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# taz.de -- Promotionsrecht für Fachhochschulen: Raus aus der Zweitklassigkeit
> Fachhochschulen kämpfen darum, Doktortitel verteilen zu dürfen. Bisher
> dürfen sie Doktoranden nur zusammen mit Universitäten betreuen.
Bild: Die Fachhochschulen wollen auch mal Doktorhüte verteilen.
BERLIN taz | Frank Müller wollte nach seinem Master an einer Universität
promovieren. Doch als er sich an mehreren Unis bewarb, stieß er auf
Vorbehalte. So wurde dem Betriebswirt angekreidet, dass er zuerst sein
Diplom an einer Fachhochschule gemacht hatte.
„Der Professor einer privaten Hochschule mit Promotionsrecht in Berlin hat
mich sofort unterbrochen als ich mein Studium an der Fachhochschule
erwähnte. „Da müssen Sie ja erst noch Lesen und Schreiben lernen“, sagte
er. Fachhochschulen und deren Absolventen seien in den Köpfen vieler
Uni-Professoren immer noch zweitklassig, beklagt Müller.
Dieses Image wollen die Fachhochschulen, die sich seit einigen Jahren
Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, kurz HAWs nennen, loswerden. Sie
wollen zeigen, dass sie forschungsstarke Professoren haben und kämpfen ums
Promotionsrecht. Die Universitäten halten dagegen: Sie fürchten um ihre
Hoheit und begründen den alleinigen Anspruch auf die Vergabe des
Doktorgrades, damit dass sie den HAWs in der Forschung überlegen seien.
Die Rollenverteilung im deutschen Hochschulsystem scheint klar: HAWs sind
für die Praxis zuständig, die Universitäten für die Theorie.
Promotionswillige Absolventen einer HAW müssen deshalb an die Universität.
Selbst wenn ein HAW-Professor die Arbeit betreut – der offizielle
Doktorvater oder die Doktormutter muss von der Universität kommen.
Zahlen aus den Jahren 2009 bis 2011 zeigen aber, dass Kooperationen
zwischen Universitäten und Fachhochschulen nicht die Regel sind: Bei
lediglich rund 200 von den 1.200 zur Promotion zugelassenen Studierenden
einer HAW wurde die Hochschule beteiligt, heißt es in einer Umfrage der
Hochschulrektorenkonferenz. Unter den Promovierten bilden HAW-Absolventen
eine Mini-Minderheit: von knapp 78.000 Doktorarbeiten, die zwischen 2009
und 2011 verteidigt wurden, stammt nur ein Prozent von Fachhochschülern.
## Schwarz-grün für Promotionsrecht
Diesem Trend wollen die HAWs etwas entgegensetzen und haben in einigen
Bundesländern bereits Erfolge. In Schleswig-Holstein sollen künftig
mindestens drei Fachhochschulprofessoren und ein Universitätsprofessor ein
Kolleg bilden können. Auf diese Weise können Doktoranden auch an einer
Fachhochschulen promovieren. Wobei die Doktormutter weiterhin von der
Universität gestellt wird. Auch Hessen will nachziehen: Im schwarz-grünen
Koalitionsvertrag ist sogar das eigenständige Promotionsrecht für HAWs als
Ziel formuliert.
Baden-Württembergs grün-rote Koaltion hat im März beschlossen, dass HAWs
das Promotionsrecht bekommen sollen. Und zwar über eine
Experimentierklausel im Landeshochschulgesetz. Renommierte
Fachhochschulprofessoren, die zu einem Thema forschen, sollen sich dabei
zusammentun.
Der Sprecher der HAWs in Baden-Württemberg, Bastian Kaiser, glaubt, dass
die Fachhochschulen in Zukunft selbst den Doktorgrad vergeben. „Wenn unsere
Professoren Promotionen betreuen, können wir im besten Fall unseren
Briefkopf auf die Promotion drücken“, sagt Kaiser optimistisch.
## Mehr Lehre an Fachhochschulen
„Ich halte das nicht für den richtigen Weg“, hält Horst Hippler dagegen. …
führt derzeit die Hochschulrektorenkonferenz, die sich als Stimme aller
Hochschulen begreift. Hippler, einst Präsident der Technischen Universität
Karlsruhe, schlägt sich jedoch auf die Seite der Unis. Er ist gegen das
Promotionsrecht für Fachhochschulen, weil sie dafür nicht ausgelegt seien.
„Deren Professor muss doppelt so viel lehren, wie ein
Universitätsprofessor.“
Der Universitätsprofessor habe außerdem mehr wissenschaftliche Mitarbeiter.
Hippler befürchtet, dass die Länder mit der Vergabe des Promotionsrechts an
die Fachhochschulen vor allem Sparziele verfolgen. „Es ist ein billiger Weg
für das Land, weil die Ausstattung der Professuren an Fachhochschulen
billiger ist.“ Dagegen befürworte er Promotionen in Kooperation von
Universität und Fachhochschule.
Die Promotionsurkunde, soll nach dem Willen der HRK weiterhin nur die
Universität unterschreiben.
Bei Frank Müller hat die Partnersuche in Deutschland nicht geklappt. Jetzt
skyped der Halbspanier mit einem Doktorvater im spanischen Oviedo und reist
regelmäßig an die dortige Universität. Im Moment lehrt Müller an der
Fachhochschule für Ökonomie und Management in Nürnberg. Um langfristig als
Dozent angestellt zu werden, braucht er einen Doktortitel. Sein Fazit: „Man
hat an einer FH angefangen, dann bleibt man FHler. Da helfen auch
1-Komma-Noten nichts, nur der Schritt ins Ausland.“
## Eineinhalb Jahre Suche für eine Stelle
Ali Hotait hingegen hat es geschafft – der Weg zur Uni-Promotion war für
den 36-Jährigen aber „langwierig und steinig“. Er hat an der Beuth
Hochschule für Technik in Berlin seinen Bachelor und Master im
Wirtschaftsingenieurswesen gemacht. Ein Professor betreute ihn beim
Schreiben seines Exposés und ermutigte ihn zur Suche nach einem
Uni-Doktorvater. 40 Bewerbungen schrieb Hotait in anderthalb Jahren. Darin
formulierte er auch das Angebot seiner Hochschule, mit der Universität
zusammenzuarbeiten. „Ich persönlich habe die Absagen auch als Absage an das
Kooperationsangebot gesehen.“
Endlich bekam Ali Hotait eine Zusage von der Universität Erfurt. Er fühlt
sich dort gut aufgehoben. Auch der Berliner Professor, der seine
Masterarbeit betreute, darf Zweitkorrektor bei der Promotion sein. Trotzdem
sagt Hotait: „Der Weg von der Fachhochschule an die Universität ist den
meisten Absolventen versperrt.“
HRK-Präsident Horst Hippler, hält die Durchlässigkeit für angemessen. Die
Universitäten müssten die Eignung der Bewerber sorgfältig prüfen. Dass
Absolventen von Fachhochschulen promovieren, sei so eben nicht im System
angelegt. Sondern die Ausnahme.
30 Apr 2014
## AUTOREN
Julia Neumann
## TAGS
Universität
Doktortitel
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Hochschule
Schleswig-Holstein
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