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# taz.de -- Ohne Geld kein Strom: Energieversorger ohne Gnade
> Die SWB behauptet, Strom oder Wasser nur als „allerletztes Mittel“ zu
> sperren. Derweil sitzen 30 Menschen in Aumund unverschuldet auf dem
> Trockenen.
Bild: Wenn der Strom gesperrt wird, sieht das nur auf den ersten Blick romantis…
BREMEN taz | Am Donnerstag verkündete Sozialsenatorin Anja Stahmann (Die
Grünen), sie könne sich für Bremen einen Härtefonds vorstellen, um
Sperrungen von Strom durch den Energieversorger SWB zu vermeiden – als
Ergänzung des Bürgerschaftsbeschlusses „Stromsperren weitestgehend
verhindern. Präventive Maßnahmen erweitern“. In Hannover gebe es bereits
einen solchen Fonds des örtlichen Energielieferanten Enercity. Hintergrund
sind die gestiegenen Strom- und Wassersperren in Bremen. Auf die SWB kann
die Sozialsenatorin allerdings nicht zählen: Die hält nichts von einem
Fonds – und weiterhin an den Sperren fest.
So wie aktuell in Aumund: Dort sitzen die BewohnerInnen eines
Mehrfamilienhauses noch immer auf dem Trockenen, weil ihnen vor nunmehr
fast drei Monaten das Wasser abgestellt wurde (taz berichtete). Jetzt würde
die SWB das Wasser zwar wieder anstellen – allerdings erst, wenn die
MieterInnen monatlich 1.400 Euro Energiekosten zahlen würden.
„Das geht überhaupt nicht“, sagt dazu Detlef Scharf. Er ist
CDU-Fraktionssprecher im Beirat Vegesack und Schönebecker Feuerwehrchef.
Scharf versorgt die BewohnerInnen jeden Tag mit Trinkwasser und bringt sie
sonntags mit seinem privaten Pkw zum Duschen in die Feuerwache. Er hat
außerdem die Aufgabe des Mittlers zwischen den BewohnerInnen und der SWB
übernommen.
Der schulden nicht die HausbewohnerInnen Geld, sondern der Hausbesitzer,
ein Bauunternehmer aus Lesum: Er hat die Abschlagszahlungen seiner
MieterInnen kassiert, aber nicht an die SWB weitergeleitet – insgesamt
schuldet er ihr rund 30.000 Euro. „Diesen Menschen ist völlig unverschuldet
das Wasser gesperrt worden“, sagt Scharf und ergänzt: „Die waren total
überrascht davon.“
Das bestreitet die SWB freilich: „Wir informieren die Bewohner
grundsätzlich im Voraus über eine Sperre“, sagt SWB-Sprecherin Angela
Dittmer. Die MieterInnen hätten genügend Zeit gehabt, „sich mit dem
Vermieter ins Benehmen zu setzen“.
Bloß: Der scheint die Not seiner BewohnerInnen, von denen der größte Teil
aus Bulgarien kommt, auf vielerlei Weise auszunutzen. „In dem Haus gibt es
eigentlich nur zwei abgeschlossene Wohnungen, der Rest sind Zimmer, deren
Bewohner sich Küche und Bad teilen müssen“, erzählt Scharf. Dafür müssten
sie Kaltmieten von zehn Euro aufwärts pro Quadratmeter zahlen. Außerdem
würden einige Mieter für den Bauunternehmer arbeiten, „da besteht also
gleich eine doppelte Abhängigkeit“.
Das interessiert die SWB freilich recht wenig. Sie drehte das Wasser ab und
machte Scharf Mitte Juni das Angebot, den Hahn wieder anzudrehen, wenn
sämtliche Hausbewohner ab sofort die Nebenkosten direkt an die SWB zahlten.
Auf die Frage, warum die SWB ein solches Angebot nicht bereits vor einer
Sperre unterbreite, sagt Dittmer: „Das ist nicht üblich; schließlich sind
die Mieter nicht unsere Vertragspartner, sondern ihr Vermieter.“ Gleichwohl
ist sie der Meinung: „Sperren sind bei uns immer das allerletzte Mittel.“
Trotz hochsommerlicher Temperaturen, trotz der Tatsache, dass viele Kinder
in dem Haus leben, bei denen es laut Scharf bereits zu
Durchfallerkrankungen gekommen ist, wird die SWB die Sperre vor der ersten
Abschlagszahlung nicht aufheben. Aber: „Umgelegt würde die SWB-Forderung
pro Familie rund 250 Euro im Monat ausmachen – das ist zu viel, das können
die nicht bezahlen“, sagt Scharf.
Bei der SWB heißt es, die Forderungen seien aus dem Zählerstand ermittelt
worden und somit korrekt. Zur Not müsste die Sozialbehörde den Menschen
dabei helfen, andere Wohnungen zu finden. Das geschieht auch gerade:
Gemeinsam mit der Gewoba werden Wohnungen gesucht, damit die Familien bis
Mitte Juli ausziehen können.
Ein Energieschulden-Fonds wie in Hannover kommt für die SWB nicht in Frage:
„Sie müssen bedenken, dass der dortige Energieversorger nicht privatisiert
ist wie die SWB, sondern zu 70 Prozent der Stadt gehört“, sagt Dittmer.
„Wir überlegen eher grundsätzlich, wie man die Situation so regeln kann,
dass gar nicht erst gesperrt werden muss.“ Was genau damit gemeint ist,
kann sie freilich nicht beantworten.
4 Jul 2014
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Bremen
Schwerpunkt Armut
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