# taz.de -- Nachrichten von 1914 – 11. August: Krieg und Schule | |
> Am ersten Schultag nach den Ferien fehlten Lehrer und ältere Schüler, | |
> weil sie an der Front sind. Dem Mangel soll nun mit ungewöhnlichen | |
> Methoden begegnet werden. | |
Bild: Unter den eingezogenen Soldaten sind auch viele Lehrer und Schüler der o… | |
Der Schulbeginn nach den großen Ferien hat in diesem Jahre unter dem | |
Zeichen des Krieges ein wesentlich anderes Bild als sonst gezeigt. Hunderte | |
von Berliner Lehrern an den höheren und an den Gemeindeschulen haben | |
während der Ferienzeit dem Ruf zur Fahne Folge geleistet, und in vielen | |
Fällen sind auch die Direktoren und Rektoren zu den Waffen geeilt. Selbst | |
die Zahl der Schüler in den oberen Klassen der höheren Schulen hat sich | |
stark gelichtet, da viele von ihnen als Freiwillige oder als | |
Erntehilfsarbeiter Berlin verlassen haben. In den höheren Anstalten wurde | |
heute früh besondere Feiern abgehalten, bei denen die Anstaltsleiter | |
Ansprachen hielten. | |
Der Direktor des französischen Gymnasiums, Geheimer Studienrat Professor | |
Dr. Esternaux wies seine Kollegen und Schüler darauf hin, dass es jetzt | |
zwar eine ernste Zeit, dass es aber andererseits jetzt eine Lust zu leben | |
sei, da sich alle Gegensätze und Unterschiede in Parteien und | |
konfessionellen Dingen ausgeglichen hätten. Ein Zug der Einigkeit gehe | |
durch das ganze deutsche Volk. Alles stehe hinter dem großen Zweck zurück, | |
der vor uns liege. Zum Schluss überbrachte Geheimrat Esternaux den Schülern | |
die Grüße der Lehrer, die ins Feld gezogen sind, und wandte sich dann an | |
die acht Primaner, die in den letzten Tagen das Examen bestanden und sich | |
freiwillig zu den Fahnen gemeldet haben. | |
Die Frage, wie der Unterricht in den höheren Schulen aufrechtzuerhalten | |
ist, ist Gegenstand eingehender Konferenzen gewesen. Man hat beschlossen, | |
durch Austausch der noch zur Verfügung stehenden Lehrkräfte den | |
Schwierigkeiten nach besten Kräften zu begegnen. Auch sollen die Primaner | |
zum Unterricht in den unteren Klassen herangezogen werden. | |
In den Gemeindeschulen begann heute der Unterricht ohne besondere Feier. | |
Wie sich der Unterricht gestalten wird, ließ sich heute noch nicht | |
übersehen. Eine ganze Reihe von Gemeindeschulen sind, wie bekannt, für die | |
Einquartierung benutzt worden, andere sind zu Lazarettzwecken herangezogen. | |
Außerdem zeigen an den Gemeindeschulen die Lehrkörper bei weitem größere | |
Lücken, als an den höheren Schulen, so dass von einem geordneten | |
Schulbetrieb in den nächsten Tagen noch keine Rede sein kann. | |
Die zu den Fahnen einberufenen Lehrer werden zunächst von solchen Lehrern | |
ersetzt, deren Schulen für militärische Zwecke in Anspruch genommen sind. | |
Außerdem sollen die Lehrerinnen in verstärktem Maße beschäftigt werden, | |
wenn auch viele von ihnen, die als Samariterinnen ausgebildet sind, | |
ebenfalls Berlin verlassen werden. | |
Die Schuldeputation hat eine Verfügung erlassen, in der die Frage des | |
interimistischen Unterrichts geregelt wird. In einzelnen Fällen ergab sich, | |
dass der Unterricht heute nicht begonnen werden konnte, und die Schulkinder | |
wurden ebenfalls auf drei Tage nach Hause geschickt. Ferner sollen die | |
Kinder aufgefordert werden anzugeben, in welchen Fällen der Ernährer ins | |
Feld gezogen ist. | |
Auch ist dafür Sorge getragen worden, dass die Schulkinder den Gefahren des | |
lebhaften Straßenverkehrs nicht ausgesetzt werden. Ebenso ist es jetzt | |
gestattet worden, dass die Lehrerinnen, die wegen Ausbruch des Krieges | |
durch eine Nottrauung die Ehe geschlossen und die nach den Bestimmungen aus | |
dem Schuldienst ausscheiden müssten, für die Dauer des Krieges in ihrer | |
Unterrichtstätigkeit bleiben können. | |
Quelle: Berliner Tageblatt | |
11 Aug 2014 | |
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