# taz.de -- „Gay-Marketing“ in München: Träumen vom rosa Tourismus | |
> Schwule und lesbische Touristen sind eine begehrte, als kaufkräftig | |
> geltende Zielgruppe. Ein CSU-Bürgermeister will sie gezielt nach München | |
> locken. | |
Bild: Nicht nur zum Christopher Street Day gern gesehen: lesbisches Paar in Mü… | |
MÜNCHEN dpa | Reise- und feierfreudig, aber nicht zu laut. Freundlich, | |
höflich - und vor allem kaufkräftig: Schwule und lesbische Touristen haben | |
einen hervorragenden Ruf. „Double income, no kids“ (doppeltes Einkommen, | |
keine Kinder), bringt der Sprecher des bayerischen Hotel- und | |
Gaststättenverbandes (DEHOGA), Frank-Ulrich John, die Vorzüge aus | |
Gastgebersicht auf den Punkt. „In der Regel handelt es sich um sehr | |
angenehme Gäste. Sie geben Geld aus, wollen gerne genießen, wollen feiern, | |
sind dabei aber keine lauten Gäste und keine, die Probleme machen.“ | |
Die Deutsche Zentrale für Tourismus in Frankfurt sieht ebenfalls ein | |
„relativ gutes Ausgabeverhalten“. Und Torsten Schäfer, Sprecher des | |
Deutschen Reiseverbandes (DRV), sagt: „Für die deutschen Reiseveranstalter | |
spielt die Zielgruppe eine immer wichtigere Rolle.“ | |
Weil das so ist, will die Stadt München ein größeres Stück vom Kuchen | |
abbekommen und setzt verstärkt auf das sogenannte Gay-Marketing, das neben | |
Schwulen und Lesben auch Bi- und Transsexuelle zur Zielgruppe erklärt. LGBT | |
heißt dieses Marktsegment abgekürzt: Lesbian Gay Bisexual Transgender. „Wir | |
schätzen, dass bis zu zehn Prozent der Gäste in unserer Stadt zu dieser | |
Gruppe zählen“, sagt Münchens zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU). Und | |
dieser Prozentsatz kann seiner Ansicht nach ruhig steigen. | |
Mit einer Umfrage will die Stadt herausfinden, wie ihr Image bei eben | |
dieser Zielgruppe ist - und ob sie vielleicht das Potenzial hat, ähnlich | |
wie San Francisco zu so etwas wie einer rosa Metropole zu werden. | |
„LGBT-Reisen sind ein Markt mit Wachstumspotenzial“ heißt es zur Begründu… | |
im entsprechenden Stadtratsbeschluss. Darum soll [1][der Online-Fragebogen] | |
zeigen, wie das „Reiseverhalten schwul-lesbischer Gäste“ aussieht. | |
## „Großstädte gelten schon als tolerant“ | |
Gefragt wird zum Beispiel, wie wichtig Städtereisen sind, mit wem man auf | |
Reisen geht oder welches Image München hat. Die möglichen Antworten bewegen | |
sich von konservativ oder langweilig über teuer bis weltoffen oder | |
aufstrebend. Auch offene Fragen gibt es: „Was kommt Ihnen als erstes in den | |
Sinn, wenn Sie an München denken?“ | |
Nach Ansicht des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) ist | |
das, was den meisten dabei in den Sinn kommt, schon jetzt gar nicht so | |
schlecht. „Die deutschen Großstädte Hamburg, Berlin, Köln und München | |
gelten schon als tolerant, und sie haben auch eine Infrastruktur für diese | |
Zielgruppe“, sagt LSVD-Sprecher Markus Ulrich in Berlin. Nachholbedarf für | |
die Hauptstadt des überwiegend katholischen Bayern sieht er eigentlich | |
nicht, obwohl er ein gewisses Nord-Süd-Gefälle ausmacht. Die Münchner | |
Umfrage hält er für sinnvoll. | |
Die bayerische Landeshauptstadt liegt bei den Übernachtungszahlen | |
deutschlandweit hinter Berlin auf Platz zwei und sieht sich mit seiner | |
bunten Schwulenszene rund um den Gärtnerplatz schon jetzt auf einem guten | |
Weg. „Versäumt haben wir da gar nichts“, sagt Bürgermeister Schmid, der | |
auch das Münchner Wirtschaftsreferat leitet. „Mit dem Gärtnerplatzviertel | |
haben wir die besten Voraussetzungen.“ Neben dem Oktoberfest wolle die | |
Stadt künftig vor allem auch auf den Kulturtourismus setzen. „Das spricht | |
diese allgemein kulturaffine Gruppe natürlich auch an.“ | |
Seit vielen Jahren sei die Stadt „im Marktsegment der LGBT-Reisen aktiv“. | |
Der Oberbürgermeister ist seit 20 Jahren Schirmherr des Christopher Street | |
Day in der Stadt, die zentrale Party dazu findet in den Sälen des Rathauses | |
statt: „Rathaus Clubbing“. | |
## Männerpaare geben mehr aus als Familien | |
Das Nürnberger Reisebüro Pinktours, das sich auf schwule und lesbische | |
Touristen spezialisiert hat, hat verschiedene Münchner Hotels im Angebot – | |
darunter die berühmte „Deutsche Eiche“. Das Hotel gilt als einer der | |
ältesten Treffpunkte der schwul-lesbischen Szene. Auch Queen-Sänger Freddie | |
Mercury soll sich dort einst gerne aufgehalten haben. | |
Auch, dass die Stadt als besonders teuer gilt, passt ganz gut in das | |
Konzept des „Gay-Marketings“. DRV-Sprecher Schäfer sagt: „Zwei Männer o… | |
Kinder können meist mehr Geld ausgeben als eine Familie mit Kindern. Und | |
sie sind auch noch flexibler, weil sie sich nicht an die Schulferien halten | |
müssen.“ | |
26 Aug 2014 | |
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## AUTOREN | |
Britta Schultejans | |
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