# taz.de -- Gesundheit nach Kalender: Buhlen um Patienten | |
> Das Uni-Klinikum und die private Sana-Klinik in Lübeck streiten darüber, | |
> wer Schlaganfallpatienten im Notfall zuerst versorgen darf. Bisher | |
> entschied der Wochentag. | |
Bild: Will Schlaganfallpatienten nicht mit dem Sana-Konzern teilen: Notaufnahme… | |
KIEL taz | Ob der Rettungswagen Patienten in die Notaufnahme des | |
Universitätsklinikum (UKSH) oder in die Sana-Klinik fährt, ist in Lübeck | |
bisher vom Datum abhängig: Gerade Tage sind die Sana-Tage und an ungeraden | |
übernimmt die Uniklinik die Erstversorgung. UKSH-Sprecher Oliver Grieve mag | |
nicht bewerten, ob das vernünftig ist oder nicht. „Das ist Tradition“, sagt | |
er. Jetzt aber gilt für Schlaganfall-Patienten in Lübeck eine neue Regel. | |
Nach monatelangem Streit darüber, welche der beiden Kliniken die | |
Schlaganfallpatienten betreuen darf, hat die Stadt jetzt verfügt, dass das | |
nähere Krankenhaus angefahren wird. Im Zweifel sollen die Rettungssanitäter | |
entscheiden. Was sich sinnvoll anhört, hält Grieve für „russisches Roulette | |
auf Kosten der Patienten“. Denn besonders schwere Fälle könne die | |
privatwirtschaftliche Sana-Klinik nicht ausreichend behandeln. Müssten | |
Patienten dann doch verlegt werden, kämen sie nicht mehr schnell genug in | |
das UKSH, sagtt Grieve. | |
Sana-Sprecherin Sybille Beringer bittet nach einem längeren Telefonat, sie | |
nicht zu zitieren. Stattdessen schickt sie eine schriftliche Stellungnahme, | |
in der der Klinik-Konzern um Vertrauen wirbt: Für „95 Prozent der | |
Schlaganfallpatienten“ sei die Klinik „bestens aufgestellt“. Die übrigen | |
fünf Prozent werden ins UKSH verlegt. „Patienten brauchen keine Bedenken | |
haben“, heißt es. | |
Sana wünsche sich weiterhin eine Zusammenarbeit und bedaure, dass die | |
Uni-Klinik die Kooperationsvereinbarung nicht unterzeichne, mit der | |
Schlaganfallpatienten weiterhin nach Datum verteilt worden wären. Die | |
Uni-Klinik will den Erstzugriff auf alle Patienten – und argumentiert auch | |
mit den Kosten, die durch zwei hoch technisierte Abteilungen in wenigen | |
hundert Metern Luftlinie entstehen. | |
Das Land Schleswig-Holstein sei für die Verteilung der Patienten nicht | |
zuständig, sagt Christian Kohl, Sprecher des Gesundheitsministeriums, das | |
die neurologische Station in der Sana-Klinik genehmigt hat. „Es lag ein | |
Antrag von Sana vor und Experten haben den Mehrbedarf an Betten | |
festgestellt“, sagt Kohl. Er verweist auf die Stiftung Deutsche | |
Schlaganfall-Hilfe mit Sitz in Gütersloh, die die Einrichtung der Stroke | |
Unit begrüßte – was wenig heißt, da die Stiftung bundesweit alle neuen | |
Schlaganfall-Zentren lobt. | |
Dennoch bleibt die Frage, ob das UKSH einen Bedarf übersehen hat. Nein, | |
sagt Grieve: „Erstens bezweifeln wir, dass es diesen Mehrbedarf tatsächlich | |
gibt. Zweitens würden wir vom Ministerium erwarten, dass es ordnend | |
eingreift, wenn eine Lücke entsteht.“ Das defizitäre, landeseigene UKSH | |
hätte gern selbst die Bettenzahl erhöht und sieht sich im Recht. „Es geht | |
doch nicht um Discounter, die sich gegenseitig verdrängen, sondern um | |
Gesundheit“, sagt Grieve. | |
Der Lübecker Innensenator Bernd Möller (Grüne) mahnt zur Gelassenheit: | |
„Eine dringende Notlage ist nicht zu erkennen.“ Engpässe in der Versorgung | |
„sind uns nicht angezeigt worden“. Und die Entscheidung, wer in welcher | |
Klinik lande, treffe der Rettungsdienst allein nach Vorschriften und | |
Patientenwohl. | |
4 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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