# taz.de -- Kultusminister über Bildungsplan BaWü: „Eingeknickt ist niemand… | |
> Sexuelle Vielfalt wird an Schulen künftig verbindliches Thema, verspricht | |
> Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Aus seiner Sicht ist die Debatte nun | |
> versachlicht. | |
Bild: „Sexuelle Vielfalt ist nicht nur ein 'Kann-Thema'“, sagt Andreas Stoch | |
taz: Herr Stoch, ist Grün-Rot jetzt eingeknickt oder konnten Sie sich gegen | |
die Kritiker durchsetzen? | |
Das Arbeitspapier zur Akzeptanz von sexueller Vielfalt hat seit November | |
wahnsinnige Unterstellungen ausgelöst. Die Rede war sogar von Umerziehung | |
und Unterricht zur Sexualkunde. Seitdem argumentieren wir gegen das | |
Missverstehen an. Die Kirchen haben stets betont, dass sie das Thema | |
sinnvoll finden, aber dazu raten, es unter einen allgemeinen | |
Toleranzbegriff zu stellen. Wir haben uns nun in enger Absprache mit den | |
Lesben- und Schwulenverbänden dazu durchgerungen, das Thema in einen | |
größeren Kontext einzubinden. | |
Nämlich wie? | |
Im Bildungsplan wird es ein zusätzliches Leitprinzip geben, darin ist auch | |
die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt enthalten. Also: | |
Eingeknickt ist niemand. Wir haben dem gesellschaftlichen Furor nicht | |
nachgegeben, sondern das Thema eine Stufe höher gehoben. | |
Glauben Sie, dass die aufgeheizte Debatte in Baden-Württemberg mit der | |
Modifikation nun befriedet wird? | |
Das ist unsere Hoffnung. Die 600 Leute, die an manchen Tagen gegen | |
Pornographie im Unterricht demonstrieren, werden wir nicht befrieden. Das | |
will ich auch gar nicht, hier geht es im Grunde um eine Diskussion, ob | |
Homosexuelle vollwertige Menschen sind. Aber die Botschaft an die breite | |
Öffentlichkeit soll sein, dass wir die Debatte versachlichen. | |
Taucht der Begriff „sexuelle Vielfalt“ noch im Bildungsplan auf? | |
Noch gibt es den Bildungsplan ja gar nicht. Aber dort wird definitiv das | |
Thema der sexuellen Vielfalt und geschlechtlichen Akzeptanz aufgegriffen | |
werden. | |
Könnten Themen wie lesbische Partnerschaften nicht doch unter den Tisch | |
fallen, wenn „sexuelle Vielfalt“ unter einen allgemeinen Toleranzbegriff | |
fällt. | |
Nein. Lehrerinnen und Lehrer werden nicht sagen können, ich behandle im | |
Unterricht eher das bequeme Thema ethnische Diversität und lasse sexuelle | |
Vielfalt raus. Das Thema auch zu behandeln, wird verbindlich. Dafür will | |
ich sorgen. | |
Wie? | |
Wir werden jetzt bei der Kommission, die den Bildungsplan erstellt, | |
deutlich machen, dass sexuelle Vielfalt nicht nur ein „Kann-Thema“ ist, | |
sondern dass es auch in den fachlichen Inhalten zum Ausdruck kommen muss. | |
Wenn der Bildungsplan steht, wird es Lehrerfortbildungen geben und auch | |
dort wird das Thema angesprochen werden. Letztendlich haben Lehrerinnen | |
aber pädagogische Freiheiten. | |
Das heißt, Sie können nicht kontrollieren, ob geschlechtliche und sexuelle | |
Vielfalt im Unterricht tatsächlich angesprochen wird? | |
Also ehrlich, die Zeiten, wo der Schulrat kontrolliert, ob die Lehrerinnen | |
und Lehrer das machen, was der Staat vorgegeben hat, sind vorbei. | |
10 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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