# taz.de -- Hamburger Lokalteil der "Zeit": Auf dem Trockenen | |
> Die erste "Zeit Hamburg" wirft schwere Fragen auf: Zum globalen | |
> Standortwettbewerb, zur Hamburger Selbstzufriedenheit. Muss man sich | |
> Sorgen machen? | |
Bild: Findet, Hamburg könnte noch besser sein: Zeit-Chefredakteur Giovanni di … | |
HAMBURG taz | Am Dienstag ließ Die Zeit es krachen, weil sie ein Kind | |
geboren hat. Einen Auswüchsling. Den neuen Hamburg-Teil. Das ist in Zeiten | |
sterbender Printmedien ein echter Grund zum Feiern. Das ist mutig und das | |
macht uns Hoffnung und natürlich ehrt uns Hamburger das auch, dass wir | |
unsere eigenen Seiten kriegen. Mich ehrt es auch ein bisschen mit, deshalb | |
kaufe ich mir die Zeit und pule meinen Teil raus und sehe einen riesigen | |
Schwan, der auf der goldenen Sonnenaufgangsalster schwimmt. Das ist witzig. | |
Das gefällt mir. | |
Unter dem Schwan begrüßt uns Herr di Lorenzo, er erklärt uns, dass wir | |
Hamburger zwar zufrieden, aber dafür weniger neugierig wären als die | |
Menschen anderswo. Auf Seite drei zeigt Jan Delay uns ein Fratzengesicht | |
und wir erfahren, dass Moritz von Uslar zwar alles, was Jan Delay auf | |
seiner neuen Platte macht, normalerweise ablehnen würde, aber konkret | |
findet er es ganz abgefahren, sogar großartig. Schweinerockhymnen sind | |
sonst zwar nicht cool, aber jetzt aber doch. | |
Nach Jan Delay sehen wir zwei ältere Herren, die stehen sich auf einem Steg | |
gegenüber, in schwarzen Schuhen, in schwarzen Anzügen und weißen Hemden. | |
Der eine heißt Klaus von Dohnanyi der andere Ole von Beust. Sie stehen sich | |
gegenüber, sie gucken ernst, Herr Dohnanyi die geöffnete Hand | |
gestikulierend in Brusthöhe haltend, als wollte er zweifelnd fragen: „Wo | |
ist der weitschauende Bürgergeist, der diese Stadt einst so mächtig | |
getragen hat?“ Das fragt er dann auch, in seinem Text. | |
Herr von Beust dagegen drückt die Faust an seine Brust. Ein Zeichen der | |
Verbitterung? „Wir sind ein großes Baden-Baden des Nordens“, meint er. Das | |
ist hart. Und so lesen wir bestürzt zwei Zustandsbeschreibungen unserer | |
schönen, armen Stadt, die langsam oder auch schnell an der Bedeutung | |
verliert, die sie mal irgendwann nach dem ersten Weltkrieg gehabt haben | |
soll. Herr Dohnanyi denkt gerührt an die Zeiten zurück, da der Hamburger | |
noch den Stolz in sich hatte, „den Stolz großer Unternehmer, die sich als | |
Kaufleute, Reeder und Bankiers die Welt zu eigen machen wollten“. | |
Was ist davon geblieben? „Hamburg hat das deutsche Tor zur Welt verloren | |
(…), und so sind wir nun auf das Festland zurückgeworfen, aber dort eben | |
nur Teil eines eben dünn besiedelten Nordeuropas.“ Schlimm. Wenn man sich | |
das erst mal bewusst macht. | |
Herr von Beust erinnert daran, wie viel er hätte durchsetzen können, als er | |
noch Bürgermeister war, wenn sich nicht immer wieder der Widerstand der | |
Bürger geregt hätte. Er sagt Sätze wie „Auch ich hatte nicht mehr die | |
Kraft, die Sache voranzubringen“, oder „Als im Zentrum der Stadt der | |
Domplatz bebaut werden sollte, und zwar nicht mit rotem Backstein, | |
formierte sich der Widerstand. Der Platz blieb leer.“ Traurig. | |
Was kann man tun? Sich an Berlin anhängen, sagt Herr von Beust. Nein, sagt | |
er nicht. Er sagt, wir sollten uns zusammentun, denn wir sind „zwei | |
Metropolen, die aus Weltsicht geografisch eins sind“. Nach den Herren folgt | |
noch ein Interview mit einer Hebamme, das übertitelt ist: „Ottensen wird | |
immer schlimmer.“ Das Interview ist interessant und polarisiert sicherlich. | |
Aber was ich mich jetzt, nach dieser ersten Ausgabe der Zeit Hamburg frage: | |
Wie schlimm steht es wirklich um unsere Stadt? Muss ich mir, müssen wir | |
alle uns ernsthaft Sorgen machen? | |
4 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Katrin Seddig | |
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