# taz.de -- Abschied von Windows: Und dann tanzen die Pinguine | |
> Windows XP ist tot. Müsste, sollte, könnte man nicht einfach zu Linux | |
> wechseln? Ein Aufruf bei Facebook – und schon hilft ein Hacker. | |
Bild: Windows wird heruntergefahren, es gibt keine Updates mehr. Und dann? | |
Eine populäre Theorie unter Windows-Nutzern besagt, dass die Qualität der | |
Betriebssysteme einen Zickzackkurs fährt. Ist die eine Version gut, wird | |
die nächste mit Sicherheit ein Flop. Die Erfahrung scheint das zu | |
bestätigen: Windows XP – solide. Vista – schlecht. Windows 7 – gut. Wind… | |
8 – Katastrophe. | |
Nun hat Microsoft beschlossen, dem beliebten Windows XP den Gnadenschuss zu | |
verpassen. Seit dem 8. April werden keine Sicherheitsupdates mehr | |
veröffentlicht. XP würde damit höchst anfällig für Angriffe von außen. | |
Experten raten daher, sich ein neues Betriebssystem zu kaufen. Nutzer sehen | |
sich gezwungen, eine gut laufende Windows-Version durch eine potenziell | |
schwache zu ersetzen – und das auch noch kostenpflichtig. | |
Mac-Nutzer behaupten zwar gern, solche Probleme nicht zu kennen. Aber nicht | |
jeder kann sich die teure Apple-Hardware leisten. Geht es nicht auch | |
anders? Gibt es einen Ausweg aus dem duopolisierten Mainstream von Windows | |
und Mac? Gibt es – mit Linux. | |
Linux ist die Grundlage verschiedener Betriebssysteme, genannt | |
Distributionen, deren kompletter Programmiercode frei verfügbar ist. Sie | |
können kostenlos heruntergeladen und nach Belieben programmiert werden. | |
Damit bietet Linux eine flexible Alternative zu Windows und Mac, bei denen | |
die Quellcodes als Betriebsgeheimnis versteckt bleiben. Außerdem ist Linux | |
weniger anfällig für Viren. Klingt vielversprechend und idealistisch. Aber | |
kann ich als einfache Nutzerin auch ohne Programmierkenntnisse auf Linux | |
umsteigen? | |
In einer Facebook-Gruppe mit dem schönen Namen „Nett-Werk Berlin“ poste ich | |
meinen Hilferuf: „Gibt es hier jemanden, der sich mit | |
Linux-Betriebssystemen auskennt und bereit wäre, mir die ganze Kiste mal | |
näherzubringen?“ Wenige Stunden später habe ich eine Nachricht von Dominik | |
im Posteingang: „Hi, wenn du noch auf der suche nach jemandem bist der dir | |
linux näherbringt, ich habs jetzt länger zufrieden genutzt und ich glaub | |
ich könnt das auch jemandem rüberbringen ders noch nicht kennt :)“ | |
Tags darauf begrüßt mich Dominik barfuß an seiner Wohnungstür. Er ist 26, | |
mit seinen blondierten Haaren wirkt er jünger – und es ist ihm lieber, wenn | |
sein Nachname nicht in der Zeitung steht. Auf dem Boden vor seinem PC | |
sitzend, führt er mich durch seine Desktopumgebung. Dominik nutzt Ubuntu, | |
eine Distribution, die als sehr nutzerfreundlich gilt. Sie sieht den | |
gängigen Oberflächen ähnlich, die man von Windows und Mac kennt. | |
## Keine seitenlangen Quelltexte | |
Wie war für ihn der Einstieg? „Eine Zeit lang habe ich mich geärgert, dass | |
meine Lieblingsspiele nicht mehr funktioniert haben. Aber dann habe ich | |
gemerkt, dass es eigentlich ganz unterhaltsam ist, sich mit dem Computer | |
auseinanderzusetzen und die Feinheiten zu lernen.“ Seit sieben Jahren nutze | |
er mittlerweile Ubuntu und habe in der Zeit nie Programmieren gelernt. „Das | |
war mir wichtig, dass man da keine seitenlangen Quelltexte verfassen muss.“ | |
Ein Stückchen abseits der für Amateure bedienbaren Oberfläche arbeitet | |
Dominik aber trotzdem ab und zu. Der Bildschirm wird schwarz, es erscheint | |
weiße Schrift und ein blinkender Cursor – ein Terminal, wie er mir erklärt. | |
