# taz.de -- Geplante Regelung bremst Energiewende: Seehofer bläst Windkraft ab | |
> Geht es nach der CSU, dürfen künftig in Bayern kaum noch Anlagen | |
> errichtet werden. Das sorgt auch in den eigenen Reihen für Ärger. Die | |
> Partei wiegelt ab. | |
Bild: Greenpeace hat's kommen sehen und protestierte im März schon auf dem Max… | |
MÜNCHEN taz | Energiewende ja, aber bitte nicht in Bayern: Was im Sommer | |
2013 noch Wahlkampfstrategie war, wird wohl bald Realität: Am Mittwoch hat | |
die CSU einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der den Ausbau der | |
Windkraft in Bayern fast unmöglich machen könnte. | |
Die Staatsregierung plant eine sogenannte 10H-Regelung. Der Abstand eines | |
Windrads zum nächsten Wohnhaus müsste danach das Zehnfache seiner Höhe | |
betragen – bei den heute üblichen Anlagen von 200 Meter Höhe wären das | |
2.000 Meter. | |
Bayern beruft sich dabei auf ein Gesetz, das die Bundesregierung Anfang | |
April auf Druck des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) | |
beschlossen hatte. Danach können die Länder selbst bestimmen, wie groß die | |
Mindestabstände zwischen Wohnhäusern und Windanlagen sein dürfen. Bayern | |
prescht nun vor – gegen heftige Kritik der Opposition. | |
Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Natascha Kohnen, | |
betont, dass sich der Bundesrat gegen Seehofers Idee ausgesprochen habe. | |
Damit opponiert sie nicht nur gegen die CSU, sondern auch gegen die eigene | |
Parteispitze. Denn auch die Unterschrift von SPD-Chef Sigmar Gabriel steht | |
unter dem Koalitionsvertrag, der den Ländern das Recht zuspricht, | |
Sonderregelungen zu beschließen. „Seehofers 10H-Regel läutet die | |
Totenglocke für die Windenergie in Bayern, bevor sie überhaupt eine Chance | |
hatte“, sagt Kohnen. Ihr Grünen-Kollege Martin Stümpfig fordert von der | |
SPD, „Rückgrat zu zeigen“. | |
## Es wird schwieriger | |
Eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zeigt, | |
dass mit der neuen Regelung nur noch auf 1,7 Prozent der Flächen in Bayern | |
Windanlagen gebaut werden können, derzeit seien es 19 Prozent. Wenn man | |
berücksichtigt, dass die Standorte auch geeignet sein sollen, dort also | |
viel Wind wehen muss, bleiben nur noch 0,9 Prozent bayerischer Boden als | |
Standfläche für Windräder – und diese liegen laut Kohnen „hauptsächlich… | |
Naturschutzgebieten“. | |
„Das Ziel der Bayerischen Staatsregierung, 6 Prozent des bayerischen | |
Stromverbrauchs aus Windenergie zu schöpfen, ist damit obsolet“, sagt | |
Raimund Kamm vom Bundesverband Windenergie. Rund 1.000 neue | |
Windkraftanlagen müsste es dafür in Bayern geben, doch mit der neuen | |
Regelung sei dies fast unmöglich. | |
Selbst der einstige CSU-Chef Erwin Huber, heute Vorsitzender des | |
Energieausschusses, bestreitet nicht, dass es „schwieriger werden wird“. | |
Dennoch glaubt er, dass Bayern seine Ziele erreicht. Schließlich sehe das | |
Gesetz vor, dass Gemeinden die Abstandsregelung auch unterschreiten können | |
– wenn die Nachbargemeinde zustimmt. Das Gesetz fördere die „interkommunale | |
Zusammenarbeit“, sagt Huber. | |
Sein Parteikollege Christoph Hammer ist da weniger optimistisch. Er ist | |
Oberbürgermeister im idyllischen Mittelalterort Dinkelsbühl in | |
Mittelfranken. Hammer weiß sofort, welche Gemeinde gegen die Windräder | |
gestimmt habe, die sich in seinem Landkreis drehen. „An so einer Anlage | |
verdient die Gemeinde als Pächter bis zu 35.000 Euro. Wenn die | |
Nachbargemeinde davon nichts abbekommt, hat sie nur die Last und nicht den | |
Ertrag. Einigkeit ist da schwer“, sagt Hammer. Für ihn ist das Gesetz ohne | |
Nutzen. Es gebe bereits genug Regelungen, die Anwohner vor Lärm oder | |
Schatten von Windrädern schützten. | |
Schützen will das Gesetz auch gar nicht, sondern laut Text die „Zustimmung | |
für Windkraft“ erhöhen. Hammer bezweifelt allerdings, dass es in Bayern | |
noch viele neue Windräder geben wird, denen die Bevölkerung zustimmen | |
könnte. | |
4 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schnell | |
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