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# taz.de -- Deutschtürken wählen: Erstes Auswärtsspiel für Erdogan
> Erstmals dürfen Deutschtürken auch hierzulande den türkischen
> Staatspräsidenten wählen. Ihre Sympathien liegen eindeutig beim jetzigen
> Premier.
Bild: Müssen jetzt nicht mehr weit reisen für ihre Stimmabgabe: Erdogan-Anhä…
Es ist eine Premiere: Gut 1,5 Millionen in Deutschland lebende Türkinnen
und Türken sind ab Donnerstag aufgerufen, den türkischen Staatspräsidenten
mitzuwählen. Damit können türkische StaatsbürgerInnen mit Hauptwohnsitz in
Deutschland erstmals seit Abschluss der Anwerbeverträge zwischen
Deutschland und der Türkei von 1961 hier an einer Wahl in ihrem
Herkunftsland teilnehmen.
Bisher mussten sich die Wahlberechtigten zumindest an einen Grenzübergang
der Türkei begeben. Das Wählen von Deutschland aus, das andere Länder für
ihre im Ausland lebenden StaatsbürgerInnen etwa in Botschaften
organisieren, war bislang nicht möglich.
Dass die Auslandstürken nun über das türkische Staatsoberhaupt mitbestimmen
dürfen, verdanken sie einer Änderung des türkischen Wahlrechts, die die
Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan 2012 beschloss.
Erdogan, auch Vorsitzender der regierenden konservativ-islamischen AKP
(Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung), kandidiert selbst für den
Präsidentenposten.
Auch dass der Präsident diesmal direkt vom Volk statt wie bisher vom
Parlament gewählt wird, hat seine Partei 2012 durchgesetzt. Gegenkandidaten
sind Ekmeleddin Ihsanoglu, ehemaliger Generalsekretär der Organisation für
islamische Zusammenarbeit (OIC), der als gemeinsamer Kandidat der
Republikanischen Volkspartei CHP und der Partei der Nationalistischen
Bewegung MHP antritt, sowie der von einigen Linken unterstützte Kurde
Selahattin Demirtas, Chef der Demokratischen Partei der Völker (HDP). Beide
haben kaum Chancen gegen Erdogan, dessen AKP bei den letzten
Parlamentswahlen in der Türkei 2011 fast 50 Prozent der Stimmen erhielt.
Auch bei den in Deutschland abgegebenen Stimmen rechnen ExpertInnen mit
einer Mehrheit für Erdogan. Ende Mai trat der AKP-Chef in Köln auf und
wurde von knapp 20.000 Anhängern bejubelt. Gleichzeitig protestierten aber
auch Tausende Erdogan-Gegner in der Stadt.
Gewählt werden kann jetzt in sieben Städten: in München, Karlsruhe,
Frankfurt, Düsseldorf, Essen, Hannover und Berlin. Die Wahlen werden von
den diplomatischen Vertretungen organisiert. In Berlin finden sie im
Olympiastadion statt. Die Wahlberechtigten, etwa die Hälfte der knapp 3
Millionen Türkeistämmigen in Deutschland, konnten sich vom 21. bis zum 25.
Juli selbst für einen Wahltermin registrieren. Wer das nicht tat, bekam
einen Termin zugeteilt.
Das Verfahren, das nur im Internet möglich war, wird aber auch kritisiert.
Es sei für viele „kompliziert und ungewohnt“, sagt etwa der
türkischstämmige Berliner SPD-Politiker Ahmet Iyidirli, Vorsitzender der
sozialdemokratisch orientierten türkischen Einwandererorganisation HDB. Er
rechnet deshalb nicht mit einer hohen Wahlbeteiligung. Auch wegen der
Sommerferien, die viele Türkischstämmige in der Türkei verbringen. Zudem
dürften die langen Anfahrtswege viele potenzielle WählerInnen an der
Teilnahme hindern. In Berlin etwa sollen Türken nicht nur aus der
Hauptstadt, sondern auch aus Brandenburg, Sachsen und
Mecklenburg-Vorpommern wählen.
Wahlwerbung in Deutschland war den Kandidaten nicht erlaubt. Stattgefunden
habe sie dennoch, sagt Hilmi Kaya Turan, der bis Mai stellvertretender
Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD) war: „Etwa in den
sozialen Netzwerken im Internet und über das staatliche türkische Fernsehen
– dort sehr einseitig für Erdogan.“
## Verbotene Wahlwerbung
Zudem hätten der AKP nahestehende türkische Migrantenorganisationen in
Deutschland Wahlberechtigten Hilfe bei der Registrierung angeboten, bemerkt
die Journalistin Ebru Tasdemir, Koautorin eines Buches über die gegen die
Erdogan-Regierung gerichteten Gezipark-Proteste von letztem Sommer in der
Türkei.
Dennoch sollen sich in Berlin laut einem Bericht der türkischen
Tageszeitung Sözcu von Montag nur 7.000 der etwa 90.000 wahlberechtigten
TürkInnen in Berlin selbst für einen Wahltermin eingetragen haben. Die
türkische Botschaft in Berlin will diese Zahl nicht bestätigen. Durch die
automatische Vergabe hätten alle Wahlberechtigten einen Termin, heißt es
dort. In der Türkei gilt Wahlpflicht, die aber soll laut Botschaft in
Deutschland nicht durchgesetzt werden.
31 Jul 2014
## AUTOREN
Alke Wierth
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