# taz.de -- Wenn Feinde zu zu Partnern werden: Gegner vergraben Kriegsbeil | |
> Die schärfsten Kontrahenten um den geplanten Neubau am Spielbudenplatz | |
> betreten jetzt gemeinsam mit dem Bezirk partizipatorisches Neuland. | |
Bild: Vorbild "Park Fiction": Gemeinsamer Beteiligungsprozess für den Esso-Hä… | |
HAMBURG taz |Das Kriegsbeil begraben haben die Bayerische Hausbau und | |
StadtteilaktivistInnen aus St. Pauli. Sie wollen bei der Planung des | |
Esso-Häuser-Geländes nämlich nun gemeinsam mit dem Bezirksamt Mitte neue | |
Wege der Bürgerbeteiligung ausprobieren. Der Bezirksamtsleiter Andy Grote | |
(SPD) spricht von einer „Riesenchance für St. Pauli“. | |
Neu ist vor allem, dass die BürgerInnen noch nie so frühzeitig in den | |
Planungsprozess einbezogen wurden. Das Konzept soll laut Bezirksamt die | |
denkbar intensivste und niedrigschwelligste Bürgerbeteiligung ermöglichen. | |
„Wir haben als Bezirk den Anspruch, etwas auszuprobieren“, sagt Grote. Er | |
sei hoffnungsvoll, dass hier etwas Besonderes, etwas Einmaliges gelingt. | |
Der Bezirk hat mit der Plan-Bude ein „multidisziplinäres, im Stadtteil | |
verankertes Team“ beauftragt, in den kommenden sechs Monaten möglichst viel | |
lokales Wissen zu sammeln. Unter dem Titel „Knack den St. Pauli Code“ | |
wollen die Aktivisten den Stadtteil gründlich analysieren. Ihr Büro werden | |
sie in zwei Containern mit begehbarer Dachterrasse haben. Dort sollen sich | |
alle informieren, diskutieren und eigene Ideen einbringen können. | |
„Wir sind nicht unerfahren“, sagt Künstler Christoph Schäfer und verweist | |
auf sein Projekt „Park Fiction“. Man sei sich bewusst, dass Stadtplanung | |
auf St. Pauli heute in einem von Interessenkonflikten geprägten Feld | |
stattfinde. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung sollen in den | |
anschließenden städtebaulichen Wettbewerb für den Neubau mit 24.500 | |
Quadratmetern Bruttogeschossfläche einfließen. | |
Die umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sei auch ein Ausweg | |
aus der verfahrenen Situation, sagt der Sprecher der Bayerischen Hausbau, | |
Bernhard Taubenberger: „Ich gebe zu, dass es ad hoc Bedenken gibt, wenn die | |
Gestaltung dieses Beteiligungsprozesses in die Hände bisheriger Gegner | |
gegeben wird.“ Die Hausbau hoffe dennoch auf einen „neutralen Prozess“, v… | |
dem sie sich „praktikables Know-how aus dem Stadtteil“ verspricht, die eine | |
breite Akzeptanz für das Bauvorhaben sicherstellt. | |
Mit der nun erzielten Übereinkunft haben sich die Wogen eines lang | |
andauerndem Streits einstweilen geglättet. Die inzwischen vierjährige | |
Auseinandersetzung um die Zukunft der Fläche, die zum Symbol der | |
Gentrifizierung des Stadtteils geworden ist, erreichte im Februar einen | |
neuen Höhepunkt: Da drohte die Bayerische Hausbau das Bauvorhaben bis auf | |
Weiteres auf Eis zu legen, wenn der Bezirk an der Forderung nach mindestens | |
50 Prozent Sozialwohnungen festhalte. Erst Ende Mai lenkte die Bayerische | |
Hausbau ein und stimmte dem vom Bezirk verlangten Anteil von 50 Prozent | |
Sozialwohnungen unter der Voraussetzung zu, diesen durch Baugemeinschaften, | |
Studenten- oder Seniorenwohnungen zu erbringen. | |
Der Prozess, der den Rahmen für die Neubebauung abstecken soll, startet | |
Ende August mit einem Fest. Außerdem soll es ein begleitendes Gremium | |
geben, in dem sich die verschiedenen Akteure regelmäßig austauschen können. | |
Die Kosten für den Beteiligungsprozess liegen Grote zufolge im höheren | |
fünfstelligen Bereich und werden von der Stadtentwicklungsbehörde | |
übernommen. Läuft alles nach Zeitplan, wäre 2017 Baubeginn. | |
22 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
## TAGS | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Hamburg | |
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