| # taz.de -- Kolumne Der rote Faden: Fassbomben, Öl und zwei Gin Tonic | |
| > Durch die Woche gesurft: Die USA kriegen den Irak nicht los, aber die | |
| > Kurden vielleicht ihren unabhängigen Staat. Und Juncker trinke zu viel, | |
| > heißt es. | |
| Bild: Nach seiner rumpeligen Mission in den Irak kommt Außenminister John Kerr… | |
| Kruzifix, Kerrys Worte sind doch eindeutig: Maliki, bilde eine | |
| Übergangsregierung mit Sunnis und Kurden – und dann geh nach Hause! Du hast | |
| genug gemordet und geplündert, das reicht für Generationen. Doch Maliki | |
| bleibt, und also bricht der Irak auseinander. | |
| So einfach geht das Narrativ. Denn Isis (Islamischer Staat im Irak und in | |
| Syrien) kommt, genauer: marschiert immer weiter Richtung Süden, weswegen | |
| die Iraner langsam nervös werden und die Truppen an der Grenze verstärken, | |
| wie es weiter heißt. Und Assad? | |
| Der hätte Isis stoppen können. Es waren zu Anfang ja nur ein paar hundert | |
| Männer, die Mossul einnahmen. Doch ein Assad wirft nur sehr ungern Bomben | |
| auf Terroristen, deshalb hat er auch so lange gezögert. Seine Milizen haben | |
| mit Schulen, Krankenhäusern und Bäckereien schon genug zu tun. Zwar leben | |
| nicht mehr so viele Menschen in seinem Land, ein paar Millionen von den | |
| ehemals 22 Millionen Syrern sind aber noch übrig, um die muss er sich | |
| kümmern: Eine Fassbombe jagt die nächste. | |
| ## Alle wieder da, im Irak | |
| Aber im Irak wollen nun angeblich die Russen direkt eingreifen und Isis aus | |
| der Luft beschießen. Prima, dann können sie gleich in Syrien weitermetzeln, | |
| wo sie schon mal in der Gegend sind. Es soll nicht umsonst gewesen sein, | |
| dass Assad alle Rebellen, die meistens Sunniten sind, zu Terroristen | |
| erklärt hat. | |
| Verrückt, wie Assad immer wieder zum Gewinner wird: Denn für ihn ist es nur | |
| gut, wenn wenigstens ein paar der von seinem Clan geschonten Fanatiker sich | |
| jetzt im Irak austoben. So nützlich Terroristen für Despoten sind, immerhin | |
| ist der (verbale) Kampf gegen sie noch immer das beste Eintrittsbillett in | |
| westliche Geschäftskreise: Am Ende machen die immer, was sie wollen, | |
| nämlich noch reicher werden. Siehe Maliki, Karsai, Bin Laden oder auch | |
| Saddam Hussein. Das waren jetzt nur die unartigen Ziehkinder der USA. | |
| Die Kommandierenden der Isis-Truppe kennt man im Westen noch nicht, | |
| zumindest nicht die Medien, gleichwohl ist bekannt, dass auch sie sehr | |
| reich sind. Vielleicht hätten Assad und Maliki doch nicht so viel Öl von | |
| ihnen kaufen sollen. Na ja. Zu spät. | |
| Die Briten sind übrigens auch schon in Bagdad angekommen, auch | |
| Außenminister Hague will mit Maliki sprechen. Reuters zitiert einen | |
| ehemaligen in Kurdistan stationierten Mossad-Chef, dass Israel einen | |
| unabhängigen kurdischen Staat im Norden Iraks gern anerkennen will. Israel | |
| kauft Öl aus dem Nordirak, also von Kurden, was diese dementieren, doch | |
| Haaretz widerspricht. Alle sichern sich jetzt ein Stückchen vom Irak. | |
| Indessen häufen sich die Selbstmordattentate, und die normalen Menschen | |
| sterben oder fliehen. | |
| ## De Maziere mal wieder ganz weit vorne | |
| Weswegen der deutsche Innenminister schon einmal vorwarnt: 200.000 | |
| Asylanträge kämen voraussichtlich wegen Isis und Irak auf das arme kleine | |
| Deutschland zu. Was er nicht sagt: Anträge werden in der Regel abgelehnt. | |
| Zur groben Orientierung seien ein paar aktuelle Zahlen genannt: Im Mai | |
| diesen Jahres wurde 21,5 Prozent der Menschen, die einen Asylantrag | |
| gestellt haben, Flüchtlingsschutz gewährt. Das bedeutet, dass sie bis zu | |
| drei Jahren auf jeden Fall hier bleiben und arbeiten können, aber keine | |
| Familien nachziehen dürfen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass sie nach | |
| den drei Jahren wieder abgeschoben werden, wenn sich die Lage in ihrem | |
| Herkunftsland nach Ansicht der Bundesregierung beruhigt hat. Asyl, also ein | |
| unbefristetes Aufenthaltsrecht, erhielten 1,2 Prozent. Behandeln wir die | |
| Zahlenspiele von de Maizière also mit Vorsicht. | |
| Und natürlich trägt die „Hauptlast“, nicht Deutschland, sondern europäis… | |
| Mittelmeerländer wie Griechenland oder Italien. Daran wird sich auch so | |
| schnell nichts ändern, denn in der EU hat man gerade andere Sorgen als die | |
| Flüchtlingspolitik zu humanisieren. Die Kommission will endlich besetzt | |
| werden. Der Streit um Jean-Claude Juncker zog sich wirklich elend lange | |
| hin. | |
| ## Die Leidenschaften des Herrn Juncker | |
| Spätestens diese Woche hat sich auch erklärt, warum viele Parteien ihr | |
| Wahlkampfbudget nicht ausgeschöpft haben. Die EU-Wahlen waren nicht gerade | |
| Opium, aber ein Beruhigungspillchen für die Massen, mehr nicht. Entschieden | |
| wird hinter den Kulissen und ohne diese lästige Überbleibsel aus der alten | |
| Welt: genannt Wähler. Bei der entscheidende Frage, dürfen sie nicht | |
| mitreden, und die lautet: Was kriegen die Briten, wenn sie die Kröte | |
| Juncker schlucken? | |
| Merkel braucht Cameron, um ihre Austeritätspolitik weiter durchsetzen zu | |
| können, gegen Hollande und den Süden. Um Juncker dürfte es ihr nur in | |
| zweiter Linie gehen. | |
| Der übrigens könnte ein Alkoholproblem haben. Zwei Gin Tonic und ein Bier | |
| bereits zum Mittagessen, weiß der Spiegel. Die FAZ verteidigt: Noch habe er | |
| immer alles pünktlich erledigt. Na, dann ist ja alles gut. | |
| 27 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ines Kappert | |
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