| # taz.de -- Kommentar Wahlrecht in Frankreich: Vor dem Rassismus kapituliert | |
| > Präsident Hollande lässt sein Versprechen fallen, für Nicht-EU-Ausländer | |
| > ein kommunales Wahlrecht einzuführen. Ein verheerendes Signal. | |
| Bild: Nach der Europawahl eingeknickt: Francois Hollande. | |
| Für den französischen Innenminister ist Demokratie eine Frage der | |
| Arithmetik. Seine Rechnung stimmt auf dem Papier: Es gibt in der | |
| Nationalversammlung und im Senat heute zweifellos keine Mehrheit von drei | |
| Fünfteln zur Durchsetzung eines kommunalen Wahlrechts für Ausländer, so wie | |
| es in anderen europäischen Ländern schon existiert. Trotzdem hat der | |
| Minister Unrecht. Denn Politik funktioniert nicht nur nach Arithmetik. | |
| Mit dem Versprechen eines Wahlrechts für zugewanderte Nicht-EU-BürgerInnen | |
| hatte sich François Hollande bei seinen Wählern verpflichtet. Dieser Punkt | |
| in seinem Wahlprogramm war ein starkes Symbol für eine neue | |
| Integrationspolitik in der besten Tradition der französischen Revolution. | |
| Es war auch ein persönliches Engagement für den Kampf gegen Rassismus und | |
| Fremdenfeindlichkeit. Darum wiegt nun der Verzicht der Linksregierung und | |
| des sozialistischen Präsidenten, diese Reform in den kommenden drei Jahren | |
| auf die Tagesordnung zu bringen, doppelt schwer. | |
| Natürlich gibt es auch in der Politik Niederlagen, die man einstecken muss. | |
| Wer aber wie Hollande in diesem Fall im Voraus kapituliert und zum Rückzug | |
| bläst, entmutigt seine Anhänger vollends für die kommenden Schlachten. Auch | |
| wenn es heute tatsächlich keine qualifizierte Mehrheit für diese Reform | |
| gibt, müsste der Kampf dafür geführt werden. Und wenn sie dann von der | |
| bürgerlichen und extreme Rechten verhindert wird, zeigt sich wenigstens für | |
| die Wähler, denen an einem demokratischen Fortschritt liegt, warum es eben | |
| eine starke linke Mehrheit braucht und warum es nötig ist, weiterhin für | |
| Bürgerrechte zu kämpfen. | |
| In diesem Geist machen auch absehbare Niederlagen auf längere Frist Sinn. | |
| Wer sich dagegen aus vermeintlichem Realismus geschlagen gibt, verstärkt in | |
| defätistischer Weise die falsche Idee, dass sich Kräfteverhältnisse nicht | |
| ändern lassen - und gibt der triumphierenden fremdenfeindlichen Rechten | |
| Grund zur Hoffnung, seit letztem Sonntag bereits einen Fuß im Steigbügel | |
| zur Macht zu haben. | |
| 30 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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