# taz.de -- Politischer Mord in Pakistan: Menschenrechtsanwalt erschossen | |
> Rashid Rehman hatte die Verteidigung eines Dozenten übernommen, der den | |
> Propheten beleidigt haben soll. Die Polizei wollte ihn nicht schützen. | |
Bild: Entsetzt und fassungslos: Angehörige des Ermordeten in Multan. | |
BERLIN taz | In der zentralpakistanischen Stadt Multan ist am Mittwoch der | |
Menschenrechtsanwalt Rashid Rehman erschossen worden. Er hatte trotz | |
Todesdrohungen die Verteidigung eines liberalen Englischdozenten | |
übernommen, der von islamistischen Studenten der Blasphemie beschuldigt | |
worden war. Nach Polizeiangaben hatten Unbekannte am Abend die Kanzlei von | |
Rehman gestürmt und das Feuer auf ihn und zwei Mitarbeiter eröffnet. | |
Letztere überlebten. | |
Der 50-jährige Rehman war für einen Kollegen eingesprungen, der sich nach | |
Drohungen von der Verteidigung des Dozenten Junaid Hafeez wegen des | |
Blasphemievorwurfs zurückgezogen hatte. Hafeez soll angeblich den Propheten | |
Mohammed beleidigt haben. | |
Laut Pakistans Menschenrechtskommission, die Rehman in Multan koordinierte, | |
hatte Hafeez ein Jahr lang vergeblich einen Verteidiger gesucht. Anwälte | |
übernehmen solche heiklen Fälle aus Angst vor gewaltbereiten Islamisten nur | |
ungern. | |
Rehman erhielt Todesdrohungen, zuletzt bei einer gerichtlichen Anhörung. | |
Diese fand laut der Zeitung Express Tribune aus Sicherheitsgründen in einem | |
Gefängnis statt. Während der Anhörung im März wurde ihm laut der | |
Menschenrechtskommission von Anwälten der Gegenseite gedroht, bei der | |
nächsten Anhörung würde er nicht dabei sein. Denn dann würde er nicht mehr | |
leben. | |
## „Ins Maul des Todes“ | |
Rehman machte den Richter auf die Drohungen aufmerksam, doch der unternahm | |
– wohl aus Angst – nichts. Rehman wandte sich mit der Bitte um Schutz an | |
die Polizei – ohne Erfolg. Die Beamten hätten völlig gleichgültig reagiert, | |
berichtete ein Anwaltskollege. Im April sagte Rehman in einem | |
BBC-Interview, wer einen Angeklagten verteidige, der wegen Gotteslästerung | |
vor Gericht stehe, begebe sich „in das Maul des Todes“. | |
Schon lange kritisieren Menschenrechtsorganisationen das Blasphemiegesetz | |
und seinen verbreiteten Missbrauch gegen liberale Kräfte, religiöse | |
Minderheiten und um private Fehden zu führen. Gotteslästerung kann mit dem | |
Tod bestraft werden. Doch konservative Kräfte beharren auf dem Gesetz, | |
während viele Liberale sich nicht trauen, es öffentlich zu kritisieren. Das | |
Gesetz stammt aus der britischen Kolonialzeit, wurde aber unter der | |
Herrschaft des Militärdiktators Mohammed Zia-ul-Haq in den 80er Jahren | |
verschärft. Nach US-Angaben sitzen zurzeit deswegen 14 Verurteilte in der | |
Todeszelle, 19 Personen wurden zu lebenslänglicher Haft verurteilt. | |
Am Donnerstag riefen Juristen der Anwaltsvereinigung von Multan aus Protest | |
gegen Rehmans Ermordung zum Streik auf. Das ist insofern ein Fortschritt, | |
als dies mit der Reaktion von Anwälten auf die Ermordung des punjabischen | |
Gouverneurs Salmaan Taseer 2011 kontrastiert. Taseer hatte sich für eine | |
wegen Blasphemie Angeklagte ausgesprochen, worauf ihn sein Leibwächter | |
tötete. Darauf meldeten sich einige Anwälte freiwillig, um seinen von | |
manchen als Held gefeierten Mörder kostenlos vor Gericht zu vertreten. | |
Aus Angst vor Vergeltung nahm damals an Taseers Beerdigung kein | |
hochrangiges Regierungsmitglied teil. Kurz darauf wurde der Minister für | |
religiöse Minderheiten getötet, ein Gegner des Blasphemiegesetzes. | |
Versuche, das Gesetz zu ändern, waren danach vom Tisch. | |
8 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
Pakistan | |
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