# taz.de -- Massaker im Jahr 2007: Blackwater vor Gericht | |
> Notwehr oder Angriff? US-Wachleute der Firma Blackwater müssen sich nun | |
> wegen eines im Jahr 2007 begangenen Massakers an Irakern verantworten. | |
Bild: Blackwater-Kämpfer im Einsatz. | |
WASHINGTON ap | Es war ein Massaker, das antiamerikanische Stimmung in | |
vielen Teilen der Welt schürte. 14 irakische Zivilisten starben, 18 weitere | |
wurden verletzt. Jetzt, nach jahrelangen Verzögerungen, sollen sich vier | |
ehemalige Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Blackwater Worldwide dafür vor | |
Gericht verantworten. | |
Die US-Regierung hatte das private Unternehmen seinerzeit angeheuert, um | |
Diplomaten im Irak zu beschützen. Die vier Angestellten waren am 16. | |
September 2007 mit anderen in einem Blackwater-Autokonvoi in Bagdad | |
unterwegs, um nach einem Bombenangriff eine Evakuierungsroute für US-Beamte | |
zu sichern. Sie schossen dann auf dem Nissur-Platz in eine Menge aus | |
unbewaffneten Zivilisten und gaben später an, sie hätten aus Notwehr | |
gehandelt. Die Ankläger sehen das anders. Sie werfen den Vier einen | |
„unprovozierten Angriff“ vor. | |
Ob sich die vier Angeklagten selbst verteidigten oder grundlos schossen: | |
Kritiker der seinerzeitigen Bush-Regierung werteten das Blutvergießen als | |
Zeichen für einen Krieg, der von vornherein falsch war oder sich | |
schrecklich falsch entwickelte. | |
Der Prozess soll am Mittwoch beginnen. Zum Auftakt steht die Auswahl der | |
Geschworenen an. Die Staatsanwaltschaft will dutzende Iraker aussagen | |
lassen, das Justizministerium spricht von der wahrscheinlich bisher größten | |
Gruppe ausländischer Zeugen, die jemals zur Teilnahme an einem Prozess in | |
die USA reist. | |
## Eine blutige Kampfzone | |
Die Verteidiger werden sich darauf konzentrieren, was seinerzeit in den | |
Köpfen der Blackwater-Mitarbeiter vor sich ging – in einer Stadt, die eine | |
blutige Kampfzone war. Autobomben und Rebellen waren für die private | |
Sicherheitskräfte eine tägliche Gefahr. So stellte die Firma als Teil ihrer | |
Vertragsarbeit für die US-Regierung ein Team von 15 Analysten, die jeden | |
Tag die Bedrohung neu einschätzten, farbig markiert auf Stadtplänen. | |
Im Kern gehe es darum, ob die Angeklagten glaubten, dass tödliche | |
Gewaltanwendung zur eigenen und zur Verteidigung ihrer Teamkameraden gegen | |
eine Rebellenattacke nötig und ob diese Einschätzung „objektiv vernünftig�… | |
gewesen sei, heißt es in Gerichtspapieren der Verteidigung. Aber Vernunft | |
sollte nicht auf der Basis einer „nachträglichen Analyse in einem | |
Gerichtssaal sieben Jahre und tausende Meilen von dem Vorfall entfernt“ | |
beurteilt werden, meinen die Anwälte. | |
Blackwater selbst hat zur Untermauerung des Notwehr-Arguments Fotos von den | |
Autos des Konvois nach der Schießerei zur Verfügung gestellt. Die Fahrzeuge | |
weisen darauf zahlreiche Einschusslöcher auf. | |
Bei Kongressanhörungen in den USA nach dem Vorfall wurde der Vorwurf laut, | |
dass eine Katastrophe sozusagen vorprogrammiert gewesen sei. Die Regierung | |
habe eine große Zahl an privatem Sicherheitspersonal außerhalb der | |
militärischen Kommandostruktur in einer Kriegszone eingesetzt. Das heißt, | |
diese angeheuerten Kräfte hätten weitgehend unüberwacht operieren können. | |
## 30 Jahre Haft bis lebenslang | |
Blackwater-Gründer Erick Prince betonte indessen: „Ich glaube, dass wir zu | |
jeder Zeit angemessen gehandelt haben.“ Das Unternehmen mittlerweile einen | |
neuen Besitzer und einen neuen Namen, Academi, und Prince hat nichts mehr | |
mit ihm zu tun. | |
2009 hatte US-Bundesrichter Ricardo Urbina das Verfahren gegen die | |
Blackwater-Mitarbeiter eingestellt. Er begründete dies damit, dass die | |
Ankläger entgegen dem Rat von Experten des Justizministeriums ihre | |
Argumentation auf eidlichen Aussagen aufgebaut hätten, die die | |
Beschuldigten nach Immunitätszusagen gemacht hätten. Somit könnten die | |
eigenen Angaben in einem Prozess nicht als Belastungsmaterial gegen die | |
Angeklagten verwendet werden. | |
Die irakische Regierung, die lieber einen Prozess im eigenen Land gesehen | |
hätte, reagierte zornig. Sie sah in dem Richter-Beschluss ein Beispiel | |
dafür, dass sich die USA über die Gesetze erhaben fühlten. | |
Zwei Jahre später hob dann ein Berufungsgericht in Washington die | |
Entscheidung auf, befand, dass Urbina das Gesetz falsch interpretiert habe. | |
In dem bevorstehenden Prozess muss sich einer der Mitarbeiter, Nicholas | |
Slatten, wegen vorsätzlichen Mordes verantworten, die anderen drei – Paul | |
Slough, Evan Liberty und Dustin Heard – wegen Totschlags im Affekt, | |
versuchten Totschlags und Verstößen gegen Waffengesetze. | |
Slatten könnte im Fall eines Schuldspruchs lebenslang hinter Gittern | |
landen. Seinen Mitangeklagten droht eine Mindeststrafe von 30 Jahren Haft, | |
sollten sie wegen der Waffenvergehen und zumindest in einem der anderen | |
Anklagepunkte für schuldig befunden werden. | |
11 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Pete Yost | |
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