# taz.de -- Kotelettenloser Cem Özdemir: Backenbart der Macht | |
> Cem Özdemir ohne Koteletten? Angeblich eine Wette um den Mindestlohn für | |
> Friseure – doch der eigentliche Grund ist ein Strategiepapier der Grünen. | |
Bild: Historisch: Cem Özdemir, hier noch mit Seitenfussel | |
Ein Bart ist in der deutschen Politik ein Karrierekiller. Rudolf Scharping, | |
Kurt Beck, Hermann Otto Solms, die Liste ließe sich fortführen. Auch Jürgen | |
Trittin wurde bei den Grünen erst richtig groß, nachdem er sich den | |
peinlichen Schnäuzer abrasiert hatte. Der Zusammenhang zwischen | |
Gesichtsbehaarung und Erfolg ist also zweifelsfrei belegt. | |
Cem Özdemirs Koteletten haben schon einige Aufs und Abs erlebt. Was vor | |
Jahren als wild-wuchernder Backenbart begann, ist zuletzt zu millimeterkurz | |
geschorenen Minikoteletten geschrumpft. Nun hat uns eine Nachricht | |
elektrisiert, die das Hairstyle-Organ bild.de exklusiv verbreitet. | |
„Kult-Koteletten weg!“, jubelt das Onlineportal. Und schildert minutiös, | |
wie eine Friseurin Özdemirs, nun ja: „Kult-Koteletten“ von vier auf zwei | |
Zentimeter kürzt. | |
Angeblich ist eine Wette der Grund für die Rasur. Der Spitzengrüne soll | |
seine Haare für den Fall zur Disposition gestellt haben, dass der | |
Mindestlohn für Friseure noch während seiner Amtszeit als Parteichef | |
eingeführt werde. Doch diese offizielle Version ist nur die eine Hälfte der | |
Wahrheit. Ein Strategiepapier, das der taz vorliegt, belegt, dass die | |
Grünen mit einer breit angelegten Haaroffensive an die Macht wollen. Das | |
Ziel: Schwarz-Grün 2017, ganz neu frisiert! | |
Um bürgerliche Milieus anzusprechen, müsse sich das Führungspersonal | |
habituell anpassen, so die brisante Analyse. Die Grünen müssten vermeiden, | |
als „Frisurverbots-Partei“ gebrandmarkt zu werden. Özdemirs Koteletten zum | |
Beispiel verströmten „jenen Hauch von Restrebellion, der die Wirtschaft | |
unnötig provoziert. Apotheker, Investmentbanker und Rechtsanwälte | |
bevorzugen bekanntlich Seitenscheitel“, heißt es in dem Papier. Fazit: „Cem | |
muss sich frisurtechnisch weiterentwickeln.“ | |
Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wird sich Ende 2016 eine Dauerwelle | |
legen lassen (Modell „Minipli Gotha“), um konservativ orientierte | |
Wählerinnen in Ostdeutschland anzusprechen. Der Haar-Masterplan befindet: | |
„Grüne Eigenständigkeit bedeutet, keine Koalitionsoption mehr über einen | |
Kamm zu scheren.“ Als Geheimwaffe wird Anton Hofreiter gehandelt. „Toni hat | |
haarmäßig das größte Potenzial“, so das Papier. „Er kann sogar Merkel.�… | |
Die Frisurattacke soll in sozialen Netzwerken breit gespielt werden, immer | |
in Kooperation mit den Experten von bild.de. Motto: „Grüne Frisuren sind | |
konservativ, liberal und frech zugleich.“ | |
19 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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