# taz.de -- Überschwemmungen in Südamerika: „Ein Spiegel, von dem alles abl… | |
> In Paraguay und Argentinien sind nach heftigem Regen die Flüsse über die | |
> Ufer getreten. Hunderttausende Menschen mussten evakuiert werden. | |
Bild: Familie auf der Straße in Asuncion, Paraguay. | |
CARACAS taz | Seit Tagen wird aus dem Länderdreieck Brasilien, Argentinien | |
und Paraguay Land unter gemeldet. Nach tagelangen starken Regenfällen sind | |
die Flüsse Paraguay, Paraná und Uruguay über ihre Ufer getreten. Allein der | |
Río Uruguay steht mit 18 Meter über seinem normalen Pegelstand und der | |
Rekordmarke von 1983. Bisher mussten knapp 400.000 Menschen evakuiert | |
werden. | |
In den vier argentinischen Nordprovinzen Misiones, Corrientes, Formosa und | |
Chaco wurden bisher 14.000 Menschen evakuiert. Die Zahl wird mit dem Ablauf | |
der Wassermassen entlang der Flüsse Paraná, Iguazú, Paraguay und Uruguay | |
jedoch noch erheblich steigen. Paraguay ist davon bereits erheblich | |
betroffen. Im Süden Brasiliens sind es die Bundesstaaten Río Grande do Sul | |
und Santa Catarina. Dort mussten bisher 60.000 Menschen evakuiert werden. | |
Für Jorge Cappato, Leiter der argentinischen Umweltorganisation Fundación | |
Proteger sind die heftigen Regenfälle zwar Auslöser der steigenden | |
Flusspegel, aber nicht Ursache. Der Regen fiel auf ein Gebiet, auf dem nur | |
noch sieben Prozent des ursprünglichen Ökosystems vorhanden sind. Die einst | |
großen Wald- und Dschungelflächen seien abgeholzt und die Feuchtgebiete | |
trockengelegt worden, zugunsten der industriellen Land- und | |
Forstwirtschaft. Bei heftigen Regenfällen hatte die Region immer wie großer | |
Schwamm gewirkt, der einen Großteil der Niederschläge aufsaugte und nur | |
nach und nach wieder abgab. | |
Verschärft werde die Situation aber auch durch die inzwischen zahlreichen | |
Staudämme. Allein die Wasseroberfläche der Stauseen von Yacyretá und Itaipú | |
erstreckten sich auf knapp 300.000 Hektar. „Heute ist diese Fläche wie ein | |
großer Spiegel, auf dem alles sofort abläuft,“ so Cappato in einem | |
Interview mit der argentinischen Zeitung El Territorio. Verantwortlich sei | |
aber auch der weltweite Klimawandel, der zu heftigen Regenfällen in Zeiten | |
führe, zu denen zuvor nur die normale Niederschlagsmenge verzeichnet | |
wurden. | |
## Slums am Fluss entlang | |
Am schlimmsten ist die Situation gegenwärtig in Paraguay. Hier wurden | |
bisher rund 300.000 Menschen evakuiert. Allein in den Armenvierteln in und | |
um die Hauptstadt Asunción mussten bisher rund 75.000 Menschen ihre Häuser | |
und Hütten verlassen. Von den 68 Stadtvierteln Asuncións stehen 17 | |
teilweise knietief unter Wasser. | |
Dass es vor allem die Armenviertel betrifft, ist kein Zufall. Auf dem | |
Brachland entlang des Flusslaufes des Río Paraguay haben sich in den | |
letzten Jahrzehnten Tausende von Immigranten auf der Flucht vor der | |
völligen Verarmung im ländlichen Teil des Landes angesiedelt. | |
Alfredo Benítez, Chef der Sozialbehörde der Stadt Asunción hat denn auch | |
noch eine andere Interpretation parat. „Es gibt keine Überschwemmungen. Was | |
gegenwärtig passiert ist ein ganz normales Naturphänomen.“ Nach den starken | |
Regenfällen habe der Río Paraguay lediglich seine normale Wasserstandhöhe | |
wieder erreicht. | |
„15 Jahre war der Großteil des Flussbettes ausgetrocknet. Der Wasserspiegel | |
bleibt niedrig oder sank sogar.“ Alles, was in Asunción unter dem normalen | |
Pegelstand des Flusses liegt, sei schlicht Teil des Flussbettes. „Der Fluss | |
holt sich nur zurück, was ihm gehört.“ Was fehlt, sei ausreichend fester | |
Grund und Boden, für eine Neuansiedlung der Menschen. | |
4 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Brasilien | |
Argentinien | |
Paraguay | |
Abholzung | |
Überschwemmung | |
Texas | |
Asyl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unterwegs auf dem Rio Grande: Grenzerkundung per Schlauchboot | |
Vor 9/11 war es kein Problem, am Rio Grande überzusetzen und die Nachbarn | |
in Mexiko zu besuchen. Doch seit dem Terroranschlag ist auch dort vieles | |
anders. | |
Einwanderung in Neuseeland: Klimaflüchtlinge erstmals anerkannt | |
Eine Familie aus Tuvalu darf in Neuseeland bleiben. Zum ersten Mal wurde | |
damit der Klimawandel als Bedrohung in einem Asylbescheid berücksichtigt. | |
Flutkatastrophe in Brasilien: Mehr als 600 Tote durch Erdrutsche | |
Sintflutartige Regenfälle haben im Bundesstaat Rio de Janeiro bewohnte | |
Hänge ins Rutschen gebracht. Die Kritik, die Behörden hätten geschlampt, | |
wird lauter. | |
Schlammkatastrophe in Brasilien: Die Flut trifft vor allem die Armen | |
500 Menschen sind nach den sintflutartigen Regenfällen gestorben. Die | |
Schlammlawinen haben ganze Siedlungen weggerissen. Kritisiert wird vor | |
allem die mangelnde Vorsorge. |