# taz.de -- Medizinische Versorgung für Illegalisierte: Die unsichtbaren Patie… | |
> Anlässlich des Weltgesundheitstags bekräftigt das Medibüro die Forderung | |
> nach Zugang zum Gesundheitssystem auch für Flüchtlinge und Papierlose. | |
Bild: Keine medizinische Versorgung für Papierlose: Aktivisten mit dem "unsich… | |
HAMBURG taz | Ein scheinbar leeres Krankenhausbett sorgte am Samstag in der | |
Innenstadt für Irritationen. „Krankheit hat keinen Aufenthaltsstatus“, | |
stand dort am Bettgitter. Der Patient, der durch die Shoppingmeile vors | |
Rathaus geschoben wurde, blieb unsichtbar. Er steht für einen von Tausenden | |
unsichtbaren Patienten in der Metropolregion, denen als Papierlose eine | |
medizinische Versorgung verwehrt bleibt. „Viele Tausende Menschen, die | |
schon viele Jahre hier leben und unsere Nachbarn sind, haben keinen Zugang | |
zum Gesundheitssystem, weil sie nicht regulär sozialversicherungspflichtig | |
arbeiten“, sagt Christiane Wiedemann, Beraterin vom Medibüro. | |
Zwar sei die Bundesrepublik 1976 dem UN-Sozialpakt beigetreten, der | |
„jedermann“ Zugang zu ärztlicher Behandlung zusichert, doch die Realität | |
sehe anders aus. So ist der von der Bundesregierung verabschiedete | |
sogenannte Nothelfer-Paragraf, der Papierlosen eine Notfallversorgung in | |
Krankenhäusern zusichert und bei dem das Sozialamt die Kosten erstattet, | |
vom Bundessozialgericht im Oktober gekippt worden. „Wir machen die | |
Erfahrung, dass Hilfe der Notaufnahme wieder schwieriger geworden ist“, so | |
Wiedemann. | |
Denn seitdem gehen die Krankenhäuser wieder dazu über, wegen des | |
Kostenrisikos die Daten von Notfallpatienten zu erfassen, um anschließend | |
die Leistungen als „Selbstzahler“ einfordern zu können. „Wir hatten gera… | |
einen aktuellen Fall, bei dem das Krankenhaus die Polizei zur | |
Personalienfeststellung gerufen hat“, berichtet Medibüro-Beraterin Millie | |
Schroeder. „Das ist verboten“, sagt sie. „So etwas führt dazu, dass viele | |
Hilfebedürftige die Notaufnahme viel zu spät aufsuchen.“ | |
Auch für Flüchtlinge, die sich einem Asylverfahren unterziehen und nach dem | |
Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf medizinische Versorgung haben, hat | |
sich laut Medibüro die Situation seit eineinhalb Jahren verschärft. | |
Asylbewerber müssen bis zu sieben Monate warten, bis sie eine | |
Versicherungskarte bekommen. „Diese Menschen sind ohne Gesundheitsschutz | |
und insbesondere für schwangere Frauen oder Traumatisierte ist das ein | |
Problem, denn sie können keine Fachärzte aufsuchen“, sagt Wiedemann. | |
Eine weitere Gruppe die zur Klientel des Medibüro gehören, sind Flüchtlinge | |
mit EU-Status wie die Lampedusa-Gruppe. Ihnen hatte Sozialsenator Detlef | |
Scheele (SPD) geraten, im Notfall den 112-Notruf zu wählen. „Dann bekommen | |
sie als erstes die Rechnung von der Feuerwehr“, sagt Wiedemann. Das gilt | |
auch für Flüchtlinge, die in Spanien oder Portugal gearbeitet und ihre Jobs | |
wegen der Finanzkrise verloren haben. Sie könnten zwar beim Sozialamt einen | |
Antrag auf einen Krankenschein stellen, doch die Behörde sei verpflichtet, | |
das der Ausländerbehörde zu melden, sagt Schroeder. „Es droht ihnen die | |
Abschiebung. Das führt dazu, dass sie im Krankheitsfall nicht zum Arzt oder | |
ins Krankenhaus gehen.“ | |
Jeder müsse „ein Recht auf Zugang zum Gesundheitssystem haben“, sagt der | |
Arzt Arne Cordua. Dabei böten sich Lösungskonzepte wie der „anonyme | |
Krankenschein“ an, womit die Politik „das Menschenrecht auf Gesundheit für | |
alle durchsetzen“ könnte. | |
## Demo zum Weltgesundheitstag: heute, 17 Uhr, Hachmannplatz | |
6 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
Kai von Appen | |
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Bremen | |
Abschiebung | |
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