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# taz.de -- Inneres Pro & Contra zu Uli Hoeneß: In den Knast! Oder doch nicht?
> Für Bayern-München-Fans sind es schwere Tage: Sorge um den
> Vereinspräsidenten versus Gerechtigkeitsempfinden. Unser Autor kann sich
> nicht entscheiden.
Bild: Zumindest der hier hat sich festgelegt.
INS GEFÄNGNIS! Als im Mai 2013 der VfB Stuttgart besiegt, der DFB-Pokal
gewonnen und das Triple erreicht war, kamen sie wieder, diese Sprechchöre:
„Uuuli Hoeneß, Uuuli Hoeneß, Uuuli Hoeneß – Du bist der beste Mann!“ D…
Leute um mich herum wandten ihre Leiber und Blicke zur Ehrentribüne, und da
stand er, dem sie huldigten: der Steuerhinterzieher Ulrich H.
Er schaute im riesigen Berliner Olympiastadion vom Balkon hinab und genoss
die Bekundungen seines Volks. Auch ich bin Teil dieses Volks. Auch ich
hatte an diesem Abend ein rotes Trikot an. Auch ich hatte drei Titel
errungen. Trotzdem bin ich in diesem Moment gegangen. Ich konnte und wollte
diesem feisten Mann nicht auch noch meine Liebe bekunden. Es brauchte ein,
zwei, drei Bier, um den Sieg auf der einen und die Scham auf der anderen
Seite in Einklang zu bringen.
Mein Verein ist mehr als dieser Mann, sage ich seitdem immer wieder zu mir
selbst. Er ist die glorreichen 70er, er ist ein 1:2 in Barcelona, er ist
ein Meister-der-Herzen-Macher, er ist ein Oliver Kahn mit wallender Mähne
in Mailand, er ist Chelsea-Trauma und London-Traum. Mein Verein hat Fans,
die sich gegen Homohass, gegen Antisemitismus und für das Gedenken an Kurt
Landauer einsetzen. Und ausgerechnet dieser Klub hat einen
Steuerhinterzieher zum Präsidenten?
Das lässt sich ändern. Wenn Hoeneß zu einer Haftstrafe verurteilt wird,
erübrigt sich auch seine Ankündigung, dass die Mitglieder – also jene, die
ihn auf der letzten Hauptversammlung wieder als „besten Mann“ besangen –
über seine Zukunft als Präsident abstimmen dürften. Dann ist er einfach
weg.
Obwohl mir dann doch etwas fehlen wird: die Gesänge der gegnerischen Fans.
„Hoeneß in den Knast! Hoeneß in den Knast!“ Das habe ich immer gerne
mitgesungen. Auch beim Pokalfinale. Ganz ohne Scham.
LASST IHN LEBEN! Ein bisschen Angst hab ich schon, dass nach 3,5 – 18,5 –
27 am Donnerstag diese Zahlenreihe mit der letzten Ziffer vervollständigt
wird: der Zellennummer des Verurteilten Ulrich Hoeneß. Na gut, vielleicht
kommt dazwischen noch eine 45 oder eine 62,3. Aber welchen Unterschied
macht das noch? Mein Klub ist dann eh kopflos, denn wer soll Hoeneß
ersetzen?
Und ich meine damit nicht, dass man einen holt, der alle Zahlen im
Überblick hat; und einen, der die Abteilung Attacke beherrscht; und einen,
der den Kümmerer gibt. Nein, ich meine einen Mann (oder eine Frau), der
(die) derart vollumfänglich für den FC Bayern steht wie der Uli. Denn -
machen wir uns nichts vor - Hoeneß, Manager seit 1979 und Präsident seit
2009, ist der Nukleus des FC Bayern. Und es ist niemand zu sehen, um den
zukünftig alles kreisen soll. Denn welche Alternativen gibt es?
Kalle Rummenigge etwa? Den Gedichte-Dieb? „Ich danke Dir, ich danke Dir
ganz toll“, lieber Kalle, aber: Danke, nein. Seinem scheidenden Präsidenten
Beckenbauer ein derart mieses und dann auch noch abgekupfertes Reimemonster
vorzutragen ist ja schlimmer als Steuerhinterziehung.
Matthias Sammer? Hör mir auf. Aufsichtsrat Edmund Stoiber? Ja … äääh …
nein. Oliver Kahn? So ein Quatsch. Mehmet Scholl? Guter Mann, aber ich
glaube nicht, dass er mit der nötigen Portion Rücksichtslosigkeit
ausgestattet ist.
Es ist zwar eine sehr einfältige Hörigkeit gegenüber dem einen starken
Anführer, aber: Der FC Bayern braucht Uli Hoeneß. Einen Nachfolger wird es
nicht geben. Es kann gar keinen geben. Der Klub wird nicht Ende dieser
Woche untergehen, aber es kommt mir vor, als würde der FC Bayern ohne
Hoeneß seine Identität verlieren. Das ist schlimmer als ein titelloses
Fanleben.
Ich weiß: Hoeneß muss in den Knast. Ich fühle: Lasst Gnade vor Recht
ergehen. Bitte.
13 Mar 2014
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Uli Hoeneß
Steuerhinterziehung
Gefängnis
Prozess
Gericht
Urteil
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