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# taz.de -- Die Wahrheit: Aktion 80plus
> Soziale Antworten: Der demografische Wandel beschert Rentnern unangenehme
> Hausbesuche, denn Luxus muss bezahlt werden.
Bild: Bitte zugreifen, die Alten haben's ja
Es klingelt. Rentner Hofer öffnet.
Guten Tag, Herr Hofer, Kübel ist mein Name. Ich komme von der
Stadtverwaltung. Ich gratuliere Ihnen nachträglich herzlich zum achtzigsten
Geburtstag.
Nein, dass die Stadt eine so reizende Dame schickt, um mir alten Zausel zu
gratulieren. Kommen Sie rein. Setzen Sie sich.
Nun ja, ich bin Ihre Konsum-Controllerin.
Bitte, meine was?
Ihre Konsum-Controllerin. Wie gesagt, Sie sind ja jetzt 80 Jahre alt, und
da unterliegen Sie … Haben Sie unser Schreiben denn nicht gelesen?
Wissen Sie, ich erwarte ja keine Post mehr.
Nun, wir haben Ihnen jedenfalls mitgeteilt, dass Sie ab dem 80. Lebensjahr
pro Monat einen bestimmten Konsum nachweisen müssen. Wir nennen das Konsum
80plus.
Konsum 80plus?
Richtig, Herr Hofer, Konsum 80plus. Man hat statistisch festgestellt, dass
Seniorinnen und Senioren nur noch wenig konsumieren. Zu wenig. Sehen Sie
mal: Die Gesellschaft, also wir alle, sorgen doch dafür, dass Sie
sorgenfrei ihr Alter genießen können. Da müssen Sie halt ein bisschen
mithelfen, nicht wahr?
Und was heißt das?
Laut meiner Liste hier beträgt Ihr Konsum-Sollbetrag monatlich 200 Euro.
Sie müssen also jeden Monat für 200 Euro einkaufen. Über Ihren
unmittelbaren Bedarf hinaus!
200 Euro?
200 Euro. Und wir werden das monatlich überprüfen.
Sie kommen jetzt monatlich?
So ist es, Herr Hofer. Bitte bewahren Sie alle Quittungen auf, als
Nachweis. Wir sehen uns dann am 19. April wieder. Und, Herr Hofer, schaffen
Sie sich was Vernünftiges an. Zum Beispiel einen schönen Rollator.
Einen Rollator? Aber ich bin doch noch gut zu Fuß.
Noch, Herr Hofer, noch. Aber wir sollten doch nach vorne blicken, oder?
Einen schönen Tag noch!
Es klingelt. Hofer öffnet.
Guten Tag, Herr Hofer. Matschuk ist mein Name. Ich gratuliere Ihnen
nachträglich zum achtzigsten Geburtstag.
Danke. Eben war schon eine Dame da …
Natürlich. Wenn man so ein solches Alter erreicht, kommen eine Menge Leute.
Ich komme vom Finanzamt … Unser Schreiben haben Sie gelesen?
Wissen Sie, ich erwarte ja keine Post.
Ah ja. Also: Das Finanzamt hat Ihnen mitgeteilt, dass Sie von Ihrem
achtzigsten Geburtstag an pro Monat 50 Euro Luxussteuer abführen müssen.
Luxussteuer?
Luxussteuer. Erleben Sie es denn nicht als Luxus, über achtzig Jahre zu
sein, bei bester Gesundheit und – verzeihen Sie – auf Kosten der
Gemeinschaft?
Doch, aber …
Sehen Sie, und deshalb wird jetzt die Luxussteuer 80plus fällig. Sie können
den Betrag monatlich oder halbjährig abführen. Aber nicht vergessen. Sonst
müssen wir Ihr Konto pfänden. Und das wollen Sie ja sicher nicht. Ich muss
jetzt weiter. Schönen Tag noch, Herr Hofer!
Es klingelt. Hofer öffnet.
Schönen guten Tag, Herr Hofer, Werner ist mein Name. Ich gratuliere Ihnen
nachträglich ganz ganz herzlich zum achtzigsten Geburtstag.
Guten Tag. Sie wollen mir sicher auch eine Rechnung präsentieren.
Nein, nein, Herr Hofer. Nein, ich bringe Ihnen Blumen und eine gute
Nachricht …
Sie haben mir sicher auch einen Brief geschickt.
Aber nein, Herr Hofer, wo denken Sie denn hin. Wissen Sie, die meisten
älteren Herrschaften erwarten ja gar keine Post mehr … Nein, ich bin
persönlich gekommen, um Ihnen zu gratulieren. Ich komme von der AOK, Ihrer
Gesundheitskasse!
Aber meine Beiträge hab immer pünktlich …
Aber ja – und dazu möchte ich Ihnen gratulieren! Und zu 58 Jahren
Mitgliedschaft.
58 Jahre schon? Das ist ja fast eine Ewigkeit.
So ist es, Herr Hofer. Und da möchte sich Ihre AOK einmal ganz persönlich
bei Ihnen bedanken! Zunächst einmal mit diesem herrlichen Blumenstrauß. Und
hier habe ich Ihre Versicherungspolice.
Meine Versicherungspolice?
Ja, Ihre Versicherungspolice. Wir kündigen pünktlich zum Achtzigsten Ihren
Vertrag. Das machen wir grundsätzlich so. Wir nennen das Aktion 80plus. Sie
als Senior haben ja jetzt viele andere Ausgaben: Da sollten Sie Ihren
Krankenkassenbeitrag doch einsparen können, nicht wahr?
Und wenn ich nun krank werde?
Das dürfen Sie gar nicht denken, lieber Herr Hofer. Sie sind doch noch
topfit. Das sieht man doch. Also, wenn ich in Ihrem Alter noch so fit wäre
…
Aber ich habe doch Arthrose und mein Herz …
Na, sehen Sie, lieber Herr Hofer. So, jetzt will ich Sie aber nicht länger
stören! Einen schönen Tag noch und weiterhin alles Gute. Vor allem:
Gesundheit! Tschüss, Herr Hofer.
18 Mar 2014
## AUTOREN
Klaus Pawlowski
## TAGS
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Das wird jetzt nach und nach bekannt,... seit man beim Bad-Bank-Gründeln...
ganz plötzlich die Milliarden fand... in schlecht sortierten Bündeln.
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