# taz.de -- Rettungsdienste: Streit in der Notaufnahme | |
> Ein Lübecker Krankenhaus soll sich gegen die Aufnahme zweier alter | |
> Patientinnen gesträubt haben. Später starb eine von ihnen dort. | |
Bild: Wohin mit dem Patienten? In Lübeck durften die Rettungsdienste acht Stun… | |
HAMBURG taz | Der Vorwurf wiegt schwer: Die Notaufnahme der Sana-Klinik in | |
Lübeck soll sich gegen die Aufnahme zweier über 90 Jahre alter | |
Intensivpatientinnen gesträubt haben. Erst nach einigen Diskussionen mit | |
dem Rettungsdienst sollen sie aufgenommen worden sein. Doch damit nicht | |
genug: Auch dem Hinweis eines Notarztes, dass eine der Damen künstlich | |
beatmet werden müsse, soll nicht nachgekommen worden sein. Das behauptet | |
der Lübecker Rettungsdienst, der von der dortigen Feuerwehr organisiert | |
wird. Wenig später starb die Frau. | |
Daraufhin sprach die Leitung der Berufsfeuerwehr Lübeck die Verfügung an | |
alle Rettungsdienste aus, keine Intensivpatienten mehr in die Sana-Klinik | |
zu fahren. Die Lübecker Nachrichten (LN) zitieren aus der Anordnung: „Aus | |
gegebener Veranlassung ist von einer Beförderung intensivpflichtiger | |
Patienten in die Sana-Kliniken Lübeck abzusehen.“ Nach einem Gespräch mit | |
dem Klinikum nimmt die Feuerwehr die Anweisung wieder zurück – acht Stunden | |
nach dem Ausspruch. Die Todesursache der Frau soll nun in einer Obduktion | |
geklärt werden. | |
Der stellvertretende Chef der Berufsfeuerwehr, Bernd Neumann, will den Fall | |
nicht weiter kommentieren und sagt nur: „Das wird nun von Polizei und | |
Staatsanwaltschaft überprüft.“ | |
Klinik-Chef Klaus Abel hingegen wies sämtliche Vorwürfe zurück. „Kein | |
Patient wird abgewiesen“, teilte er in einer Stellungnahme mit. Alle | |
Vorwürfe seien zudem mit den Beteiligten ausgeräumt. „Eine interne | |
Fallprüfung hat ergeben, dass es hier zu keinem Fehlverhalten gekommen | |
ist.“ Auch den Vorwurf der mangelnden Versorgung der alten Dame bestritt | |
Abel vehement: „Die Behandlung aller Patientinnen und Patienten erfolgt | |
stets nach den höchsten medizinischen Standards.“ Alle anderen Behauptungen | |
zu diesem Fall seien falsch. | |
Marco König vom Deutschen Berufsverband Rettungsdienst hält den | |
Anfahrtsstopp der Feuerwehr in Lübeck für überzogen. „Das ist für mich | |
nicht nachvollziehbar, ohne dass alle Parteien dazu angehört wurden“, sagt | |
er. „Mir ist nicht bekannt, dass die Versorgung zu irgendeinem Zeitpunkt | |
nicht gewährleistet war.“ Krankenhäuser seien grundsätzlich verpflichtet, | |
jeden Patienten zumindest bis zur Stabilisierung zu versorgen. „Manchmal | |
sind die Notaufnahmen aber auch einfach überlastet.“ Auch der | |
stellvertretende Feuerwehrchef Neumann bestätigt allgemein, dass „im | |
Gesundheitssystem die Notfall-Kapazitäten runtergefahren werden“. Das sei | |
allerorts so, und betreffe auch die Rettungsdienste. | |
Ingo Schaffenberg (SPD), Lübecker Bürgerschaftsabgeordneter, wies | |
angesichts des Vorfalls auf die finanziellen Probleme des Krankenhauses | |
hin. „Es kann nicht sein, dass Menschen darunter leiden, dass die | |
Sana-Klinik seit Jahren unter Finanzdruck steht“, sagt er den LN. | |
Klinikleiter Abel verbat sich hingegen ausdrücklich einen | |
Kausalzusammenhang zwischen wirtschaftlichen Zwängen und medizinischer | |
Versorgung. | |
Am kommenden Mittwoch soll es nun ein klärendes Treffen zwischen Feuerwehr | |
und Krankenhaus geben. Erst nach dem Gespräch und den | |
Polizei-Untersuchungen will die Lübecker Stadtverwaltung offiziell Stellung | |
beziehen – sie ist für den Rettungsdienst verantwortlich. „Wir warten das | |
Gespräch zwischen der Feuerwehr und dem Krankenhaus sowie die polizeilichen | |
Ermittlungen ab, erst dann bilden wir uns eine offizielle Meinung“, sagte | |
Wirtschafts und Sozialsenator Sven Schindler (SPD) der taz. | |
8 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Knaack | |
## TAGS | |
Lübeck | |
Patientensicherheit | |
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