# taz.de -- Verfassungsreform in Schleswig-Holstein: Gott lässt Wellen hochsch… | |
> Niedrigere Hürden für Volksabstimmungen, Minderheitenrechte und andere | |
> Gretchenfragen: Der Landtag debattiert eine neue Verfassung für | |
> Schleswig-Holstein | |
Bild: Ob der Glaube nicht doch eine zutiefst private Angelegenheit sei, beschä… | |
Rendsburg | taz Es geht um höhere Werte: um Bürgerbegehren etwa, die | |
künftig weniger Stimmen für den Erfolg brauchen. Um die „digitale | |
Privatsphäre“, um die Rechte von Minderheiten und Menschen mit | |
Behinderungen. Und es geht darum, ob das alles einen Bezug zu Gott haben | |
soll. Schleswig-Holstein ändert seine Landesverfassung, fügt dabei Themen | |
ein, die in den 1950er-Jahren noch keine Rolle spielten. | |
Ein Jahr lang hat ein Sonderausschuss beraten, dem Mitglieder aller sechs | |
Landtagsparteien sowie beratende Fachleute angehörten. Jetzt debattierte | |
erstmals das ganze Parlament. Zu emotionalen Aufwallungen führte die Frage, | |
ob in die Präambel – neben dem Bekenntnis zu Menschenrechten und Werten wie | |
Toleranz und Freiheit – eine weitere Formel gehört: „Verantwortung vor | |
Gott“. | |
## „Mehr als der Mensch“ | |
„Es muss einen Bezug geben zu etwas, das mehr ist als der Mensch“, warb | |
Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) für das Gottesbekenntnis. | |
Entscheidend sei, dass sich die Mehrheit der Menschen im Land „auf etwas | |
zurückführt, das mehr ist als sie selbst“. Dabei sei es egal, ob sie | |
Christen, Muslime, Juden oder Mitglieder einer anderen Religion seien. | |
Verließen sich Menschen hingegen nur auf menschliche Kraft und Intellekt, | |
„wissen wir, wohin das führt“, sagte Albig mit einem Verweis auf die | |
deutsche Geschichte. | |
„Ungehörig“ nannte das Wolfgang Kubicki (FDP): Er sei zwar Christ, werde | |
aber gegen den Gottesbezug stimmen. Schließlich sei die Verfassung ein | |
Verwaltungsinstrument und solle keine Werte setzen. | |
Auch die Grünen-Abgeordneten Eka von Kalben und Anke Erdmann bekannten sich | |
zu ihrem Glauben, sind aber gegen Gott in der Verfassung: „Dies ist nicht | |
die Gretchenfrage“, so Erdmann – „das Abstimmungsverhalten sagt nicht, wie | |
man es persönlich mit der Religion hält.“ Befürworter, etwa Johannes | |
Callsen (CDU), verweisen dagegen auf eine Besinnung auf grundlegende Werte: | |
Die Mehrheit der rund 2,8 Millionen Schleswig-Holsteiner gehöre einer | |
Kirche an. Die Abgeordneten werden im Herbst namentlich über die Frage | |
abstimmen. Bis dahin ist in den Ausschüssen und Fraktionen noch einiges zu | |
beraten, schließlich wirkt die Verfassung auf viele nachgeordnete Gesetze. | |
Der 27-seitige Katalog, den der Ausschuss vorlegt, enthält Grundsätzliches, | |
darunter ein Bekenntnis zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen oder | |
auch zur Nachhaltigkeit. Debattiert wurde auch ein Bekenntnis zur sozialen | |
Marktwirtschaft, fand aber keine Mehrheit – zum Bedauern von Lars Harms | |
(SSW): „Es geht darum, menschliche Arbeit als Wert anzuerkennen.“ Weitere | |
Änderungen betreffen Ordnungsfragen mit teils erheblicher Auswirkung. | |
## Erleichterte Plebiszite | |
So soll bei Bürgerbegehren künftig ein Quorum von 15 Prozent der | |
Wahlberechtigten ausreichen – bislang müssen 25 Prozent dafür sein. Hier | |
habe die CDU „Bauchschmerzen“, sagte der Abgeordnete Johannes Callsen: | |
„Auch direkte Demokratie braucht Legitimation.“ Heiner Garg (FDP) hielt das | |
erleichterte Verfahren dagegen für richtig. | |
11 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Religion | |
Verfassungsreform | |
Schleswig-Holstein | |
Volksbegehren | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |