# taz.de -- Drittes Geschlecht in Indien: Transgender gesetzlich anerkannt | |
> In Indien können sich Menschen künftig offiziell als transgender | |
> ausweisen. Transgender-Gemeinschaften sollen wie auch niedere Kasten | |
> staatliche Hilfen erhalten. | |
Bild: Sie alle können sich über das Urteil des obersten Gerichtshofs freuen | |
BERLIN taz | Indiens Oberstes Gericht hat am Dienstag erstmals explizit | |
eine dritte Geschlechtskategorie anerkannt. Alle Menschen, die sich als | |
Transgender definieren, sollen dies künftig in offiziellen Dokumenten | |
angeben können. Bislang musste sich, wer sich weder als Mann noch als Frau | |
fühlte, für eine der beiden Kategorien entscheiden. | |
„Die Anerkennung der Transgender als drittes Geschlecht ist keine soziale | |
oder medizinische Frage, sondern eine der Menschenrechte“, erklärte der | |
Vorsitzende Richter K. S. Radhakrishnan bei der Urteilsverkündung. | |
Transgender seien auch Bürger Indiens und müssten deshalb die gleichen | |
Rechte erhalten. Sie hätten Anspruch auf Quoten und Sozialprogramme, wie es | |
sie für niedere Kasten und andere benachteiligte Minderheiten gebe, | |
erklärte das Gericht. | |
Die Entscheidung widerspricht auf den ersten Blick einem Urteil desselben | |
Gerichts vom Dezember 2013. Damals erklärten die Richter Homosexualität | |
wieder für illegal, nachdem ein niederes Gericht in Delhi | |
gleichgeschlechtlichen Sexualverkehr erstmals 2009 legalisiert hatte. Nur | |
das Parlament könne dies tun, lautete das Berufungsurteil. | |
Jetzt erklärten die Richter, die Anerkennung von Transgender gelte nicht | |
für Schwule, Lesben und Bisexuelle. Doch lassen sich die Kategorien | |
überhaupt alle klar voneinander trennen oder sind die Grenzen nicht zum | |
Teil fließend, wie der Begriff queer zu berücksichtigen versucht? Die in | |
Indien als Hijra bezeichneten Personen, die neben Transgender auch | |
Transsexuelle, Eunuchen und Transvestiten einschließt, wird auf bis zu 4 | |
Millionen geschätzt. | |
## Geduldet, aber diskriminiert | |
Das jetzige Urteil geht auf eine Klage von Hijras um die Schauspielerin und | |
Aktivistin Laxmi Narayan Tripathi von 2012 zurück. „Heute bin ich zum | |
ersten Mal stolz, eine Inderin zu sein“, erklärte sie nach dem Urteil. | |
Es ist in der Tat für das moralisch konservative Indien ein großer | |
Fortschritt. Dabei hatte die Wahlkommission schon bei der Registrierung | |
2009 wie für die jetzt laufende Parlamentswahl die Möglichkeit angeboten, | |
beim Geschlecht statt „männlich“ oder „weiblich“ die Kategorie „ande… | |
anzugeben. Das machten 28.000 Personen. | |
Hijras sind fast ausschließlich Personen, die bei der Geburt männliche | |
Geschlechtsmerkmale hatten, zum Teil kastriert sind und sämtlich | |
Frauenkleider und weibliche Frisuren tragen. Hijras sind geduldet, werden | |
aber diskriminiert. Schon altindische Texte erwähnten ein drittes | |
Geschlecht. Hijra leben in eigenen Gemeinschaften um eine Meisterin (Guru) | |
und sind öffentlich präsent. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt meist | |
durch Tanz, Segnungen und Prostitution. Hijra wurden in Nepal schon 2007 | |
und in Pakistan 2011 als drittes Geschlecht anerkannt. | |
15 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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