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# taz.de -- Überwachung nimmt zu: Die Polizei hört auf die Bürger
> 1,8 Millionen Telefonate wurden im vergangenen Jahr in Berlin abgehört –
> doppelt so viele wie 2006. Das am intensivsten verfolgte Delikt ist der
> Handel mit Drogen.
Bild: Wen hat sie wohl auf dem Schirm?
Im vergangenen Jahr hat die Berliner Polizei 1.820.837 Telefonate abgehört.
Die Zahl stieg damit innerhalb eines Jahres um gut 180.000, wie sich aus
dem [1][Jahresbericht des Senats zur Telefonüberwachung] (PDF) ergibt. Die
meisten Überwachungsanordnungen gab es, um Drogenhändler zu fangen (44
Prozent). Relativ häufig wurde das Instrument auch gegen Mörder und
Diebesbanden eingesetzt (je 12 Prozent), gegen Steuerhinterzieher (6
Prozent), Räuber und Erpresser (zusammen 4 Prozent). Vergleichsweise
unbehelligt blieben dagegen Vergewaltiger (0,8 Prozent), Menschenhändler
(die etwa Frauen nach Deutschland verschleppen und zur Prostitution
zwingen, 1,3 Prozent) Geldfälscher (0,4 Prozent) und bestechliche
Abgeordnete (0,05 Prozent).
Die Telefonüberwachung wird damit gerechtfertigt, dass sie die Aufklärung
von Straftaten erleichtere. Es wird jedoch nicht erfasst, in wie vielen
Fällen das auch gelingt und jemand, der von der Polizei überwacht wird,
auch gerichtlich verurteilt wird.
Noch schlechter ist die Datenlage bei der "Stillen SMS", die von den
Ermittlern verschickt werden, um den Standort eines Verdächtigen zu
erfahren. 250.000-mal verschickten die ermittelnden Beamten im vergangenen
Jahr in Berlin eine solche SMS. Das Instrument wurde damit von der Berliner
Polizei rund zehnmal so häufig genutzt [2][wie vom bundesweiten
Verfassungsschutz].
Anders als bei der Telefonüberwachung kann die Polizei zur
Standortüberwachung per Stiller SMS aber nicht sagen, bei welchen
Straftaten das Instrument wie häufig eingesetzt wurde. Das werde nicht
erfasst, so Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) in der Antwort auf eine
parlamentarische Anfrage des Piraten-Abgeordneten Christopher Lauer: „Die
Strafverfolgungsbehörden erfassen nicht jede Ermittlungshandlung allein
deshalb in einer Datenbank, weil dies möglicherweise aufgrund zukünftiger
Konstellationen eventuell einmal von Interesse sein könnte.“
Krömer verweist auch auf „die rechtliche Unzulässigkeit einer derartigen
Vorratsdatenspeicherung zu statistischen Zwecken“. Doch auch ohne Statistik
ist Krömer sich sicher, dass es sich um ein „unverzichtbares taktisches
Einsatzmittel“ handelt. Lauer meinte dagegen bereits [3][in einer
Pressemitteilung vor einem Jahr]: „Angesichts zurückgehender
Aufklärungsquoten braucht die Berliner Polizei mehr Personal für klassische
Ermittlungsarbeit und keinen Überwachungsschnickschnack.“
Der Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt [4][kritisiert], mit den Zahlen für
das Jahr 2013 setze sich „eine jahrelange, besorgniserregende Entwicklung
fort“. Seit 2006 habe sich die Zahl der abgehörten Telefonate verdoppelt.
Behrendt: „Auffällig ist, dass die Kriminalität in der Hauptstadt nicht
ansatzweise derartig zunahm“, auch nicht die Zahl der aktuell am stärksten
überwachten Straftaten, der Drogendelikte. „Die rasante Zunahme zeigt, dass
die notwendige Sensibilität im Umgang mit den Grundrechten der Bürgerinnen
und Bürger offenbar bei Staatsanwaltschaft und Gerichten nicht immer
ausreichend ausgeprägt ist“. Jedes einzelne abgehörte Telefongespräch
„bedeutet einen schweren Eingriff in die Telekommunikationsfreiheit der
Berlinerinnen und Berliner“.
Behrendt fordert: „Statt immer mehr zu überwachen, sollten
Ermittlungskapazitäten auf jene Fälle konzentriert werden, die eine
Telefonüberwachung tatsächlich unerlässlich erscheinen lassen.“ Auch die
Berliner hätten „Anspruch auf eine überwachungsfreie Kommunikation – auch
per Telefon“.
Kommentar zum Thema: "[5][Das neue Spielzeug der Polizei]"
Parlamentarische Anfragen von Christopher Lauer zu Stillen SMS zum
Download:
Dezember 2011: [6][Stille SMS, wie viel und was bringts?]
März 2012: [7][Stille SMS]
September 2013: [8][Versenden von "Stillen SMS" durch Berliner
Sicherheitsbehörden]
Oktober 2013: [9][Versenden von "Stillen SMS" durch Berliner
Sicherheitsbehörden (II)]
Juni 2014: [10][Nachfragen zum Einsatz von "Stillen SMS" im Land Berlin]
6 Aug 2014
## LINKS
[1] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/DruckSachen/d17-…
[2] http://netzpolitik.org/2014/mehr-stille-sms-bei-verfassungsschutz-bka-und-b…
[3] http://www.piratenfraktion-berlin.de/2013/10/22/berliner-polizei-verschickt…
[4] http://www.gruene-fraktion-berlin.de/presse/pressemitteilung/rasanter-ansti…
[5] /1/archiv/
[6] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/NichtbehMdlAn/n1…
[7] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-1028…
[8] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-1264…
[9] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-1276…
[10] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/SchrAnfr/s17-14…
## AUTOREN
Sebastian Heiser
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Australien
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