Erinnert stark an die Computerbildschirme in den Filmen der Achtziger. „Du | |
hast bei Linux neben dem sichtbaren Betriebssystem nebenher sechs Terminals | |
laufen. Da kannst du dich einloggen, wenn du dich ein bisschen mit den | |
Befehlen auskennst. Das habe ich die ersten paar Monate überhaupt nicht | |
genutzt, nach einiger Zeit habe ich dann gemerkt, dass es damit doch | |
manchmal schneller geht.“ | |
Über diese Einsicht würde sich Martin Scheffler sicherlich freuen. Er ist | |
Gründer der Hackers Lounge in Berlin, zu der er einmal wöchentlich im | |
Veranstaltungsraum eines Hausprojekts einlädt. Als ich den Raum betrete, | |
dröhnt mir Strawinskis „Feuervogel“ entgegen. An einem Biertisch sitzen | |
zwei Männer, die sich über einen aufgeschraubten Laptop beugen. Martin | |
Scheffler, vierzig und vollbärtig, hilft einem regelmäßigen Teilnehmer der | |
Hackers Lounge bei einem Hardware-Problem. Wie so etwas geht, hat er sich | |
weitgehend selbst beigebracht. Technische Informatik habe er mal zwei | |
Semester lang studiert, „aber das war noch im letzten Jahrtausend“. | |
## Ideale Spielwiese | |
Was ist eigentlich ein Hacker? „Das ist einfach jemand, der Gegenstände für | |
Dinge benutzt, für die sie nicht vorgesehen sind.“ Durch diese kreative | |
Zweckentfremdung entstehen neue, nützliche Anwendungen. Überträgt man | |
dieses Konzept auf die digitale Welt, ist Linux natürlich mit seinen offen | |
zutage liegenden Programmierungen die ideale Spielwiese für Hacker. „Der | |
wichtigste Aspekt bei Linux ist die Freiheit, alles zu tun, was machbar | |
ist“, sagt Scheffler. „Die einzige Regel ist, dass du alle Veränderungen | |
wieder zugänglich machst und dadurch in die Community zurückfließen lässt. | |
So werden die Programme ständig verbessert.“ | |
Davon profitieren dann auch Normalnutzer wie ich. Oder Birgit: Die | |
Sechzigjährige nennt sich selbst einen besseren DAU. „Dümmster | |
anzunehmender User“. „Wenn du vorher auf Windows gearbeitet hast, ist | |
Ubuntu nicht so anders. Ich finde es sogar anwenderfreundlicher, | |
schlüssiger. Du musst nicht auf ’Start‘ gehen, um zu beenden. Der alte | |
Microsoft-Witz. Wer programmiert denn so was?“ | |
Ich habe trotzdem Bedenken und frage nach den häufigsten | |
Neunutzer-Problemen. Nun ja, die Eingewöhnung sei schon manchmal schwierig | |
für Leute, die Windows damals auch schon schwierig fanden, sagt Martin | |
Scheffler. Bestimmte Programme gebe es auch noch nicht als Freeware. Andere | |
bevorzugten inzwischen sogar Programme wie GIMP oder Scribus, die freien | |
Pendants zu Photoshop und Indesign. „Das hängt vom einzelnen Anwender ab. | |
Am besten einfach ausprobieren, dann kommen schnell die ersten Fragen. Die | |
sind im Normalfall auch leicht geklärt.“ | |
Das werden wir doch mal sehen. Scheffler hat mir Lubuntu auf einen | |
USB-Stick gezogen, ein Ubuntu-Derivat, das auch auf schwächerer Hardware | |
gut läuft. Damit kann er mir in einer Live-Demonstration an meinem eigenen | |
Computer zeigen, wie ich mit dem Betriebssystem arbeiten könnte. | |
Mein Urteil zu diesem etwa einstündigen Selbstversuch: Die | |
Lubuntu-Oberfläche ist sehr übersichtlich. Das System bringt eine gewisse | |
Grundausstattung mit, darunter Programme zum Surfen, Chatten, zur | |
Medienwiedergabe, zum Lesen von PDFs, zum Bearbeiten von Texten und | |
Tabellen. Insgesamt ist mein Eindruck positiv. | |
Wenn ich demnächst also an meinem Windows 8 (Katastrophe!) verzweifeln | |
sollte, weiß ich, dass ich eine Alternative habe. | |
18 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Ruth Asan | |
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