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# taz.de -- Radrundfahrt Giro d’Italia: Die kolumbianische Ära
> Beim Giro d’Italia deutet sich eine lateinamerikanische Dominanz bei
> Rundfahrten an. Vor allem Nairo Quintana macht auf sich aufmerksam.
Bild: Nairo Quintana beim Giro d'Italia.
PLAN DI MONTECAMPIONE taz | Die Italienrundfahrt geht in ihre entscheidende
Woche. Und kolumbianische Radprofis drücken ihr den Stempel auf. Rigoberto
Uran trägt das rosa Trikot des Gesamtführenden, Julian Arredondo das blaue
des Bergkönigs. Und von Nairo Quintana, dem letztjährigen Tourzweiten, wird
erwartet, dass er spätestens zum Abschluss in Triest beiden Landsleuten die
bunten Textilien ausgezogen hat.
Es deutet sich eine neue Ära an im Berufsradsport, die kolumbianische.
Erste Anzeichen waren bereits 2010 zu erkennen. Da bestimmte bei der
wichtigsten Rundfahrt des Radsportnachwuchses, der Tour de l’Avenir, Team
Colombia das Tempo in den Bergen. Quintana gewann die Rundfahrt, Landsmann
Jarlinson Pantano wurde Dritter.
Unter den viel Versprechenden ragt Quintana heraus. Ein schmächtiger Junge
mit strahlendem Lächeln und eisernem Willen. Radsport hat er auf die harte
Art gelernt. Seine Schule lag 16 Kilometer von zu Hause entfernt. Am Ende
jedes Schultages wartete ein Berg mit acht Prozent Anstieg auf ihn, oben
stand das Haus seiner Eltern. Das tägliche Rennen mit einer Handvoll
anderen Schulkameraden gewann stets Quintana.
Bei der Tour de l’Avenir wurden die kolumbianischen Rennfahrer von einigen
hellhäutigeren Kontrahenten unfair attackiert. „Sie wollten uns nicht vorn
im Feld sehen, sie bremsten uns aus, schrien uns an, behandelten uns
schlecht. Eines Tages griff ein französischer Fahrer Jarlinson Pantano in
den Lenker und warf ihn vom Rad. Dann kam ich, und der Franzosen landete im
Graben“, erzählt Quintana. „Dann sahen sie, dass wir die Stärksten waren,
und respektierten uns“, konstatiert der Kolumbianer befriedigt.
## Silbermedaille bei den Olympischen Spielen
Mittlerweile muss er niemanden mehr fürchten. Bei der Tour de France2013
war er der Einzige, der Druck auf den späteren Triumphator Chris Froome
ausübte und selbst Platz zwei der Gesamtwertung und das Bergtrikot
eroberte. Jetzt beim Giro holt er auf den Flachetappen verlorenes Terrain
wieder auf. Am Samstag in Oropa machte er 25 Sekunden auf den
gesamtführenden Uran gut.
Die letzte Woche verspricht zur Bühne vor allem für Quintana zu werden. „Es
kommen noch mehr Berge und damit noch mehr Gelegenheiten zum Angriff“,
blickt sein sportlicher Leiter Eusebio Unzue auf die kommende Woche mit
drei Bergetappen und einem Bergzeitfahren voraus.
Dass Quintanas Hauptrivale auch Kolumbianer ist, unterstreicht die
anstehende lateinamerikanische Dominanz. Es ist Rigoberto Uran, der mit 14
Jahren den Tod seines Vaters verkraften musste. Der war, während er mit
seinem Rennrad unterwegs war, von einer paramilitärischen Einheit
erschossen worden. Uran wurde 2007 als 20-Jähriger mit einem Etappensieg
bei der Tour de Suisse 2007 der bislang jüngste Sieger eines
Pro-Tour-Rennens. Mit 23 hatte er alle drei großen Rundfahrten – Tour, Giro
und Vuelta – schon einmal komplett absolviert. Sein eigentlicher Durchbruch
kam im letzten Jahr mit der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen und
Platz zwei beim Giro d’Italia.
Uran, Quintana und Kollegen bringen genügend Motivation und Talent mit, um
auf längere Zeit als Größen im Weltradsport zu gelten. Hinzu kommt die
unglaubliche Begeisterung in der Heimat. Staatspräsident Juan Manuel Santos
empfing schon vor vier Jahren Quintana als Sieger der Tour de l’Avenir und
posierte im geschenkten gelben Trikot dieses Nachwuchsrennens. Jetzt sind
die Talente in der Welt der Erwachsenen angekommen.
26 May 2014
## AUTOREN
Tom Mustorph
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Jan Ullrich
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