, die erst für April angesetzt worden war, wurde vorverlegt. Sowohl
Opferverbände als auch NGOs hätten erst kurzfristig Bescheid erhalten,
kritisiert Israel Kaunatjike vom NGO-Bündnis „Völkermord verjährt nicht“.
So sei den Nachkommen die Anreise erschwert worden. Zudem war die
Veranstaltung nicht öffentlich angesetzt. NGOs und Journalisten durften
jedoch nachträglich hinein.
5 Mar 2014
## AUTOREN
Svenja Bednarczyk
## TAGS
Deutscher Kolonialismus
Berlin
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