# taz.de -- Maria Wessel-Niepel über Personalpolitik: „Wartezeiten sind noch… | |
> Trotz Umstrukturierung des Stadtamts: Mehr als Erfüllung des | |
> Mindestbedarfs ist dort nicht zu erwarten, sagt Amtsleiterin Marita | |
> Wessel-Niepel. | |
Bild: Ohne Termin steht man im Regen: Das Bürger-Service-Center hat immer noch… | |
taz: Frau Wessel-Niepel, bei der letzten Sitzung des Innenausschusses wurde | |
Ihnen aus den Reihen der CDU mangelnde Kontrolle im Bereich der | |
Ordnungswidrigkeiten vorgeworfen. Was genau war damit gemeint? | |
Marita Wessel-Niepel: Das bezog sich auf Dinge wie Anleinpflicht für Hunde | |
oder den Nichtraucherschutz. Es gibt Ordnungsdienste in Deutschland, die | |
sehr viel Personal für Kontrollen einsetzen, aber wir haben hier nicht die | |
Möglichkeit, jemanden über die Spielplätze zu schicken, um festzustellen, | |
ob dort der Nichtraucherschutz eingehalten wird – ich habe nicht zehn oder | |
20 Mitarbeiter, die ständig durch die Stadt gehen können. | |
Dann bleiben viele Ordnungswidrigkeiten in Bremen aufgrund von | |
Personalmangel unkontrolliert? | |
Wir kontrollieren durchaus: Wir haben einen Außendienst und wir gehen | |
natürlich Beschwerden nach. Und wir machen Schwerpunktaktionen. Wir haben | |
gerade alle Spielhallen in Bremen kontrolliert. Oder wir machen | |
Waffenkontrollen – so intensiv wie kaum woanders im Bundesgebiet. Wir haben | |
dadurch die Zahl der Waffenbesitzer stark reduzieren können. Im | |
Jugendschutz machen wir die berühmten Testkäufe. Wir setzen auf | |
Schwerpunkte und auf Stichproben, und die Polizei ist hier natürlich auch | |
tätig. Es stellt sich ja auch die Frage: wie viel Kontrolldichte will man | |
denn überhaupt in einer Gesellschaft? | |
Dennoch ist es ja nicht so, dass Sie freiwillig auf Kontroll-Personal | |
verzichten ... | |
Die Ordnungswidrigkeiten sind nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus dem | |
Aufgabenspektrum des Stadtamtes. Aber natürlich haben wir wenig | |
Mitarbeiter. Mit rund 420 Stellen, die uns nach dem Kontrakt zwischen | |
Innen- und Finanzressort zugebilligt wurden, decken wir nur knapp den | |
festgestellten Mindestbedarf – errechnet nach Erreichen aller | |
Optimierungsmöglichkeiten, zum Beispiel im technischen Bereich. Auch | |
konnten längst noch nicht alle Stellen besetzt werden. | |
In welchen Abteilungen fehlt denn noch Personal? | |
Zum Beispiel in der Ausländerbehörde, den Standesämtern und bei den | |
Gewerbeangelegenheiten. Ein großes Problem dabei ist, dass die | |
Nachwuchskräfte, und das sind ein Zehntel meiner Mitarbeiter, keine festen | |
Stellen haben. Am Ende der Ausbildung werden sie uns zugewiesen, sie werden | |
eingearbeitet – und dann kann ich sie nicht halten, weil sie sich auf die | |
nächste freie Behördenstelle bewerben. Die kann auch im Bau- oder | |
Sozialressort sein. Die Fluktuation ist einfach zu hoch. | |
Wie wollen Sie dieses Defizit auffangen? | |
Wir müssen die Möglichkeit haben, erreichte Maßnahmen zur Verbesserung des | |
Bürgerservice durch den erhöhten Personaleinsatz abzusichern und auch in | |
anderen Bereichen des Stadtamtes weiterzuentwickeln. Unsere | |
Umstrukturierungen zielen auf Synergien und Steigerung der Effektivität ab. | |
Aber vor allem haben wir Bereiche zusammengelegt und Abteilungen neu | |
geordnet, wir zentralisieren unseren Telefon-Service und verbessern unsere | |
technische Ausstattung, um künftig beispielsweise Termine per Internet | |
vergeben oder online Dokumente zur Verfügung stellen zu können. Das dauert | |
aber und ist teilweise mit Testphasen und Pilotprojekten verbunden – und | |
erst einmal auch mit Aufwand und Veränderungs- und Lernprozessen für unsere | |
Mitarbeiter. Das schürt bei vielen durchaus auch Ängste und Unzufriedenheit | |
und erfordert umfassende Beteiligungsprozesse. | |
Im vergangenen Jahr war der Krankenstand beim Stadtamt sehr hoch – ist das | |
ein Indiz dafür? | |
Ja, bestimmt. Aber auch die Arbeit an sich. Unsere Mitarbeiter arbeiten oft | |
im Schichtdienst und haben nicht immer leichte Aufgaben. Die Arbeit | |
beispielsweise in der Ausländerbehörde und im Bereich der | |
gewerberechtlichen Verfahren ist interessant, aber oft auch belastend, denn | |
dort geht es um ganz existentielle Entscheidungen, die mit einer hohen | |
Verantwortung einhergehen. Stellen bei anderen Behörden sind für viele | |
attraktiver als bei uns. | |
Noch merkt man als Kunde nichts von der Umstrukturierung: Die Wartezeiten | |
beim Bürger-Service-Center sind nach wie vor enorm, ohne Termin geht | |
eigentlich gar nichts ... | |
Die Wartezeiten sind noch zu lang. Viele Menschen wissen, dass sie sich | |
beispielsweise innerhalb von zwei Wochen ummelden müssen, aber nur wenige | |
wissen, dass sie ihrer Pflicht auch dann Genüge tun, wenn Sie einen Termin | |
bei uns vereinbaren – auch wenn der nicht in zwei Wochen ist. Wer ein | |
dringendes und eiliges Anliegen hat, kann uns anrufen und seine Situation | |
schildern – dann ist auch ein schnellerer Termin möglich. Oder die Beratung | |
am Telefon erübrigt den Besuch im Amt gleich ganz. Momentan ist | |
Urlaubszeit, da wollen die Menschen einen neuen Reisepass oder nutzen ihre | |
freien Tage, um Behördengänge zu erledigen. Wir können Kunden nur | |
auffordern, bitte Termine zu vereinbaren und auch die telefonische Beratung | |
über das Bürgertelefon zu nutzen. | |
Wann wird die Umstrukturierung abgeschlossen sein? | |
Weder in diesem noch im nächsten Jahr. So etwas dauert. Und auch dann wird | |
nicht alles rosig sein, denn in einem Haushaltsnotlageland wie Bremen | |
müssen wir uns leider auch mit den Kapazitäten begnügen, die uns zur | |
Verfügung stehen. | |
20 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
## TAGS | |
Bremen | |
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Bremen | |
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