# taz.de -- Der Schweizer Maler und Autor Giger: Begleitet vom eigens kreierten… | |
> Die Schweiz war Gastland auf der Buchmesse. Der Künstler H. R. Giger wird | |
> in Leipzig mit Ausstellung und Buch gewürdigt. | |
Bild: Mensch-Maschine von Giger auf einer Ausstellung 2011 | |
Der Auftritt der Schweiz beginnt in Leipzig schon in der Straßenbahn. Wer | |
mit der Linie 16 vom Hauptbahnhof zum Messegelände fährt, hört an jeder | |
Station komische Geräusche oder Zitate, die sich die Spoken-Word-Formation | |
„Bern ist überall“, der zum Beispiel Michael Stauffer oder Arno Camenisch | |
angehören, ausgedacht hat. Ein bisschen Verwunderung für zwischendurch. Die | |
Schweiz ist das Gastland der Buchmesse, präsentiert sich hier vor allem als | |
fröhliches Alpenland und tatsächlich mit roten Schweizer Banken, die aber | |
eher an die Alm als an Steuervorteile erinnern sollen. | |
„Wir sind die Schattenseite der Schweiz“, erklärt in Bezug auf die letzten | |
Volksabstimmungen Roger Liggenstorfer vom Nachtschattenverlag. In der | |
Hinterhof-Galerie Sansvoix im östlichen Zentrum Leipzigs steht er am ersten | |
Buchmessen-Abend und eröffnet die Ausstellung „Die visionäre Welt des | |
Malers und Autors H. R. Giger“. Giger, der vor allem durch die | |
Alien-Kreatur bekannt wurde, für deren Schaffung er 1980 den Oscar erhielt, | |
hat es persönlich nicht zur Buchmesse geschafft. Weil die Schlafwagen alle | |
ausgebucht waren, wie ein Mitarbeiter des Verlags erklärt. Und der Weg von | |
der Schweiz nach Leipzig für den 74-Jährigen sehr beschwerlich sei. | |
Nun werden seine Bilder – wenn auch nur Drucke und keine Originale – hier | |
ausgestellt, parallel dazu ist im Nachtschattenverlag gerade „H. R. Giger | |
and the Zeitgeist of the Twentieth Century“ erschienen, in dem der | |
Psychotherapeut Stanislav Grof „Betrachtungen aus der modernen | |
Bewusstseinsforschung“ anstellt. Und psychoanalytisch gibt es viel zu | |
betrachten in den düsteren Bildern von Mensch-Maschinen, auf denen | |
Schläuche zu Wirbelsäulen, Babyköpfe zu Schrotthaufen und Müllschlucker zur | |
Vaginas werden. | |
„Wie gestört ist dieser Mensch, dass er diese Bilder in seinem Kopf hat“, | |
fragt eine Ausstellungsbesucherin. Eine Antwort gibt die Ausstellung nicht, | |
dafür versucht sich ein Hörspiel, das im dunklen Keller abgespielt wird, | |
zumindest an Einblicken in die Gedankenwelt von Giger. Das Trauma der | |
Geburt ist immer wiederkehrendes Thema. „Giger betont die verschiedenen | |
Aspekte des qualvollen Zustands des Fötus, wenn er sich durch den | |
Geburtskanal kämpft“, schreibt auch Grof. | |
Er sieht in den Werken Gigers, der unter anderem auch | |
Dead-Kennedys-Plattencover oder Computerspiele designte, vor allem eine | |
Reaktion auf und ein Festhalten an Industriekultur und technischem | |
Fortschritt. „Ich kenne niemanden, der die seelische Befindlichkeit der | |
heutigen modernen Gesellschaft so treffend im Bild festhalten kann wie er“, | |
wird Oliver Stone an der Galerienwand zitiert. | |
Zum besseren Ertragen oder auch zum Berauschen an den Bildern bringt der | |
Nachtschattenverlag Giger zu Ehren die beiden Absinthe „Zeitgeist“ und | |
„Wolfsmilch“ heraus. Denn auch die „Grüne Fee“ wurde in der Schweiz | |
erfunden. An manchen Ecken der Buchmesse wird er sogar ausgeschenkt. | |
18 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Juliane Streich | |
## TAGS | |
Schweiß | |
Imperialismus | |
Kunst | |
spex | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Finale der Leipziger Buchmesse 2014: Diskurs, Herkunft und Tanz | |
Dreimal Leipzig, drei Debatten: Pankaj Mishra wettert gegen den | |
„rassisch-exklusiven Klub Europas“. E-Books haben es schwer. Und die | |
deutsche Literatur ist wohlauf. | |
Zukunft internationaler Ausstellungen: Die Macht des Wortes „Biennale“ | |
Das ZKM in Karlsruhe stellte jetzt das international so erfolgreiche | |
Ausstellungsformat der Kunstbiennale auf den Prüfstand . | |
Preise der Leipziger Buchmesse: Weltgeschichte im Kleinsten | |
Die Preisjury der Leipziger Buchmesse entschied sich für den Schriftsteller | |
Sasa Stanisic, den Übersetzer Robin Detje und den Essayisten Helmut Lethen. | |
Diedrich Diederichsen über Pop-Kultur: „Es gibt keinen Ursprung“ | |
Diedrich Diederichsen hat uns das Nachdenken über Pop beigebracht. Sein | |
Buch „Über Pop-Musik“ ist für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. | |
Leipziger Buchpreis für Pankaj Mishra: Der globalisierte Intellektuelle | |
„Auf den Ruinen des Empires“ heißt das jüngste Werk des indischen Autors | |
Pankaj Mishra. Dafür wird er jetzt auf der Leipziger Buchmesse | |
ausgezeichnet. |