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# taz.de -- Verurteilung von Ulrich Hoeneß: „Abteilungsleiter Attacke“ im …
> Das Urteil über den Vorsitzenden von FC Bayern München ist gesprochen.
> Die Reaktionen reichen von Zustimmung über Mitleid bis zu tiefgründiger
> Psychologie.
Bild: Stellen Sie sich vor, Sie wären Uli Hoeneß. Was würden Sie sagen?
MÜNCHEN dpa/afp/taz | Nachdem gegen den Vorsitzenden des Fußballclubs
Bayern-München eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren wegen
Steuerhinterziehung ausgesprochen wurde, reichen die Reaktionen in
Deutschland und der Welt von Zustimmung über Mitleid bis zu
Psychologisierungen. Auch an kreativen Vorschlägen zur Verbesserung des
deutschen Finanzsystems fehlt es nicht. Laut der Bild-Zeitung will der
Bayern-Chef sich selbst äußern und am Freitag eine Pressekonferenz geben.
Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, nannte das Urteil
„ausgewogen“. Es zeige klar, dass Steuerhinterziehung „kein
Kavaliersdelikt“ sei, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dass das
Strafmaß nicht höher ausfiel, sei offenbar der „Mitwirkung und Hilfe bei
der Aufklärung des Sachverhaltes, vielleicht auch der Spielsucht“ des
Managers von Bayern-München geschuldet.
Auch die Juristin Sylvia Schenk von der Antikorruptionsorganisation
Transparency International hält das Urteil gegen Uli Hoeneß für angemessen
und rechnet mit einem Rückzug von den Ämtern beim FC Bayern München. „Ich
kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er trotz seiner
Verurteilung im Amt bleiben kann. Seine Glaubwürdigkeit ist zu sehr
erschüttert“, sagte die ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher
Radfahrer der Rheinischen Post.
„Hoeneß hat sich bis zum Schluss als unantastbar gesehen. Da hat er wohl
nicht ganz in der Realität gelebt. Es ist so, dass viele Funktionäre so eng
mit ihrer Aufgabe verbunden sind, dass sie einfach nicht loslassen können“,
sagte Schenk.
## „Eine gefährliche Schieflage“
Die Grünen-Politikerin Claudia Roth nutzt den Fall, um über eine höhere
Besteuerung von Reichen nachzudenken. Sie sagte derselben Zeitung: „Wenn
eine einzelne Person über eine solche Menge Spielgeld verfügen kann, wie
sie sonst eigentlich nur Staaten oder großen Konzernen zur Verfügung steht,
dann gibt es eine gefährliche Schieflage.“
Der Fall Hoeneß offenbare, dass mit dem deutschen Finanzsystem einiges im
Argen liege. Gerade dort, wo Vermögen „so ungleich verteilt“ seien wie in
Deutschland, müsse „über eine stärkere Heranziehung privaten Reichtums“
mithilfe einer „Erhöhung der Abgaben“ geredet werden, forderte die
Vizepräsidentin des Bundestags.
Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Konsequenzen aus
dem Urteil gegen den FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß wegen massiven
Steuerbetrugs gefordert, die sich auch auf das Bankengeschäft in der
Schweiz beziehen. Dass Millionen-Gewinne aus Spekulationsgeschäften in die
Schweiz verschoben und nicht versteuert würden, sei zu einem regelrechten
Geschäftsmodell geworden. Die Schweizer Banken müssten deshalb gezwungen
werden, „alles offen zu legen“, sagte der Minister der Passauer Neuen
Presse.
## Ein Absturz
Noch besser fände es der SPD-Chef, wenn „einige der Bankvorstände, die
derartige Beihilfe zur millionenfachen Steuerhinterziehung leisten, genauso
vor Gericht stehen würden“.
Die Schweizer Zeitung Tages-Anzeiger übt ebenfalls Kritik an den Schweizer
Banken. Sie urteilt: „Und schließlich saß auch die Schweiz virtuell mit auf
der Anklagebank. Ein Investmentbanker bei Vontobel hatte geholfen, das
steuerfreie Zockermodell umzusetzen, und war dafür seit 2001 in
Dauerkontakt mit dem Steuersünder gestanden.“
Im Nachbarland Österreich sieht man die Verurteilung von Uli Hoeneß als ein
unabwendbares Naturgesetz an. Der Standard kommentiert: „Das für viele
Undenkbare ist passiert: Uli Hoeneß ist auf dem Weg ins Gefängnis. Es ist
ein Absturz, wie man ihn in Deutschland in dieser Form noch nicht gesehen
hat.“
„Hoeneß hat jahrelang den besserwisserischen Moralapostel gegeben, hat
ausgeteilt und dabei immer vermittelt, seine Sichtweise sei das Maß aller
Dinge. Dass gerade dann ein Fehlverhalten Beachtung findet, ist quasi
Naturgesetz.“
## Rummel und Sensationslust
Dass auch von Seiten des Aufsichtsrats keine Unterstützung mehr für den
Bayern-Chef kommen kann, erkennt die niederländischen Zeitung de
Volkskrant: „Doch wie immer dieses Verfahren ausgehen mag, eines scheint
sicher: Beim FC Bayern München kann „der Macher“ nach der jetzigen
Verurteilung nicht mehr bleiben. Im Aufsichtsrat des Clubs sitzen Männer
aus den höchsten Kreisen des Wirtschaftslebens - Volkswagen, Audi, Telekom,
Adidas. Manager, deren Konzerne im Ruf der Rechtschaffenheit stehen.
VW-Boss Martin Winterkorn würde sich lächerlich machen, sollte er nun immer
noch die Hand über Hoeneß halten.“
Es gibt aber auch Personen, die durchaus noch zu Uli Hoeneß halten. Aus dem
Fußball erhielt Hoeneß indes viel Zuspruch. „Die großen Verdienste von Uli
Hoeneß für Bayern München und den gesamten deutschen Fußball bleiben
unabhängig von diesem Prozess bestehen“, erklärte DFB-Präsident Wolfgang
Niersbach.
Und auch die Braunschweiger Zeitung springt für den Steuersünder in die
Bresche: „Wenn nun nach diesem Urteil, so überzeugend es auch in der Sache
ist, kübelweise Häme über dem Menschen Hoeneß ausgeschüttet würde, dann
würde das kein gutes Licht auf diese Gesellschaft werfen. Gut, zimperlich
war auch Hoeneß nie. Aber auf jemanden einzuschlagen, der am Boden liegt -
auf dieses Niveau hat sich auch der „Abteilungsleiter Attacke“ des FC
Bayern nie begeben.“
Die Börsen-Zeitung befindet hingegen, dass man sich gerade im Sport nicht
über über Sensationslust und Spektakelfreude wundern muss: „Hinterfragen
müssen sich auch jene, die den Medienhype kritisieren bzw. sich - wie der
Chef des Bayern-München-Sponsors HypoVereinsbank, Theodor Weimer -
künstlich darüber erregen, mit welcher „Sensationslust“ diese Causa
„bespielt“ werde.
Wer wenn nicht die Fußballbranche und ihr Umfeld lebt denn von dem geradezu
bis zum Exzess gesteigerten Rummel und der Sensationslust und fördert
beides zum eigenen Nutzen? Und dann wundert man sich, wenn das Publikum
auch nach Sensationen wie einem beispiellosen Kriminalfall eines der
Hauptakteure giert? Auch das hat etwas von Realitätsverlust.“
14 Mar 2014
## TAGS
Fußball
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