| # taz.de -- Militärstrategie des Kreml: Putins Dilemma | |
| > Die neue Kriegsführung des russischen Präsidenten geht in der Ostukraine | |
| > nicht auf. Fallen lassen kann er die Separatisten aber auch nicht. | |
| Bild: Keine regulären Truppen: bewaffneter Separatist an einem Checkpoint bei … | |
| MOSKAU taz | Russlands Regierung will künfig auch offiziell Söldner | |
| einsetzen: Spätestens im Herbst dürfte das Parlament in Moskau ein Gesetz | |
| verabschieden, nach dem private Sicherheitsunternehmen legal militärische | |
| Aufgaben des Staates übernehmen könnten. Das russische Parlament und die | |
| Generalität des Landes wollen es damit den USA gleichtun, die – | |
| beispielsweise im Irak – Einheiten der privaten Firma „Blackwater“ (heute | |
| heißt sie „Academi“) für Aufgaben anheuerten, die sonst reguläre Soldaten | |
| übernommen hätten. | |
| Auf diese Weise ließen sich nationale Interessen auch ohne direkte | |
| Einmischung des Staates umsetzen, sagte Staatspräsident Wladimir Putin im | |
| Frühjahr in Moskau. Schon die „grünen Männchen“, die in diesem Jahr – … | |
| einen Schuss abzufeuern – die Krim annektierten, hatte der Kremlchef als | |
| Truppe dargestellt, die mit der Armee nichts zu tun habe. | |
| Die Übernahme des Söldnersystems ist Teil einer neuen russischen | |
| Kriegsführung, die mit den Landsknechten der vergangenen | |
| Tschetschenienkriege nur noch wenig zu tun hat. | |
| Das Vorgehen Putins auf der Krim nötigte Militärexperten Respekt ab: Er sei | |
| beeindruckt gewesen, meinte Jonathan Eyal, Direktor am Londoner Royal | |
| United Services Institute: „Es war eine präzise und wunderschön | |
| eingefädelte Operation, leise und tödlich effektiv.“ Der Westen sei vom | |
| ersten Tag an nicht im Bilde gewesen. | |
| ## Einflussnahme auf viele Bereiche | |
| Dass die russische Regierung längst dabei war, eine neue nichtmilitärische | |
| – auch „asymmetrisch“ oder „non-linear“ genannte – Kriegsführung zu | |
| entwickeln, war den meisten Politikern und Militärs im Westen zuvor | |
| entgangen. Im Mittelpunkt dieser Strategie steht die Leitidee der | |
| Einflussnahme, die sich auf viele Bereiche parallel erstrecke, heißt es in | |
| einer Studie der Nationalen Verteidigungsakademie Lettlands. | |
| Dabei bemüht man sich, beim Gegner keinen Widerstand zu provozieren und | |
| stattdessen „Softpower“ zu entfalten: Moral und Informationen sind genauso | |
| wichtig wie Psychologie, Ideologie oder diplomatische und wirtschaftliche | |
| Mittel. Korrupte Eliten werden umworben. | |
| Wichtig ist die genaue Kenntnis der ethnischen Besonderheiten vor Ort, | |
| selbstverständlich geht es auch darum, die internationale Gemeinschaft zu | |
| beeinflussen. Die russische Regierung wusste genau, wie sie die Bürger in | |
| der EU erreichen konnte und wie diese auf Moskaus Propaganda reagieren | |
| würden. Eine erprobte Taktik ist es, etwas „plausibel zu leugnen“, im | |
| Englischen spricht man von „plausible deniability“. | |
| So streitet Moskau ab, die Krim besetzt zu haben oder Krieg zu führen, und | |
| hat für jeden Schritt eine juristische Erklärung parat. Das erschwert und | |
| verzögert selbst diplomatische Eingriffe von außen. | |
| ## Undiszipliniert und radikal | |
| In der Ostukraine gelang es allerdings nicht, den Triumph zu wiederholen: | |
| Zwar bereiteten auch hier prorussische Kräfte das Terrain vor. Aber diese | |
| Söldner sind weniger diszipliniert, im Kampf unerfahrener, und sie stammen | |
| aus Randmilieus. | |
| Mehrere Kommandozentren stehen miteinander in Konkurrenz, und die Militärs | |
| in Moskau haben nicht immer Zugriff auf die Kommandanten, die zudem | |
| ideologisch noch radikaler sind als die politische Führung. | |
| Putin steckt in einem Dilemma: Moskau könnte den sogenannten | |
| Aufständischen, die derzeit im Kampf mit der ukrainischen Armee ins | |
| Hintertreffen geraten, zwar noch zur Hilfe kommen. Damit würde es sich | |
| offiziell aber zur Kriegspartei machen. | |
| Mit der russischen Armee wird er nicht in der Ostukraine einmarschieren. | |
| Stattdessen dürfte er neue Freiwillige und Rüstungsmaterial schicken. Auch | |
| eine professionelle Privatarmee könnte unterstützend eingreifen. | |
| Gäbe der Präsident die Separatisten preis, würde ihm das eine Mehrheit der | |
| Russen nicht verzeihen. Das heißt: Was er auch unternimmt, es ist falsch. | |
| So wird er wenigstens dafür sorgen, dass in der Ostukraine das Chaos | |
| fortbesteht. | |
| 28 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus-Helge Donath | |
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