# taz.de -- Wieder eine Zeitung weniger: Lokalhelden einkassiert | |
> Die Neue Osnabrücker Zeitung schluckt das Delmenhorster Kreisblatt. Das | |
> hatte erst vor vier Jahren entschieden, seine überregionalen Seiten | |
> wieder selbst zu produzieren. | |
Bild: Was Schutz ist und was Verderben, dass wird das jüngst von Größeren ge… | |
HAMBURG taz | Christiane Eickmann macht sich Sorgen um die | |
Meinungsvielfalt: „Einmal mehr gibt eine Zeitung in Niedersachsen ihre | |
Selbständigkeit und ihre eigenständige Mantel-Redaktion auf“, sagt die | |
stellvertretende Landesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes | |
(DJV). | |
Anlass ihrer Kritik: Zum 1. Januar 2015 übernimmt der Verlag der Neuen | |
Osnabrücker Zeitung (NOZ) 75 Prozent des Lokalblatts – sofern das | |
Bundeskartellamt zustimmt. | |
Derzeit verkauft das Kreisblatt (DK) 16.600 Exemplare, 2002 waren es noch | |
rund 20.000 gewesen. Das DK muss sich in seinem Verbreitungsgebiet gegen | |
den Bremer Weser-Kurier und die Nordwest-Zeitung (NWZ) aus Oldenburg | |
behaupten, die in der 77.000-Einwohner-Stadt Delmenhorst mit Lokalausgaben | |
erscheinen. | |
Wie immer in solchen Fällen, fallen auch diesem Konzentrationsprozess | |
zahlreiche Mitarbeiter zum Opfer. Man müsse „Teilaufgaben dort ansiedeln, | |
wo sie wirtschaftlich und inhaltlich sinnvoll hingehören“, lassen die | |
beiden Geschäftsführer Frank Dallmann und Dirk Schulte Strathaus die | |
DK-Leser auf der Website der Zeitung wissen. Überflüssig werden zum | |
Beispiel Redakteure, die für überregionale Themen zuständig sind, denn die | |
gibt es auch bei der NOZ. | |
Nach Informationen des DJV Niedersachsen sollen neben Redaktionsmitgliedern | |
auch Angestellte aus Buchhaltung und Anzeigenabteilung betroffen sein. Es | |
drohten mehr als 30 Kündigungen, so der Verband. Da ging es im November | |
2012, als beim DK fünf Redakteure gehen mussten, noch vergleichsweise | |
unblutig zu. | |
Im Interview mit dem Führungskräfteduo – geführt vom DK-Chefredakteur | |
Martin Korn – heißt es eher kryptisch, man brauche „einen großen Partner … | |
der Seite“, um den „Wandel in die digitale Welt hinreichend dynamisch | |
vollziehen zu können“. Auf Anfrage der taz ließ Dallmann ausrichten, man | |
wolle sich über das offiziell Gesagte hinaus nicht äußern. | |
Ralf Freitag, bis Sommer 2013 Chefredakteur des Blatts, nennt weitere | |
Gründe für den Verkauf: „Ein grundsätzliches Problem war, dass der | |
Wirtschaftsraum Delmenhorst/Ganderkesee nicht in der Lage ist, zwei | |
Lokalausgaben zweier Regionalzeitungen und mehrere flächendeckend | |
erscheinende Anzeigenblätter neben einer eigenständigen Lokalzeitung zu | |
tragen.“ | |
Freitag, der seit Anfang 2014 Chefredakteur der Lippischen Landes-Zeitung | |
ist, sorgte Ende 2010 branchenintern für Aufsehen, als er ankündigte, das | |
Kreisblatt wolle künftig überregionale Seiten selbst produzieren. Das ist | |
ungewöhnlich, denn in der Regel übernehmen Lokalblätter diese von größeren | |
Partnern. | |
„Vor dem Hintergrund der schwierigen Wettbewerbslage war es auch absolut | |
richtig, ein komplettes eigenständiges Profil gegenüber den beiden | |
regionalen Zeitungen zu entwickeln“, sagt Freitag jetzt. „Da ich maßgeblich | |
an der Entwicklung dieses Profils beteiligt war, stimmt mich die jetzige | |
Situation natürlich traurig.“ | |
Andererseits biete der Einstieg der Osnabrücker „eher die Chance, ein | |
eigenständiges Profil zu behalten, als dies bei einem Einstieg der NWZ oder | |
des Weser-Kuriers möglich gewesen wäre“. Diese werden in der Region | |
Delmenhorst künftig einen neuen Konkurrenten vor der Nase haben; der | |
Anzeigenmarkt dürfte dort 2015 in Bewegung geraten. | |
Viele Lokalzeitungsmacher betonen, die Leserschaft lege heute Wert darauf, | |
dass überregionale Themen lokal heruntergebrochen werden. Das heißt, die | |
Leser wollen wissen, was die Bundestagsabgeordneten aus dem eigenen | |
Verbreitungsgebiet sagen oder inwiefern größere wirtschaftliche | |
Entwicklungen die vor Ort ansässigen Firmen betreffen. Solche Seiten kann | |
man aber nicht zentral produzieren. Indes ist Letzteres billiger. | |
Die NOZ feiert die Übernahme der Mehrheit in Delmenhorst als einen „Schritt | |
auf dem Weg zum erfolgreichsten regionalen Medienunternehmen Deutschlands“. | |
Das ist leicht gesagt, denn Verlage wie Madsack und Funke, die das | |
Zeitungsgeschäft im Norden prägen, sind überregional aktiv. Und selbst eine | |
Klein-Zeitung wie das Fehrmarnsche Tageblatt mit einer Auflage von 2.100 | |
Exemplaren gehört zu der Münchner Verlagsgruppe Ippen. | |
29 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
## TAGS | |
Osnabrück | |
FR | |
Zeitungsverlage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Preisverleihung bei der NOZ: Von Frauen keine Spur | |
Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ vergibt ihre Preise für besonders gelungene | |
Beiträge nur an Männer. Auch in der Chefredaktion gibt es keine Frau. | |
Übernahme der Frankfurter Rundschau: Strategie Monopol | |
Regionalverleger Dirk Ippen übernimmt „Frankfurter Rundschau“ und | |
„Frankfurter Neue Presse“. Ob das Kartellamt zustimmt, ist noch offen. | |
Schrumpfende Medienvielfalt: Die Presse konzentriert sich | |
Die Eigentümer des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages verkaufen an | |
den Verlag der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dabei haben sie gut verdient. | |
Medien: Delmenhorster Kreisblatt speckt ab | |
Vor einem Jahr verkündete der Chefredakteur Ralf Freitag stolz ein neues | |
lokal orientiertes Zeitungskonzept für das kleine Delmenhorster Kreisblatt. | |
Nun erweist es sich als Spar-Modell. | |
"Delmenhorster Kreisblatt": Kleines Blatt ganz groß | |
Das "Delmenhorster Kreisblatt" wagt ein Experiment: Es ist bundesweit | |
Pionier bei dem Versuch, eine eigene überregionale Berichterstattung zu | |
stemmen. | |
Kommentar Delmenhorster Zeitungsexperiment: Nicht auf halber Strecke stehen ble… | |
Das "Delmenhorster Kreisblatt" will den "Mantel" selbst schneidern. Wenn | |
aber lediglich Agenturmaterial auf Länge gebracht wird, ist der Verlag auf | |
halber Strecke liegen geblieben. |